3 Wochen später
„Komm schon Harry, die kleine Blonde ist sicher auch wieder da."
Langsam sah ich nach oben, spielte Desinteresse vor, und doch war ich sehr an dem interessiert, was nun kommen musste.
„Was für eine Blondine?"
Jesse lachte laut, und schlug mir wieder auf die Schulter, was ich mit gehobener Augenbraue quittierte. Wie ich es hasste, wenn mir dieser verdammte Idiot auf die Schulter schlug. Am liebsten hätte ich ihm dann eine verpasst, aber ich atmete tief durch, und wartete auf seine Erklärung. „Also?"
„Komm schon Alter, als wäre mir nicht aufgefallen, wie du dieser Blonden hinterhergegafft hast. Du weißt schon, die Kleine im Café Chaos, am Nebentisch." Ich versuchte immer noch desinteressiert zu wirken, und ließ mich weiter in den schwarzbezogenen Sitz meiner neuen Couch sinken. Die Arme hielt ich verschränkt vor meiner Brust, während mein Laptop auf meinem Schoß ruhte. „Du tust weiterhin so, als sagt dir das nichts?" Wieder lachte Jesse. „Die Kleine die dich von der halbnackten Bea abgelenkt hat, und vor der du nicht mal deinen Schwanz eingepackt hast, obwohl sie euch erwi– schau nicht so, die Mädels tratschen gern."
Ich war aufgestanden, hatte den Laptop auf der Holzkiste, die ich als Couchtisch nutze, abgestellt, und ging in die Küche. Noch auf dem Weg fiel mir ein, dass der Kühlschrank abermals leer war. Wie so oft in den letzten Wochen, die so stressig waren, dass ein kleiner Einkauf nicht in den Tagesplan gepasst hatte. Genervt drehte ich mich zu meinem Kumpel um, während ich ihn mit einem Augenrollen ansah.
„Woher willst du wissen, dass die Kleine da ist?"
„Schön, dass wir schon beim zweiten Schritt sind. Das Abstreiten hast du ja nicht so gut drauf. Ha, du bist einfach leicht zu durchschauen, Junge." Jetzt war es an Jesse sich auf meiner Couch auszuruhen, und seinen Triumph in vollen Zügen zu genießen. „Deine Süße ist jeden Donnerstag im Café. Hätte ich gewusst, dass sie dir gefällt, hätte ich dir früher Bescheid gegeben. Ich könnte dir ihre Numm-„
„Halts Maul, Jesse. Lass uns gehen."
Mit erhobenen Händen stand er auf, und ging vorsichtig an mir vorbei. Den Arschtritt konnte ich mir trotzdem nicht verkneifen.
Dass der Idiot mich für seine Zwecke belügen würde, hätte ich mir auch denken können. Es war typisch für ihn, wenn er mal wieder etwas durchsetzen wollte. Zumindest kam ich so zu meinem verdienten Mittagessen, nachdem ich schon das Frühstück hatte ausfallen lassen. Unerwarteter weise, schmeckte der Burger und ich verschlang den riesen Teller Fritten dazu. Jesse flirtete derweil mit der Kassiererin, dem eigentlichen Grund, meiner Anwesenheit. Ich war sein Alibi, hätte sie ihm einen Korb gegeben. Ziemlich schwächlich, wenn man mich fragte, er jedoch hielt das für die perfekte Taktik. Er würde dann weniger aufdringlich wirken, weil er ja einen Kumpel hatte, wegen dem er hier war. Vermutlich machte das nur in seinem Hirn irgendeinen Sinn. Hinter dem Schwachkopf öffnete sich die Türe des Cafés, und Thea trat ein, die auch sofort Augenkontakt mit ihm aufnahm. Als sie die Augen wegen ihm verdrehte, entlockte mir das ein Lächeln, die Kleine gefiel mir immer mehr. Sie trug eine enganliegende Jeans, und eine schwarze Lederjacke, mit der sie mich an eine sexy Bikerin erinnerte. Sofort schossen mir Bilder in den Kopf, wie ich fotografierte, während sie sich auf dem Bike rekelte.
Ich versuchte diese Vorstellung abzuschütteln, und bekam mit, wie sie Jesse zur Seite schubste, da sie nun ihren Kaffee hatte. Sicher hatte er sich wieder flegelhaft verhalten. Als unsre Blicke sich dann trafen, stockte sie für ein paar Sekunden. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen, und ich konnte in ihre wunderschönen Augen sehen, die dank des hohen Pferdeschwanzes, von keiner Strähne verhangen wurden. Sie unterbrach unseren Blickwechsel, sah zu Boden, und ging, ohne noch einmal hochzusehen auf einen kleinen Tisch zu. Sie hatte sich absichtlich den am weitentferntesten ausgesucht. Scheiße gelaufen, Alter, die will dich nicht, hörte ich Jesse in meinen Gedanken sagen, bemerkte jedoch schnell, dass er sich zu mir gesetzt, und mich tatsächlich angesprochen hatte.
Mir blieb nichts anderes übrig, als es mit einem Kopfnicken abzutun.
Eine halbe Stunde später brach Jesse, mit der Nummer der Kassiererin, auf, während ich mir noch ein Bier bestellte, um ein wenig Zeit totzuschlagen. Es war das erste Mal, dass ich mich um eine Frau bemühen wollte, und das zog ich jetzt auch durch. Auf dem Weg zurück, zu meinem Platz, ging ich einen kleinen Umweg an Theas Tisch vorbei. Sie sah mich kommen, ihre Augen wurden groß, und ich konnte ihr die Verwunderung ansehen.
„Thea", raunte ich, hob meine Mundwinkel zu einem Grinsen, und ging einfach an ihr vorbei. Lässig ließ ich mich in den Sessel fallen, und sah zu ihr rüber. Ihre Augen funkelten vor Amüsement, und spiegelten die schelmische Freude meiner. Ich prostete ihr also mit meiner Bierflasche zu, und sie mir mit ihrer Kaffeetasse, ehe sie sich wieder in ihrem Laptop, und ich mich in den Bildern auf meinem Handy verlor. Ich hatte bisher 320 Bilder meiner Bierflasche geschossen, alle aus verschiedenen Winkeln, und konnte sie daher nun mit meiner Fotosoftware bearbeiten. Klar es war nur eine abgespeckte Variante meiner Computersoftware, aber für den Zeitvertreib würde es das schon tun. Ich vergaß völlig die Zeit. Ich lege neue Filter über die Flasche, änderte die Belichtung, die Sättigung, die Ausrichtung... Als ich mich beobachtet fühlte, sah ich in Theas Richtung und erwischte sie dabei, wie sie zu mir rüber sah, was sie jetzt versuchte zu überspielen, in dem sie sich im Café umsah. Mein Brustkorb vibrierte vom leisen Lachen. Von wegen „die will dich nicht". Sie wollte, ich wollte auch, aber nicht so wie sonst. Als sich unsere Blicke erneut treffen, verhaken sie sich ineinander. Keiner sieht zur Seite, keinem ist dieser Kontakt peinlich, keiner kann vom anderen lassen. Es endet erst, als ich es Enden lasse, in dem ich nach meiner Jacke greife, meine Flasche zurück zum Counter bringe, und dann, ohne einen Blick zurück, den Laden verlasse.
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Café Chaos
ChickLitEs begann mit unschuldigen Blicken, und endete in einer leidenschaftlichen Beziehung. Was als einmalige Begegnung zwischen der Studentin Thea und dem Fotografen Harry begann, wurde zu einem festen Ritual im Café Chaos. Jeden Donnerstag suchen sie e...