Teil 3 - 22 | Widerstand

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Die nächsten Tage verbringe ich praktisch vor dem Fernseher.
Die Parade war prunkvoller wie nie und die Outfits reihenweise atemberaubend. Natürlich vor allem die von Katniss und Peeta.
Auch in den Punktzahlen der Einzeltrainings schenken sich die einzelnen Sieger nichts und ich bin froh, dass viele in einem sehr guten Bereich sind. Auch wenn das heißt, dass es mit Sicherheit unglaublich spannende aber auch gewalttätige Spiele werden könnten.
Sollten sie stattfinden.
Unruhen werden immer lauter, wie Kael mir immer wieder sagt. Die Menschen sind unzufrieden mit dem diesjährigen Jubeljubiläum. Sie wollen ihre Stars und Sonnenscheine nicht in einer Arena verlieren. Sie wollen nicht, dass sie sich gegenseitig niedermetzeln und das scheint genau das zu sein, was viele Sieger ebenfalls nicht wollten.
Was, wenn die Unruhen und Aufstände zu groß werden? Was, wenn der Druck auf den Präsidenten zu groß wird und er aufgibt? Denn auch im Kapitol werden die ersten Stimmen laut, die nicht gerade begeistert von den diesjährigen Spielen reden.
Doch noch klingt alles, als würden die Spiele wie jedes Jahr stattfinden.
Die Interviews nahen und wie nun beinahe jeden Abend sitze ich gespannt vor dem Fernseher. Kael steht in der Küche und macht etwas zu essen, dafür habe ich heute absolut keine Zeit.
Und schon sieht man Caesar, wie er mit seinen diesjährig fliederfarbenen Haaren die Moderation beginnt.
Voller Aufregung starre ich in den Bildschirm. Ich kann es kaum erwarten, die Sieger zu sehen und bin unglaublich gespannt darauf, was sie zu sagen haben.
Cashmere und auch Gloss machen beide mehr als deutlich, dass sie nicht in die Spiele wollen. Dass sie das, was sie sich in Distrikt 1 aufgebaut haben, nicht bereitwillig verlassen und schon gar nicht, um dann in den Tod zu gehen.
Ich bin verwundert über diese Aussagen und doch glaube ich ihnen.
Ich würde mein Leben auch nicht ohne weiteres aufgeben wollen. Obwohl ich einmal ein Karriero war, würde ich niemals zurück gehen wollen.
Enobaria und Brutus sind natürlich ganz in ihrer Rolle als Killer. Sie drücken beide ihre Vorfreude aus, dass sie es kaum erwarten können dem Distrikt erneut Ehre zu machen. Sie sagen genau das, was man von ihnen erwartet.
Naja, was man erwartet hätte, wenn es normale Spiele gewesen wären. Doch das sind keine normalen Spiele. Das werden die beiden aber wahrscheinlich erst dann merken, wenn es längst zu spät ist.
Wiress und Beetee äußern sich beide auch eindeutig gegen die Spiele. Für Beetee ist klar, dass sich Regeln wie diese, leicht wieder ändern lassen können und ich muss lächeln als Caesar keine richtige Antwort darauf geben kann.
Finnick Odair trägt hingegen ein Gedicht für seine Annie vor, während Johanna Mason wüste Beschimpfungen in die Öffentlichkeit wirft.
Das Publikum wird von Interview zu Intervier immer unruhiger. Viele beginnen zu weinen, einige wollen eine Änderung des Programms. Doch als Katniss Everdeen die Bühne betritt, wird alles still.
Selbst mir stockt der Atem.
Sie trägt ein atemberaubendes Brautkleid. Cinnas absolutes Meisterwerk.
"Sie ist auf der Bühne!", rufe ich Kael zu und sofort steckt er den Kopf herein, um das Interview des Spotttölpels zu hören.
Doch sie sagt nichts, was irgendwie von Bedeutung oder von Widerstand zeugen würde. Nichts, das auf ihren Kampfgeist deuten würde. Irgendwann steht sie auf und fragt das Publikum, ob sie das Meisterwerk von Cinna nicht wieder mit einigen Drehungen zeigen soll und natürlich sind alle in heller Aufregung als sie diesen Vorschlag macht.
Dann geschieht das Unglaubliche.
