kein abschied ist für immer

865 40 3
                                    

Adrenalin schoss ruckartig durch meine Adern und brachte meine Beine zum wackeln, bis sie fast unter mir nachgaben, doch zwei Hände umfassten meinen Oberkörper, um mich aufrecht zu halten. "Danke.", flüsterte ich und bin mir gar nicht so sicher, ob Melina mich hören konnte, durch die kreischende Menge zu unseren Füßen.

Ihre Hände hoben mich etwas an, bis ich wieder richtig stehen konnte. Unsere Blicke trafen sich. Wie in einer schrecklich cliché-beruhenden Schnulze, blieb mir der Atem stehen. Ihre grau-blauen, scheinenden Augen lagen auf meinen. Ich spürte ihre Finger, die sich fest in das Material meiner Lederjacke gruben, obwohl sie schon lange hätte loslassen können.

„Hey.", sagte sie, sehr leise, nicht in ihr Mikrofon, das ich aus dem Augenwinkel auf dem Boden liegen sah. „Hey, atme durch!" Ihre Stimme prallte einfach an mir ab.

Ich war nie so ein Mädchen, das fangirlt und immer den Drang verspürt, die Stars zu treffen oder deren Aufmerksamkeit bekommen will. Ich hatte ja nicht mal Twitter oder so! Und doch, konnte ich nicht atmen und spürte innerlich, wie mein Kopf immer blasser wurde  und meine Brust schmerzhaft protestierte.

„Oh shit, sie hyperventiliert!", schrie  Melina, die Fans immer noch kreischend, konnten anscheinend nichts davon hören. Die Security-Männer stiegen auf die Bühne und hakten ihre Arme mit meinen zusammen. „Einfach in den Backstage Bereich!", hörte ich sie sagen und lächelte schwach, bevor meine Augen zufielen und alles Schwarz wurde.

[Nach 20 Minuten. Melina hat ihren Auftritt mit einem (anderen) Fan fortgeführt.]

Im Raum war es total hell. Das Licht brannte in meinen Augen, also schloss ich sie schnell wieder. Ich konnte Leder an meinem Nacken spüren, als auch ein nasses Tuch, das auf meiner Stirn lag. War ich ohnmächtig geworden? Meine Gedanken ratterten. Oh scheiße. Oh.. oh oh fucking scheiße. Auf der Bühne! Wieso zur Hölle war ich in diesem Raum, wo niemand war? Wieso nicht in einem Krankenhaus? Oder Zuhause? Ich richtete mich ruckartig auf und bereute es sofort. Schwindel überkam mich und ließ mich etwas zur Seite schwanken, was dazu führte, dass ich vom Sofa fiel und auf dem harten Betonboden landete. Ich stand auf und hielt meine Hüfte. Was für ein scheiß Tag war das eigentlich gewesen? Wozu hatten sich die zwanzig Euro gelohnt? Wow, ich war in irgendeinem merkwürdigen Raum gelandet und verwirrt as fuck.

Aus dem Augenwinkel bemerkte ich einen großen Spiegel. Zwei Taschen waren daneben platziert, MakeUp auf dem Boden verteilt. Ich ging auf das Glas zu.

Meine Haare waren zerzaust und wild an meinem Kopf verteilt. Mein MakeUp hatte kaum gelitten. Mit ein paar einfachen Fingerstrichen, war die verschmierte Mascara schon weg. Ich war blass und sah irgendwie krank aus. Es war kalt hier – das Fenster neben dem Sofa stand weit offen und es fröstelte, trotz der Hitze draußen und unten. Unten? Ja, ich musste irgendwo Backstage gelandet sein. Ich richtete mir die Haare etwas und hockte mich vor das Fenster um hinab zu sehen. So ein paar Leute waren unten und kreischten, als sie mich sahen. Erschrocken rückte ich vom Fenster weg und seufzte.

Emily hatte meine Tasche, also war ich hier jetzt ohne Wissen, was ich machen sollte. Ich wusste nicht mal wie spät es ist.

Verwirrt, genervt und müde setzte ich mich auf das Sofa und starrte gegen die Wand, die Hände zwischen meinen Knien, um sie aufzuwärmen.

Es klopfte an der Tür, nach ungefähr zehn Minuten. Melina, die jetzt einen grauen Hoodie trug, ging mit einem Lächeln auf mich zu. „Hey, geht es dir besser?", fragte sie mit besorgtem Ton – so mütterlich. Ich hasste das.

„Mir geht's bestens. Danke.", antwortete ich knapp und sah mich um. Ein Schauer überfuhr mich und ich presste meine Arme noch etwas fester an mich. „Mir ist nur ein bisschen kalt."

#22UhrNonMention - behind the love (abgebrochen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt