Sie lief auf den Steg zu. Im dämmernden Abendlicht konnte sie eine Silhouette erkennen, die am Ende des Steges stand und auf den See hinaus schaute. Ihre Schritte beschleunigten sich. Voller Vorfreude schwebten ihre Füße über den harten Waldboden. Ihre Zehen gruben sich in die kalte Erde.
Als sie auf das morsche Holz vom Steg trat knarzte die Platte. Er drehte sich um. Seine Augen glänzten im irdischen Licht des Mondes. Ihr Atem stockte. Wie immer wenn sie ihn hier sah. Er war wunderschön. In seinen grünen Augen spiegelte sich der Schein der Sterne. Und auch seine schwarzen Haare glänzten. Er streckte ihr seine Hand entgegen. Vertrauensvoll folgte sie seiner Geste und trat auf ihn zu.
Er lächelte als sie vor ihm stehen blieb. Sie sprachen nicht. Das brauchten sie nicht. Sanft strich er ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. Seine Hand nahm er nicht zurück. Sie schaute zu ihm auf. Er schlang die Arme um ihre Taille und küsste sie. Sanft und zart. Vorsichtig und doch bestimmt. Sie wusste sie gehörte ihm. Anders war es nicht möglich. Sie wollte es nicht anders. Es war perfekt.
Sie setzten sich nebeneinander auf den Steg und ließen die Beine baumeln. Er legte den Arm um ihre Schulter und sie schmiegte sich an ihn. Gemeinsam schauten sie auf das Wasser. Die von der Nacht geschwärzte Oberfläche regte sich nicht. Keine Bewegungen, keine Geräusche. Sie waren allein.
Der Mond wanderte immer höher, verschwand hinter einer kleinen Wolke und tauchte wieder auf. die Zeit schritt voran, und mit ihr kam die Kälte. Wie ein Tier schlich sie sich an und kroch ihr auf die Schulter. Reflexartig fasste sie sich an die Stelle, als wäre dort tatsächlich etwas. Er drückte sie enger an sich und küsste sie auf die Stirn.
"Es ist Zeit.", sagte er schließlich. Sie war dankbar für sein Verständnis, denn sie zitterte bereits vor Kälte. Langsam standen sie auf. Seine raue Stimme hallte noch immer in ihrem Kopf nach. Gemeinsam liefen sie zu dem großen Gebäude in dem sie wohnte. Zwischen den Bäumen blieb er stehen. Zum Abschied gab er ihr einen langen Kuss. "Bis morgen.", hauchte er ihr ins Ohr. Dann glitt er zwischen den Bäumen hindurch. Sie schaute ihm nach wie er langsam zu einem der vielen unheimlichen Schatten wurde und mit dem Wald verschmolz.
Dann drehte sie sich ebenfalls um. Seufzend ging sie Treppenstufen hinauf und schlüpfte durch den Notausgang in das kalte, dunkle Gebäude.
Es war totenstill und ihre Schritte hallten an den Wänden wider als sie zu ihrem Zimmer ging. Das hier war nicht ihr zu hause. Hier war sie fremd. Doch das würde sich schon bald ändern.....
Kurz und knackig. Ich hoffe der Prolog zu meinem neuen Buch hat euch gefallen!! :)
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Drown
AdventureLerry ist anders. Sie ist eine Einzelgängerin. Still. Und hat keine Freunde. Tagsüber ist sie in ihrem Zimmer. Niemand weiß was sie dort tut, und eines Tages kommt sie nicht zum Unterricht. Das ganze Internat sucht sie. Schließlich brechen die Lehr...