9. Tapetenwechsel

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Der nächste Tag velief wie jeder andere. Aufstehen, Englisch, Kunst, Sport, Essen, Sammy treffen, schlafen. Langweilig wie immer. Immer und immer wieder. Jeden Tag. Also langsam wird mir das alles hier echt zu dumm. "Ab morgen wird alles anders!" das schwöre ich mir. Wirklich! Diesmal zieh ich das durch. Meinen Plan entsteht schon in meinem Kopf, sodass es mir vorkommt als würde der Abend wie im Flug vergehen.
Jetzt gerade stehe ich vor meinem Kleiderstand und blicke bittend in den Kleiderschrank. Vielleicht entsteht ja von selbst ein Outfit? Aber ich werde nicht erhört und so stehe ich immernoch nach weiteren 5 Minuten vor dem gefüllten Kleiderstand. "Ich hab echt nichts zum anziehen!", murmel ich vor mich hin. Morgen wird geshoppt, aber was zum anziehen habe ich immer noch nicht. Gefrustet verschließe ich die Schranktür und lasse mich auf mein Bett plumpsen. Ahh. First world problems. Ich muss schon sagen Lena. Diese Probleme sind ÜBERLEBENSWICHTIG! Diskutier ich mit mir selber. Aber eine Lösung hab ich für dieses Problem auch nicht und so eine Kopfstimme oder was das in Büchern auch immer ist, hab ich leider nicht. Wenn man sie mal brauchen könnte, dann ist sie natürlich auch nicht da. Ist mal wieder typisch.
Mein Gedankengang wird von leiser Musik im Nebenzimmer unterbrochen.
Pick up daddies at the playground
How I spend my daytime
Loosen up the frown...
Kann ich gerade verstehen. Wow dieser Text. So mit ganz viel Tiefe. Ich bin begeistert. Aber irgendwie hat das Lied was, man will mitsingen, aber ich weiß jetzt schon das dieses ohohoh mir bald sowas von auf die Nerven gehen wird.
Da kommt mir ein Gedanke. Selina! Sie hat ja auch Klamotten und ihr Stil ist anders als meiner. Vielleicht verbiergen sich in ihrem Kleiderschrank wahre Schätze und die selbe Größe haben wir auch noch! Meine Gebete wurden erhört!
Das Lied wird von Hip-Hop abgelöst, das grässlich klingt, aber Selina gefällt es anscheinend. Vielleicht auch nur wegen Thomas in ihrer Klasse. Ich sag doch sie ist verrückt.
Nach einer gefühlten Ewigkeit und einer Mischung aus Pop, Hip-Hop und noch sowas, verlässt Selina ihr Zimmer. Ich lasse mir das nicht zweimal sagen und betrete schnell den Gang der unsere Zimmer berbindet. Das wummern wird stärker und die Musik wird auch lauter. Selina verschwindet gerade summend mit dem Blick auf ihr Iphone auf dem Klo. Kurz nachdem sie die Tür von innen verschlossen hat laufe ich so leise wie möglich die wenigen Schritte bis zu ihrem Reich. Ihre Tür ist nur angelehnt, sodass ich sie ohne Probleme einfach aufschwingen kann. Mich erwartet ein leichtes Klamotten-Kabel-Schulsachen-Durcheinander. Ich verdrehe kurz die Augen. Bei dir siehts auch nicht viel besser aus! Erinnere ich mich.
Auf Zehenspitzen bahne ich mich durch den leichten Dschungel und wünsche das noch irgendwas im Kleiderschrank vorhanden ist. Viel wird nicht übrig bleiben, wie hier auf dem Boden liegt, soviel ist klar. Beim Kleiderschrank angekommen, drehe ich vorsichtig den Schlüssel im Schloss. Bei der Hälfte quitscht es leicht und ich stoppe abrupt um mich flüchtig im Raum um sicher zu sein das das auch wirklich keiner mitbekommen hat, aber es sieht nicht so aus. Nur die Boxen vibrieren leicht bei dem Basslastigen Lied das gerade läuft. Sobald der Schrank geöffnet ist blicke ich ihn noch einen, zum Glück noch halbwegs gefüllten, und zu meiner Freude auch recht auswahlbietenden Haufen von Kleidung. Da wird sich schon was finden, denke ich zuversichtlich. Schnell durchwühle ich den Haufen und endecke auch drei, vier Teile für mich. Ich nehme diese und verschließe den Schrank bevor ich so schnell ich kann das Zimmer verlasse. Gerade noch rechtzeitig komme ich in meinem Zimmer an und schließe die Zimmertür als ich das Klicken der Klotür höre und Selina in ihrs verschwindet. Glücklich blicke ich auf meine Beute. Eine enganliegende schwarze Lederhose, ein Printshirt mit einem buntem Peacezeichen, ein weinroter Skaterrock, und ein Top mit der Aufschrift "Highfive me" drauf. Auf jeden Fall kompletter Stilbruch zu meinem bisherigem Style; schlicht, unauffällig, vielleicht manchmal mit Spitze aber dann in Cremfarben. Aber damit kann mich keiner wirklich ernstnehmen. Das farbigste was ich sonst immer besessen habe war meine marinerblaue Hose, die ich über alles liebe. Ich verstecke meine 'Beute' in der untersten Schublade und hoffe das dort in der nächsten Zeit keiner reinschauen wird. Dann verdunkel ich mein Zimmer und schließe das eklige Grau von draußen aus und lege mich zufrieden in mein Bett. Kurze Zeit später höre ich wie meine kleine Schwester ihr Boxen ausmacht und sich wahrscheinlich auch Bettfertig macht.
Nach einem Kapitel lesen lege ich mein Buch weg und mache das Licht aus. Der morgige Tag kann kommen. I'm ready to rock!

Lebst du noch oder stirbst du schon?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt