7. Kapitel

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Als ich wieder aufwachte war ich allein. Vorsichtig stand ich auf. Doch ich merkte schnell, dass es mir ausgezeichnet ging. Also lief ich zu Julias Zimmer. Es war leer. Suchend lief ich durch die Gänge, zum Essenssaal. Doch nirgends waren Julia oder Tamara zu finden.
"Sie sind in die Stadt gegangen.", klärte mich Selina, eine Klassenkameradin, schließlich auf. Seufzend ging ich mir etwas zu Essen holen und setzte mich dann auf die Wiese vor dem Internat. Nach einigen Stunden, als  es immer kälter wurde, ging ich wieder in mein Zimmer und las ein Buch. Mir war furchtbar langweilig.

Nachdem ich  vier langweilige Kapitel gelesen  hatte klopfte es an meiner Zimmertür. Julia und Tamara kamen herein und stellten einen Falafel Teller auf meinen Schreibtisch. Innerhalb weniger Sekunden roch es in meinem Zimmer herrlich an Döner und Soße. Gemütlich auf meinem Bett sitzend unterhielten wir uns.
"Die Polizei hat die Leiche ja in die Autopsie gebracht", erzählte Tamara aufgeregt. "Die haben versucht die Leiche zu identifizieren, aber es hat nicht geklappt. Die DNA hat auch nicht geholfen."  "Mhmpf.", machte Julia mit vollem Mund.  "Fakt ist aber, dass die Leiche nicht nur im Gesicht verunstaltet wurde, sondern am ganzen Körper. Ihr Bauch wurde aufgeschlitzt und einige Innereien fehlen."
Ich musste mich beherrschen mich nicht zu übergeben. "Julia!!! Ich esse gerade!" Sie kicherte und biss in ihren Döner. "Das ist echt eklig", stimmte Tamara mir zu "Aber ich frage mich: Wer bringt eine Person um, nur um ein paar Innereien Mitgehen zu lassen."
Ich hustete bedeutungsvoll und schaute Tamara böse an. Die grinste nur.

"Ja, aber nicht nur Innereien fehlen, auch ein Fuß und die Augen sind unauffindbar." "Es reicht!", brüllte ich und sprang auf. "Ihr könnt es einfach nicht lassen, oder?" Bei meiner Aktion war eine Schachtel mit Chilisoße  vom Bett gefallen und der Inhalt breitete sich auf dem Boden aus. Ich dachte dabei an die Leiche und ihren Inhalt. Schlechte Idee. Die Hand vor den Mund gepresst rannte ich, so schnell ich konnte aufs Klo und  übergab mich in eines der Waschbecken. Immer wieder. Die arme Falafel. Ich übergab mich, bis nur noch ätzende Galle ins Becken schwabbelte.
Mein Rachen brannte und meine Knie waren weich. 

Julia und Tamara standen neben mir. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sie mir gefolgt waren. "Es tut uns leid, das sollte ein Spaß sein.", sie wirkten wirklich kleinlaut. Ich versuchte zu lächeln. "Schon okay."
Julia atmete sichtlich erleichtert auf. Dann gab sie mir ein Taschentuch und umarmte mich kurz. Ich wischte mir den Mund ab und wir gingen wieder in mein Zimmer.

Ich legte mich hin. Ich war einmal mehr froh, dass wir jetzt Ferien hatten.  Julia und Tamara ließen mich in Ruhe und räumten die Soße auf dem Boden und die Verpackung vom Essen weg. Dann gingen sie nach draußen. Ich stöpselte mir Kopfhörer in die Ohren und ließ meine "Einschlaf- Playlist" abspielen. Nach kurzer Zeit war ich eingeschlafen.


Der Wind rauschte in den Baumkronen und ließ mich frösteln. Ich hatte nur ein weißes Kleidchen an. Meine nackte Füße trugen mich über den winterkalten Waldboden. Ich wusste nicht wohin sie mich trugen, doch ich vertraute ihnen, dass sie den richtigen Weg gehen würden. Auf einmal hörte ich hinter mir ein Knacken. Erschrocken fuhr ich herum. Zwischen den vereisten Zweigen der fast toten Bäume huschte ein Schatten herum. Mein erster Instinkt war, die Flucht zu ergreifen. Doch die Neugier siegte und ich schlich mich vorsichtig heran. Der Schatten verschwand hinter einer dicken, verwitterten Eiche und tauchte nicht wieder auf. Ich schlich um den Baum herum.
Vor mir stand eine große Gestalt und grinste mich hämisch an. "Du bist nicht die erste.", sagte sie. "Du bist die vierte."
Raue Hände packten nach meinem Hals und drückten zu. Doch nicht die Gestalt vor mir hatte ihre Hände gehoben. Jemand der hinter mir stand. Ich schrie voller Furcht. Ich bekam keine Luft mehr und der Druck auf meinen Lungen wurde immer unerträglicher. Ich schlug um mich, versuchte mich zu wehren. Doch es hatte keinen Sinn. Die Person hinter mir hob mich am Genick nach oben. Ich röchelte. Die Gestalt vor mir holte ein Seil hinter ihrem Rücken hervor. Ich wusste was das war. Das war der Tod.



Schreiend fuhr ich aus dem Schlaf. Meine Kehle war trocken und fühlte sich kratzig an. Panisch fasste ich mir an den Hals. Keine Abdrücke. Keine roten Striemen. Erleichtert ließ ich mich zurück auf mein Kissen fallen. Das war ein Traum gewesen.
Langsam erholte ich mich und ging ins Bad um mir etwas zu Trinken zu holen.
 Im Bad waren einige Mädchen und duschten. Ich ignorierte sie. Als ich jedoch in den Spiegel schaute schrie ich panisch auf. Mein Hals. Er war rot.

DrownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt