Teil 3 - 9 | Es ist nicht so einfach

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Nach meinem kleinen Zusammenbruch haben Kael und ich eine Stunde lang nicht geredet. Bis er das Schweigen plötzlich bricht.
"Geht's dir jetzt besser?"
Ich schüttele den Kopf.
Irritiert blickt er mich an, in seinen Augen liegt ein Ausdruck, den ich nicht einordnen kann, doch ich will es auch gar nicht. Ich will nicht wissen, was er über mich denkt. Ich will wissen was in Panem passiert. Was hier passiert.
"Was ist hier los?", ich blicke ihm ins Gesicht und versuche all meine Emotionen aus dieser Frage heraus zu halten.
"Was passiert hier Kael? Wieso musst du so lange arbeiten? Wieso trainiere ich diese Friedenswächter Tag für Tag? Was ist der wahre Grund dahinter?"
Kael seufzt, fährt sich übers Gesicht und schweigt einen Moment.
Ich stehe auf und gehe langsam auf und ab. Ich weiß, dass er sich jetzt irgendeine Ausrede zurecht legt. Er wird mir irgendeine Lüge auftischen, damit ich Ruhe gebe.
Am Ende wird er sagen, dass es besser ist, wenn ich nicht so viel weiß. Oder sogar sicherer.
Doch wie kann ich mich sicher fühlen, wenn ich im Dunkeln tappe?
Er kennt mich schon so lange und weiß genau, dass ich gerne die Kontrolle habe. Ich will wissen was ich tue, ich will mir sicher sein, ansonsten kann ich nichts richtig machen.
Ich muss von mir und von dem, was ich tue überzeugt sein.
Doch ich weiß selbst, dass ich schon wochenlang nicht mehr davon überzeugt bin, was ich für eine Arbeit leiste.
"Bitte, du musst mir antworten. Du weißt, dass ich mich wohler fühle, wenn ich weiß womit ich es zu tun habe. Ich muss es einfach wissen."
"Es ist nicht so einfach wie du denkst Reva."
"Doch. Es ist so einfach. Du machst es kompliziert. Anstatt mir antworten zu geben weichst du mir lieber aus. Wir leben nebeneinander her, reden kaum noch miteinander. Wir sehen uns ja kaum noch, weil du nur noch bei der Arbeit bist. Ist das das Leben, das du dich für uns gewünscht hast? Willst du so weiterleben? Mit Geheimnissen, die immer zwischen uns stehen werden?", meine Stimme klingt nicht so beherrscht wie ich es beabsichtigt habe, doch Kael sieht mich wenigstens an.
"Geheimnisse? Die Geheimnisse bildest du dir ein Reva."
Ich starre ihn an und sehe, wie ihm klar wird, dass seine eigene Lüge völlig unglaubwürdig war. Dass er sich selbst nicht glauben würde.
"Du glaubst deine eigenen Lügen nicht mehr. Was ist mit dir passiert? Vor ein paar Wochen hast du mir alles anvertraut und jetzt? Jetzt bist du genauso geworden wie die Menschen im Kapitol. Hauptsache, alle anderen aus den Distrikten wissen nicht um was es wirklich geht. Aber weißt du was? Ich komme auch allein dahinter und wenn es mein Leben in Gefahr bringt. Ich werde herausfinden, für was das alles gut ist."
Außer mir vor Wut, drehe ich mich einfach um und will davon laufen.
Weg von Kaels Lügen und all diesen Machenschaften.
"Reva!"
Ich höre, dass er nach mir ruft, doch ich kann nicht anhalten. Ich bin viel zu wütend.
"Reva, bitte!", plötzlich packt er mich am Arm und dreht mich zu sich um.
Ich starre ihn voller Zorn an, doch er lässt meinen Arm nicht los.
"Bitte, hör mich an.", seine Stimme klingt flehentlich. Als hätte er schon lange Angst davor, dieses Gespräch zu führen.
Also seufze ich und höre auf mich zu wehren. Er würde mich sowieso nicht loslassen. Trotzig blicke ich ihm in die Augen und hebe ungeduldig die Augenbrauen. Egal was er mir zu sagen hat, es wird mich sowieso nicht zufriedenstellen.
"Reva, das alles ist wirklich nicht so einfach. Denkst du allen ernstes ich hätte mir so etwas für uns gewünscht? Ich wollte ein glückliches Leben führen. Mit dir. Aber das ist alles nicht mehr so einfach. Es wird vielleicht nie mehr so einfach wie vor einem Jahr.", er stockt einen Augenblick um seine Augen kurz zu schließen. Sein Griff wird lockerer, doch er hält mich immer noch fest.
"Weißt du..", setzt er wieder an, "Ich wollte nie so lange arbeiten, aber sie halten mich dort fest, weil ich früher meine Arbeit wohl zu gut gemacht habe. Sie vertrauen mir. Sie wollen mir eine noch bessere und höhere Stellung geben. Mehr Geld, aber auch mehr Arbeit. Doch ich, ich habe Angst davor. Angst vor meiner Arbeit und dem, was ich noch erfahren könnte. Ich habe Angst um unsere Zukunft und vor allem Angst um dich. Als Sieger bist du nicht mehr sicher, deshalb ist es unglaublich wichtig, dass du genau das tust, was sie von dir verlangen. Jon, dein Kollege, er hat den Auftrag dich genau im Auge zu behalten. Sobald du zu viele Fragen stellst, wird er das melden. Er ist sehr wachsam, einer der besten Spione den wir haben. Wenn du dich mit ihm gut stellst, hast du schon halb gewonnen. Bitte, du musst auf dich acht geben."
Er blickt mich fragend an und erwartet wahrscheinlich, dass ich versöhnlich nicke, doch ganz versöhnt bin ich noch nicht.
"Deine Angst hätte das erste Zeichen dafür sein sollen, dass du mit mir sprichst. Wenn du denkst, mein Leben sei in Gefahr, dann solltest du mir das sagen. Was, wenn ich mich längst verdächtig gemacht habe? Denkst du, sie würden es DIR als erstes sagen? Sicher nicht. Wir müssen zusammen halten, all das zusammen durchstehen und nicht jeder für sich. Ich war lange genug ein Einzelkämpfer und ich habe keine Angst getötet zu werden. Ich war in den Hungerspielen und hatte niemals richtig Angst. Ich schaffe das. Ich komme mit diesem Druck klar, aber ich muss wissen, womit ich es zu tun habe."
Kael lässt meinen Arm los und sieht zu Boden.
"Es tut mir Leid, dass ich dich so lange nicht mit dir gesprochen habe, aber ich hatte einfach Angst davor. Angst vor deiner Reaktion. Du darfst unter keinen Umständen Rebellieren. Das wäre das schlimmste, was du tun könntest und ich weiß, dass dir das nicht gefällt, aber du musst dich zurückhalten."
Ich nicke.
"Lass uns nach Hause gehen.", flüstere ich und umarme ihn kurz, ehe er nickt.

", flüstere ich und umarme ihn kurz, ehe er nickt

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Reva Scott 3 - Die 75. HungerspieleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt