Jahr 4572 des Lunor-Zyklus,
Najran, 4.Mond, Tag 22,
Sonnenaufgang,
Ruth Osyl, Faran,
Mira
Es war der Schmerz, der mich aus meiner Bewusstlosigkeit holte. Er brachte mich dazu, die Augen aufzureißen und keuchend Luft zu holen. Ich wagte es nicht mich zu bewegen, aus Angst die Schmerzen noch zu vergrößern. Ich schloss die Augen wieder und zwang mich ruhig und tief zu atmen. Mein rechter Arm sowie mein rechtes Bein brannten höllisch. Mein Kopf schmerzte und ein Brennen zog von meiner Stirn über mein rechtes Auge bis zu meiner Wange. Vorsichtig hob ich eine Hand und tastete nach meinem Gesicht.
Meine rechte Wange war von etwas ekelhaft feuchtwarmen überzogen. Ich zog meine Hand zurück und starte entsetzt auf meine, mit Blut bedeckten, Finger. Ich brauchte eine Weile um diesen Anblick zu verdauen, doch dann begann ich mich langsam aufzurichten. Millimeter um Millimeter schob ich mich hoch, bis ich auf dem rauen, kalten Boden saß, die Knie an die Brust gezogen.
Ich verkniff mir ein Fluch als ich mein Bein sah. Meine Jeans war bis zum Knie hinauf komplett zerrissen und rot vor Blut. Ein tiefer Schnitt zog sich von meinem Fußgelenk bis zu meiner Wade. Auch an meinem Arm klaffte eine Wunde und von meiner Lederjacke war nicht mehr viel übrig, aber es sah bei weitem nicht so schlimm aus wie die Wunde an meinem Bein.
Plötzlich schossen mir die Worte der Sanitäterin, die den Erste- Hilfe- Kurs im letzten Halbjahr geleitet hatte, durch den Kopf.
Das schlimmste nach einem Unfall ist meist nicht die Verletzung selber, sondern Schock Unterkühlung und Blutverlust! Wenn ihr einmal einen Verletzten findet, dann müsst ihr darauf achten, dass die Person warm genug hat und falls sie stark blutet müsst ihr einen Druckverband machen.
Ich schluckte. Ich spürte, wie die Kälte des Steinbodens durch meine Kleider kroch und mir kleine Schauer über den Rücken jagte. Aber ich hatte nichts Zusätzliches bei mir, was ich hätte überziehen können.
Und plötzlich erinnerte ich mich an etwas. Ich war gefallen. Durch endlose Dunkelheit. Ich schloss die Augen. Mein Kopf dröhnte und meine Wunde pochte. Und da war etwas in meinem Unterbewusstsein, das nach Aufmerksamkeit schrie. Etwas, an das ich mich erinnern sollte...
Langsam öffnete ich meine Augen und sah wieder auf mein Bein. Musste ich einen Verband machen?
Unaufhaltsam floss ein dünner Strom Blut mein Bein hinunter zum Boden, wo sich schon eine kleine Lache angesammelt hatte. Das Blut glänzte im Dämmerlicht und wirkte wie schwarze Farbe. Ich lächelte gequält. Ich hätte alles für einen guten Rat gegeben. Ich hatte keine Ahnung was ich tun sollte. Schlussendlich entschied ich mich doch einen Verband zu machen. Sicher war sicher und ich hatte keine Ahnung wie viel Blut ich schon verloren hatte.
Da viel mir ein, dass ich ja gar kein Verbandsmaterial hatte.
„Dann muss eben mein T-Shirt dafür herhalten", flüsterte ich mit einem grimmigen Lächeln und dachte daran, dass in all den Büchern und Filmen auch oft T-Shirts benutzt wurden um Wunden zu verbinden. Auch wenn es normalerweise das T-Shirt des Helden war.
Vorsichtig schälte ich mich aus meiner Lederjacke und streifte mir das lindengrüne Top über den Kopf. Ich fröstelte als die Kühle Luft meine nackte Haut streifte. Dann versuchte ich das Top in Streifen zu reißen und schrie vor Schmerz als mein rechter Arm seinen Dienst versagte. Ich zitterte unkontrolliert am ganzen Körper.
Plötzlich viel mein Blick auf die lederne Tasche neben mir.
Ich konnte mich erinnern, dass ich vor ein paar Tagen mein Taschenmesser eingepackt hatte. Ich betete darum, dass das Messer noch dort sein möge, während ich mit bebenden Fingern die Tasche öffnete. Das dunkle Holz meines Bogens glänzte mir entgegen, gleich daneben der Köcher mit meinen Pfeilen.
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Prophecy - Die Vierte Tochter des Windes
FantasiaEin Mädchen aus unserer Welt, Eine Diebin, halb Mensch, halb Sassyhre, Und eine uralte Prophezeihung, die Beide früher oder später zusammenführen wird. Mira hat keine Ahnung, wie sie sich verhalten soll, als sie plötzlich in einer Welt aufwacht, in...