Unendliche Liebe (Marco Reus)

2. Kapitel

"Juliet!" der schrille Schrei meiner Schwester riss mich unsanft aus meinen Träumen und ich öffnete verschlafen meine Augen. "Juliet, ich gehe jetzt, komm pünktlich zur Arbeit!"
Emma stand kurz in meiner Tür, schenkte mir ein Lächeln und verschwand wieder. Seufzend schleppte ich mich in das kleine Bad gegenüber und stellte mich selbstbewusst vor den Spiegel, bevor ich tief ein- und ausatmete.

Daraufhin kämmte ich mir die Haare, tuschte meine Wimpern und lief wieder zu meinem Schrank, um mir Klamotten herauszuholen. Entschlossen schlüpfte ich in eine enge Röhrenjeans, ein weißes Tshirt und eine dünne, schwarze Strickjacke. Perfekt.
Damit man meine schwarze Kette auch ja sehen konnte, ließ ich die Jacke offen und legte mir zum Schluss meine Haare noch mal ordentlich über die Schultern.

In der Küche stopfte ich mir eine Schüssel Müsli in den Magen und trank einen Kakao, bevor ich meine Tasche packte und in den Flur lief, um in meine hohen, schwarz-weißen Allstars zu schlüpfen. Dann eilte ich aus Emma's Wohnung, zu einer kleinen Straßenbahn Haltestelle praktisch vor ihrer Haustüre und wartete nervös auf meine Straßenbahn. Wenig später rollte sie mit quietschenden Reifen an und ich stieg ein.

Mit meinem Kopf an das Fenster gelehnt beobachtete ich die Dortmunder Innenstadt und musste durch das intensive Sonnenlicht meine Augen leicht zusammen kneifen. Es war Mitte Juli und die Temperaturen wiesen auf einen warmen Sommer hin, aber die Wahrscheinlichkeit, dass ich im Leben noch mal brauner werde als jetzt, bestand quasi nicht.

Irgendwann erreichte ich die Haltestelle der Firma und stieg mit rasendem Herzen aus. Ich kam direkt vor dem hohen Gebäude meiner neuen Firma an und musste meinen Kopf in den Nacken legen, um die Spitze des halben Wolkenkratzers erkennen zu können.Seufzen betrat ich ihn und steuerte den Tresen am Ende des edeln Eingangsbereiches an, an welchem ich mich nervös vorstellte.

"Ich werde einen Mitarbeiter schicken, der sie zu ihrem Arbeitsplatz bringen wird. Einen Augenblick bitte" erklärte die junge Frau und ich nickte schnell, während ich Ihre perfekte Frisur begutachtete. Sie sah einfach perfekt aus, hoffentlich sahen hier nicht alle so aus. Augenblicklich sah ich an mir runter und schämte mich ein wenig für mein eher unspektakulären Outfit.
Allstars, das konnte doch nicht mein Ernst sein. "Frau Tiel?" erschrocken hob ich meinen Kopf und sah in zwei leuchtend grüne Augen. Ein junger Mann, vielleicht Anfang 20 stand vor mir und lächelte freundlich.

"Hallo, ich bin Oliver, aber sie können mich ruhig Olli nennen" er reichte mir seine Hand und ich schüttelte sie hastig. "Hi, ich bin Juliet" lächelte ich und er nickte. Während Olli mich zu den Fahrstühle brachte, musterte ich ihn aufmerksam und lief schweigend hinter ihm her. Er war ein wenig größer als ich, hatte braune Haare und trug einen Smoking. Na toll.

Aber er sah nicht nach typischen Frauenschwarm oder gar BadBoy aus, nein, er wirkte sofort sympathisch auf mich. Seine Art brachte mich dauernd zum Lachen und ich mochte ihn von der ersten Sekunde an. "Also vorab solltest du Wissen - damit wir gute Freunde werden können - ich bin schwul" erklärte er und ich lächelte breit. "Wie schön! Also, wie normal! Also,äh.." stotterte ich und er lachte.
"Ich meine, ich habe nichts gegen Homosexualität" ließ ich ihn schließlich wissen und er legte seinen Arm Freudig um meinen Nacken. "Na dann kann unserem gemeinsamen Arbeitsleben ja nichts mehr im Weg stehen!" grinste er und ich nickte.

Im 5. Stock angekommen durchquerten wir die Etage ein Mal und kamen an zwei Schreibtischen direkt vor einem großen Fenster an. Die Stühle waren in Richtung Gang gerichtet, sodass man während des Arbeitens von jedem beobachtet werden konnte. "Das hier ist mein Arbeitsplatz.""Olli zeigt auf den Schreibtisch in der rechten Ecke. "Und das hier.." diesmal zeigte er auf den schwarzen Schreibtisch gegenüber. "..ist deiner." "Hammer!" strahlte ich und er nickte grinsend. "Aber jetzt musst du erst mal zum Chef, einfach gerade aus, links und dann die Türe am Ende des Gangs" meinte Olli und ich stellte meine Tasche auf dem Tisch ab.
"Okay, bis gleich."

Nach Beschreibung Olli's stolzierte ich quer an den vielen anderen Schreibtischen, die jeweils zu zweit in einer kleinen Mulde standen vorbei und klopfte mit rasendem Herzen an die Tür von Herrn Sommer. Nach einer Bitte herein zu kommen, betrat ich den schicken Raum und nahm auf dem Stuhl gegenüber ihm Platz. "Guten Tag Herr Sommer, ich bin Juliet Tiel, die neue Mitarbeiterin" lächelte ich und ließ meinen Blick auf ihm ruhen. Er sah sehr jung aus, vielleicht Ende 20 und keineswegs unattraktiv. "Juliet, es freut mich sehr, dass sie jetzt hier sind.." er strich sich eine  hellbraune Haarsträhne aus dem Gesicht und starrte den Tisch an. "Alles wichtige habe ich ihnen ja schon vor ein paar Wochen erzählt, sie arbeiten von Montag bis Donnerstag,9:00 - 17:00 Uhr mit Mittagspause von 12:00-13:00 Uhr, Oliver kennen sie ja bereits?" ich nickte.
"Wenden Sie sich einfach an ihn."