Kapitel 10

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,,Okey, beeil dich." Daryl nahm mir meine Tasche ab, gab mir einen flüchtigen Kuss und verschwand mit der, immer noch schlafenden Maggie im Arm, hinter der nächsten Ecke des Schulgebäudes.
Er hatte sich bereit erklärt, aufzupassen, dass mich keiner Entdeckte.

Ich richtete meine Mütze und bewegte mich schonmal in Richtung Eingang, den die breiten, gläsernen Türen darstellen sollten.

Wie in Zeitlupe zog ich den Deckel ab, schüttelte die Farbe und sprühte dem ersten Buchstaben.

Die überflüssige, ja, die Betonung liegt auf ,flüssige', Farbe lief das Glas runter.
Sie ergaben hässliche Streifen unter dem ,S'.
Ich war nicht wirklich zufrieden.

Schon wieder lachte ich über mich selbst.
Warum sollte ich denn zufrieden sein?
Nein, die Frage war, womit?

Ich verunstaltete gerade den Eingangsbereich unserer Schule, mit ,Schlampen Schule' und wollte zufrieden damit sein?
Also irgendwas war auf jeden fall schief bei mir.

Die restlichen Buchstaben bekam ich besser hin.
Irgendwie machte es spass, auch wenn ich es mir selbst nicht eingestehen wollte.
Kurz betrachtete ich mein Werk noch und lief dann zu der selben Ecke, hinter der auch Daryl und Maggie waren.

Zuhause angekommen, stellte ich Mom's Fahrrad zurück in die Garage.

Als ich gerade die Tür aufschließen wollte, fand ich auf der Fußmatte einen Umschlag.
Schnell hob ich ihn auf und ließ die Beiden, die schon wartend hinter mir standen, rein.

Daryl warf mir einen wissenden Blick zu und begab sich nach oben, damit Maggie wenigstens noch eine Stunde schlaf bekam.

Ich zog mir währenddessen meine Schuhe und meinen Mantel aus, setzte mich aufs Sofa und öffnete den Umschlag.
Wie erwartet, war es die neue Aufgabe.

Aufgabe 3

Wie ich gesehen habe, hast du Aufgabe 2 erfolgreich bestanden.
Hier ist die Dritte:
Guck auf die Karte, die im Umschlag war, da drauf sind ein paar Orte rot eingekreist und nummeriert.
Die Nummern stehen für die jeweilige Aufgabe, allerdings brauchst du nicht für jede eine Adresse.
Wenn du dort angekommen bist, stellst du dich auf die Brücke und ziehst Blank.
Oben rum, versteht sich.

Mir blieb der Mund offen stehen.

,,Zeig her." Daryl zog mir meine Mütze vom Kopf, bei der ich mit noch nicht die Mühe gemacht hatte, sie auszuziehen und nahm mir dann den Zettel aus der Hand.

Während er las zog er seine Augenbrauen zusammen.

Ohne etwas zu sagen schnappte er sich den Umschlag, der neben mir lag und zog die Karte raus.

,,Alter, das ist über einer Autobahn. Das ist krank!"
Er klang sauer. Sehr sauer.

,,Das wäre auch Krank, wenn es nicht über einer Autobahn wäre." Warf ich ein. ,,Aber wir können es wieder Nachts machen, dann kann es vielleicht keiner erkennen."

Mein Handy vibrierte.

Ich sollte es wirklich mal auf stumm schalten.
Aber leider würde ich dann vielleicht Nachrichten verpassen, die Wortwörtlich um Leben und Tod entscheiden könnten.

Um 17 Uhr.

Daryl starrte verwirrt auf mein Handy.

,,Wie lange?" Fragte ich mit einem Seufzen, da ich keine Lust hatte mich darüber aufzuregen.

2,5 min.

,,DIE KÖNNEN UNS HÖREN?"
Rief er aufgebracht.

,,Anscheinend." Ich versuchte ruhig dabei zu klingen, auch wenn ich es innerlich ganz und garnicht war.

,,WER ZUR HÖLLE SEID IHR?"
Schrie er.

Ich sah zu meinem Handy.

Du kannst ruhig in normaler Lautstärke reden.

,,Toll." Er fuhr mit der Hand durch seine Haare.
Ich konnte seine Unruhe fühlen.

,,Es ist schon okey." Diese Worte kamen nur schwer über meine Lippen.

,,Es ist nicht ,okey'!" Zischte er.
Mein Versuch, ihn zu beruhigen, ging schonmal in die Hose.

,,Ehm... Komm wir machen uns fertig, es ist schon fast halb sechs."
Plan B: Ablenken.

,,Du meinst erst." Leider scheiterte auch dies.

Ich senkte meinen Blick.

Warum versuchst du ihn zu beruhigen? Klingt ja fast so, als würde dir diese Aufgabe gefallen.

,,Nein, ich schäme mich einfach nicht für meinen Körper."
Entgegnete ich, erstaunlich gelassen.

Daryl sah mich entgeistert an.

Für alle Leute da draussen, die jetzt denken, ich wäre eine billige Schlampe, die irren sich. Es ist schlicht und ergreifend, wie ich bereits sagte: ,Ich schäme mich nicht für meinen Körper.'

Mir war bewusst, das es nicht erlaubt ist, einfach mal eben so, über einer Autobahn blank zu ziehen, aber es ging um Menschenleben und ich war mir ziemlich sicher, dass es niemand schaffen würde, in zwei Minuten und 30 Sekunden, ein Bild von mir zu machen, zumal fast alle über 100 km/h fahren.
Wenn ich Glück hatte, würde es vielleicht sogar Regnen.

Wir werden sehen...

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Ehm ja. Ich sag da jetzt mal nicht zu...

Ich würde dieses Kapitel gerne @Fluffeline widmen, auch wenn es vielleicht ein ziemlich komisches und für eine Widmung unpassendes Kapitel ist.
Aber sie war quasi von Anfang an dabei und hat schon das ein, oder andere süße Kommi dagelassen.
Danke an dich. ❤️

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