4. Kapitel

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Julia und Tamara saßen vor mir auf meinem Bett. Ich hatte mich auf meinen Schreibtischstuhl gepflanzt und jetzt starrten wir uns gegenseitig an und konnten nicht fassen was sich hier abspielte. Nachdem Tamara die Enteckung der Fußspuren gemacht hatte, hatte Herr Grünewald uns aus dem Zimmer geschickt und die Polizei gerufen. Alle Schüler hatten Schulfrei bekommen, selbst die, die nicht betroffen gewesen waren. Doch das Ereignis hatte sich in Sekundenschnelle herumgesprochen und jetzt wussten es sowieso alle. Die Polizei hatte einige Schüler befragt, doch war bestimmt zu keinen Erkenntnissen gekommen. Niemand hatte sich mit Lerry verstanden oder geredet. Weder Gestern, noch vor einer Woche, noch vor einem Jahr. Lerry war ein Niemand gewesen.

Julia riss mich aus meinen Gedanken. "Glaubt ihr wirklich sie wurde entfürht?" Ich zuckte mit den Schultern. "Vielleicht wollte sie auch nur durch ihren Abgang nochmal so richtig viel Aufmerksam bekommen.", mutmaßte Tamara, doch ich schüttelte den Kopf. "Das glaube ich nicht. Ich gebe zu daran ist was faul, aber Lerry war niemand der Aufmerksamkeit wollte. Sie wollte allein sein und möglichst wenige Kontakte knüpfen."

"Stop!", viel mir Tamara ins Wort. "Wir fangen jetzt  nicht an TKKG nachzuspielen oder so. Die Polizei kümmert sich um diesen Fall. Wir haben damit nichts zu tun." Sie schaute uns nachdrücklich an. Ich zuckte mit den Schultern. "Hör auf damit!", sagte Tamara leicht gereitzt. "Womit?" "Na mit dem Schultergezucke. Das nervt."

"Hört doch auf, wir sollten lieber was Nützliches tun. Ich hab noch einen Aufsatz zu schreiben und ihr?" Tamara verdrehte die Augen, doch sie zog einen Collegeblock aus ihrer Schultasche und begann etwas hinein zu kritzeln. Ich hatte meinen Aufsatz bereits geschrieben, also holte ich Papier und malte ein bisschen. Ich war nicht besonders begabt, aber es machte mir trotzdem spaß.

Ich beobachtete meine Freundinnen und versuchte die Situation auf dem Papier zu verewigen. Als ich fertig war, hatte  das Bild etwas von einem Haufen Pferdemist. Ich knüllte das Blatt zu einer Kugel und warf es Julia an den Kopf. Sie faltete es auseinander und fing an zu lachen. "Deine Auffassungsgabe ist wirklich umwerfend." Tamara guckte ihr über die Schulter und prustete los. Lächelnd warf ich einen Stift nach ihr. "Ach hört auf, ich lerne doch erst noch."

Sie widmeten sich wieder ihrer Arbeit, während ich das Fenster öffnete und mich auf das Fensterbrett setzte. Die Sonne hatte den Zenit erreicht und erwärmte die Erde. Das Gras unten vor dem Internat, leuchtete saftig grün und zwischen den Bäumen sah man den See glitzern. "Hey Leute, es ist so warm draußen, wir könnten doch schwimmen gehen.", schlug ich vor. Julia schaute auf. "Am See ist bestimmt total viel los. Ich brauche grad eher Ruhe." Tamara schlug ihren Block zu und grinste mich dankbar an. "Super Idee. Außerdem müssen wir ja nicht zum Steg, wir können ja an den Strand auf der anderen Seite gehen." Julia seufzte und gab sich geschlagen.

Wir holten Handtücher und Bikinis und liefen die Treppe hinunter. Die Schule schien wie ausgestorben. Niemand war zu sehen und nichts war zu hören. Wir liefen durch die große Eingangstür nach draußen. Die Sonne schien uns ins Gesicht und für einen Moment musste ich die Augen zusammenkneifen. Hier draußen war viel los. Viele Schüler saßen auf der Wiese und sonnten sich, spielten Federball oder Frisbee oder  unterhielten sich einfach. Wir liefen zwischen den schattenspendenden Bäumen hindurch und erreichten den See. Julia hatte recht gehabt. Am See war noch mehr los als auf der Wiese, besonders beim Steg.

Wir gingen am Ufer entlang und sprachen.. naja.. über das worüber Mädchen halt so reden. Schule, Ferien, Jungs. Als wir beim Strand ankamen, waren einige Schüler da, doch nicht besonders viele, also legten wir unsere  Handtüchern dazu und  stapften vorsichtig ins Wasser. Es war kalt, doch man gewöhnte sich schnell daran. Wir plantschten ein bisschen und schwammen auf den See hinaus. Alles in Allem war es ein entspannter Nachmittag. Bis wir den Schrei hörten......

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