Ihr wunderschönes Kleid geht in Flammen auf, was mich erschrocken nach oben fahren lässt. Doch im selben Moment wird mir klar, dass es nur ein Effekt war, der das Kleid schwarz färben sollte.
Wunderschön liegt es an ihrem Körper an und als sie ihre Arme hebt entfalten sich Flügel.
"Ein Spotttölpel.", flüstert Kael und ich nicke.
Cinna hat es getan. Er hat ein Zeichen gesetzt. Etwas, das sich niemals jemand getraut hat. Das könnte das Zeichen für alle sein, die noch immer an den Widerstand glauben. Ein Zeichen für die, die noch nicht aufgegeben haben.
"Das wird er ihm nicht durchgehen lassen oder?", frage ich leise und Kael nickt.
"Cinna ist ein großes Risiko eingegangen, um das durchzuziehen. Es sieht nicht gut für ihn aus."
Peeta betritt die Bühne, während noch immer Applaus für Katniss brandet.
Wie schon von ihm gewohnt punktet er mit seiner lockeren Art, während Caesar noch immer versucht die tobende Menge zu beruhigen. Dann stellt er die ersten Fragen.
"Erzähl mal, wie das war, Peeta, als du, nach allem, was du durchgemacht hattest, die Neuigkeit vom Jubel-Jubiläum erfuhrst."
"Es war ein Schock für mich. Eben noch hatte ich Katniss gesehen, so wunderschön in all den Hochzeitskleidern, und im nächsten Augenblick...", antwortet er, doch seine Stimme bricht.
"Da wurde dir klar, dass es niemals eine Hochzeit geben wird?", versucht Caesar ihm zu helfen, doch Peeta reagiert gar nicht darauf. Er scheint einen Augenblick mit sich zu ringen, ehe er tief Luft holt, um etwas zu sagen.
"Caesar, meinst du, unsere Freunde hier können ein Geheimnis für sich behalten?"
"Da bin ich mir ganz sicher.", lacht der Moderator.
"Wir sind bereits verheiratet.", lässt Peeta die Bombe platzen.
Das Publikum scheint zu explodieren, ebenso wie ich mir einen Aufschrei nicht verkneifen kann.
"Aber... wie ist das möglich?", fragt Caesar und Peeta erklärt ihm, dass sie in Distrikt 12 eine kleine traditionelle Feier abgehalten hatten.
"Ich bin froh, dass ihr beide wenigstens ein paar glückliche Monate miteinander hattet.", sagt der Zeremonienmeister. Doch Peetas Blick lässt mich stutzen. Irgendetwas kommt da noch. Etwas, das Peeta Kopfschmerzen bereitet.
"Ich bin nicht froh.", sagt dieser nun. "Mir wäre es lieber, wir hätten bis zur offiziellen Trauung gewartet."
"Aber selbst eine kurze Zeit ist doch besser als gar nichts, oder?", fragt Caesar verwundert.
"Vielleicht würde ich auch so denken, Caesar, wenn das Baby nicht wäre."
"Das darf doch nicht wahr sein!", brülle ich und merke erst jetzt, dass ich aufgesprungen bin. "Sie müssen die Spiele abbrechen!"
Sie ist schwanger. Schwanger.
Ein unschuldiges Leben wird aufs Spiel gesetzt.
Ich spüre wie unbändige Wut in mir aufsteigt und sehe, dass ich nicht die Einzige bin die so reagiert. Das versammelte Publikum rastet völlig aus und Caesar schafft es nicht sie wieder zur Ruhe zu bringen.
Peeta hingegen bewegt sich zu Katniss hinauf und greift nach ihrer Hand. Sie verschränkt ihre Finger augenblicklich mit seinen und greift gleichzeitig nach der Hand von Caff, dieser nimmt Seeder an der Hand und so wird eine Kettenreaktion ausgelöst.
Alle Sieger halten sich an den Händen, bilden eine Einheit.
Sie zeigen ganz Panem, dass sie zusammen gehören.
Eine Gänsehaut breitet sich auf meinem ganzen Körper aus und ich lasse mich wieder auf dem Sofa nieder.
Sie zeigen, dass sie nicht alles miteinander machen lassen. Ein Akt des Widerstandes, ob gewollt oder ungewollt, diese Interviews werden ihre Kreise ziehen.

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Reva Scott 3 - Die 75. HungerspieleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt