19. Crawford Starrick

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„Langsam aber sicher geht euer Verhalten auf meine Nerven." Beschämt schaute ihn zu Boden. „Ihr lauft durch die Welt, als wäre alles unwichtig. Nur ihr beide steht im Mittelpunkt und seid viel zu sehr mit euch beschäftigt."

„Evie. Wir sollten glücklich sein mit dem, was wir haben."

Sie zeigt mit ihrem Zeigefinger auf ihren Bruder, welche genau neben mir auf der Couch saß.

„Erst ausreden lassen, Bruderherz. Dann darfst du sprechen." Sie drehte sich zu mir. „Ihr benehmt euch wie kleine Kinder, doch das ist das echte Leben. Wir haben eine Mission, habt ihr dies schon vergessen?"

„Wie kann ich das vergessen?", murmelte ich leise vor mich hin. Doch sie hörte es.

„Wie?! - ganz einfach. Ihr habt nur euch im Kopf. Erst seid ihr unzertrennlich. Einen Tag später kommst du völlig zusammengeschlagen in den Zug und ihr redet kaum ein Wort. Ich bin nicht blind, Freunde."

Ich blickte zu ihr auf. Meine Stimme hob sich.

„Es ist nicht einfach..."

„Wenn ihr glücklich zusammen seid, gerne." Sie unterbrach mich sofort. „Ich werde dem nicht im Weg stehen. Aber dann kümmert euch bitte um eure Aufgaben. Wir können es uns nicht leisten, sie weiterhin außer Acht zu lassen. Denkt einfach darüber nach. Ich werde weiter nach dem Tuch suchen. Ich habe im Kennaway-Anwesen etwas gefunden, während ihr euren Spaß hattet."

Sie drehte sich von uns weg und verließ mit stampfendem Gang den Zug. Ich schaute zu Boden. Kurze Zeit später stand ich auf und ging Richtung meines Abteils.

„Was machst du jetzt?" Jacobs Stimme animierte mich zum stehenbleiben. Ich drehte mich nicht zu ihm. Mein Blick hing auf dem Weg vor mir.

„Ich werde mich wieder an die Arbeit machen. Notizen und das alles durchsuchen. Wichtiger ist jedoch was du tust." Jetzt drehte ich mich doch zu ihm. Ich wollte zu ihm sprechen. Er stand direkt vor mir. „Du wirst hinter deiner Schwester hergehen und ihr helfen - falls sie sie benötigt. Sie hat recht."

Er hielt mir seine geschlossene Faust entgegen. Ich schaute Ungläubig zu ihm auf, dann wieder auf seine Hand. Er öffnete sie langsam. Ein Haken kam zum hervorschein. Eine Erklärung folgte sogleich.

„Bell gab ihn mir. Ich wollte dich damit überraschen und habe gehofft, wir könnten ihn gemeinsam ausprobieren." Ich nahm in zwischen meine Finger und begann zu lachen. „Wenn du Zeit und Lust hättest."

„Danke." Sagte ich leise und schubste ihn dann leicht. „Und jetzt geh endlich, bevor du sie noch verlierst."

Er drehte sich um und machte seine ersten Schritte. Ich legte den Haken beiseite.

„Ich mache alles was du sagst. Wie versprochen.", sagte er, noch immer den Rücken zu mir gedreht.

„Gehe einfach!", brüllte ich ihm hinterher, was ihn zum zusammenzucken brachte.

Er drehte seinen Kopf in meine Richtung und zwinkerte mir zu, dann sagte er: „Bis gleich."

Schon war ich alleine. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich glücklich darüber. Ich ging schnell in mein Abteil und ließ mich an meinem Schreibtisch nieder. Ich legte Evies Briefe auf meinem gesamten Schreibtisch aus. Sie war schon immer ein ordentlicher Mensch. Auf jeden einzelnen Brief hatte sie Datum und Uhrzeit geschrieben, was meine Arbeit deutlich einfacher gestaltete.

Ich begann einen nach dem anderen zu öffnen und gründlich zu analysieren. Mein Herz bekam bei jeder neuen Frage in Stich ab. Ich hatte sie ihr nie beantwortet. Es war ein komisches Gefühl sie Freundin nennen zu dürfen, obwohl wir kaum etwas voneinander wussten. Wobei sie mein Wunschleben kannte, nicht aber die Wahrheit. Ich wollte ehrlich zu ihr sein, zumindest einmal in meinem Leben.

RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt