Kapitel 15- Thea

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Die Party war schon in vollem Gange als ich eine halbe Stunde nach offiziellem Beginn eintraf. Mein Bruder veranstaltete heute Abend eine Party für den Abschluss der Albumaufnahmen, seiner Band „Shere Khan". Sie haben monatelang hart daran gearbeitet, da haben sie eine Feier definitiv verdient. Zwar waren seine Parties nicht ganz mein Fall, da am Ende immer die Polizei auftauchte, so sehr eskalierten sie, aber Theo zuliebe stand ich nun mitten in der Menge und hörte meinem Lieblingssong der Band zu. Die Band stand auf einer kleinen Bühne und gab uns einen kleinen Vorgeschmack auf ihr kommendes Album. Das Album war ein Meisterwerk, mehr konnte ich dazu nicht sagen, denn es war unbeschreiblich toll.

Ich war alleine da, denn Anna hatte ein Date mit Christian, welches sie nicht absagen konnte. Es war wohl ziemlich wichtig für beide, doch mir sollte das recht sein, so konnte ich neue Leute kennenlernen und etwas Zeit mit meinem älteren Bruder verbringen.

Als Shere Khan zu Ende gespielt hatte, verteilten sich die Gäste in der umgebauten Halle und widmeten sich wieder dem Essen und Trinken. Die Stimmung wurde immer ausgelassener, und auch ich hatte meinen Spaß. Es kamen des Öfteren gut aussehende Kerle zu mir und wollten mit mir tanzen. Die Angebote schlug ich natürlich nicht aus, ich war schließlich hier um mich zu amüsieren und nicht wie eine zur Salzsäule Erstarrte in einer Ecke zu stehen.

Zu Sean Pauls „Temperature" schwang ich lasziv meine Hüften, welche ich an die Vorderseite eines Mannes rieb. Mit meinem Rücken an seiner Brust machte es mir Spaß ihn etwas einzuheizen. Zudem war er ein guter Tänzer, da bereitete mir das Tanzen noch mehr Freude. Seine Hände gingen immer weiter auf Wanderschaft. Fuhren meinen erhitzen Körper auf und ab, welche sich nun ihren Weg unter mein Top bahnen wollten. Bestimmend schlug ich die Hände, des blonden Mannes hinter mir, weg und drehte mich kopfschüttelnd zu ihm um. Frustriert schaute er mich an und versuchte es an meinem Hintern. Doch auch dies duldete ich nicht. Ich hatte keine Lust auf eine schnelle Nummer, darauf schien er jedoch aus zu sein. Also bedankte ich mich für den Tanz und lief zu den Getränken. Ich schnappte mir einen roten Becher und schenkte mir von dem kühlen Bier ein.

Ich war froh, dass ich nur ein, mit weißer spitze besetztes, Top anhatte und meine kurze Jeansshorts, denn es wurde immer wärmer in der Bandhalle. Lange blieb ich nicht alleine, denn mein breit grinsender Bruder kam mit offenen Armen auf mich zu.

„Komm in meine Arme, Kleines", lachte er. „Ich habe dich vermisst."

„Theo, wir haben uns heute Morgen erst gesehen, so krass kannst du mich also nicht vermissen. Wie betrunken bist du denn?"

„Darf ich nicht meine kleine Schwester vermissen?", fragte er schmollend. Dieser Gesichtsausdruck passt nicht zu seinen markanten Gesichtsauszügen, also fing ich zu lachen an.

„Was lachst du denn so, Thealein?" Dafür, dass er schon einiges gebechert hatte, konnte er fehlerfrei sprechen, auch wenn er wiedermal nach Liebe suchte.

„Nichts, alles ist in Ordnung. Euer Album ist klasse geworden", lobte ich die Arbeit der Band.

„Apropos Arbeit. Ich will dir noch unseren Fotografen vorstellen. Warte kurz." Mit diesen Worten ließ er mich alleine stehen und verschwand in der Menge.

Kurze Zeit später kam er wieder zu mir, hinter ihm lief ein mir bekannter Lockenkopf. Scheiße! Das war Harry! Was sollte ich nun tun? Ich war nicht darauf vorbereitet. Verdammt! Leichte Panik überkam mich und ich wäre am liebsten unsichtbar geworden. Seit unserem Sex hatte ich nichts mehr von ihm gehört, genauso wenig eine Antwort auf meine Nachricht erhalten.

„Thea, dass ist Harry. Harry, dass ist meine Schwester Thea", stellte er uns vor.

„Ehm, wir kennen uns schon", sagte ich verlegen.

Erstaunt schaute mein Bruder uns an. Wenigstens war sein Kopf schon so benebelt, dass er nicht eins und eins zusammenzählen konnte. „Woher denn?"

„Durch das Café Chaos. Karaoke und so", preschte Harry hervor.

„Hi, ich bin Tiff", hörte ich eine piepsige Stimme hinter Harry. Und da zeigte sie sich auch schon. Bauchfrei, überschminkt, und eine Shorts die einen Slip darstellen könnte. Die Blondine klammerte sich an Harrys Arm, sodass kein Zentimeter Abstand mehr zwischen den beiden war.

Wow, ich hätte nie damit gerechnet, dass Harry auf solche Barbies stand.
„Freut mich", lächelte ich gespielt freundlich.

„Harry und ich kennen uns seit dem Collage, und er schießt wunderbare Bilder, da konnte ich doch niemand anderen fragen, nicht wahr, Sportsfreund?", lachte Theo und schlug dem Lockenkopf auf die Schulter. Dieser schien sich, seiner Körperhaltung nach, sichtlich unwohl zu fühlen. Er versuchte seinen Arm aus Tiffs Umklammerung zu ziehen, doch sie ließ den großen Mann nicht los. Nein, eher packte sie ihn noch fester am Arm. Ich konnte über das Schauspiel nur lachen, denn auf mich wirkte verkehrt. Tiff und Harry passten einfach nicht zusammen.

„Ich geh mal schnell für kleine Prinzessinnen, Sweetcheeks", tönte es von der viel zu hohen Stimme Tiffs.

Harry verdrehte nur seine grünen Augen und Theo beachtete sie nicht weiter, da er sich am Bierfass zu schaffen machte.

„Hör zu, Thea. Ich bin alleine hergekommen und Tiff ist hier einfach ohne mein Wissen aufgetaucht. Frag mich bitte nicht, wie sie überhaupt davon erfahren konnte", erklärte er mir.

„Weißt du Harry, mir ist das egal mit wem du auftauchst. Erstens wusste ich nicht, dass du meinen Bruder kennst, zweitens, sind wir beide Erwachsene, die selbst entscheiden können, wie das hier abläuft. Auch wenn ich mir einen anderen Typ Frau für dich vorgestellt hätte", sagte ich gespielt gelangweilt. Denn eigentlich wollte ich ihm ganz andere Dinge an den Kopf werfen.

„Welchen Typ Frau hast du dir denn für mich vorgestellt?", fragte er amüsiert nach. Seine Grübchen zeichneten sich auf seinen Wangen ab, welche ich am liebsten geküsst hätte.

„War klar, dass du wieder nur das hörst. Aber ich werde dir darauf antworten. Weniger künstlich und mehr natürlich. Und nicht jemand, der halbnackt rumläuft und wie 'ne Schlampe wirkt. Ups, jetzt ist es draußen."

„Ich verstehe gerade dein Problem nicht. Wir hatten Sex. Guten Sex, wenn ich ehrlich bin. Dann aber herrscht Funkstille zwischen uns beiden. Warum?" Unverhohlen schaute er mich mit seinen grünen Augen an.

„Hör mir mal zu Freundchen, ich habe dir geschrieben. Am Freitag, gegen Abend. Die ganze Zeit hab ich auf eine verdammte Antwort von dir gewartet und du hast dich scheinbar schon mit dem nächsten willigen Mädel vergnügt. Bleib doch bei deiner Tiff", sagte ich und wollte mich von ihm wegdrehen, doch er hielt mich am Handgelenk fest und drehte mich zu sich um.

„So schnell kommst du mir nicht davon. Ich habe deine Nachricht nie erhalten, sonst hätte ich dir sofort geantwortet. Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich einen unbeendeten Blowjob auf mir sitzen lassen würde? Und wie schon gesagt, Tiff ist ohne mein Vorwissen hier aufgekreuzt." Seine raue Stimme verursachte eine leichte Gänsehaut auf meiner Haut, trotz der brodelnden Hitze um uns.

Als Beweis, an meine verschickte Nachricht, holte ich mein Handy aus der Tasche und zeigte ihm die SMS. „Hier, lies das, wenn du mir nicht glauben willst."

Stirnrunzelnd holte er nun sein Smartphone hervor und zeigte mir unseren Chatverlauf. Die Nachricht war nicht zu sehen.

„Naja, egal. Dir noch viel Spaß mit Tiff", ahmte ich ihre hohe Stimme nach und machte mich auf den Weg, weit weg von Harry und allen anderen.

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