Teil 6: "Mentorenwechsel"

2.9K 190 9
                                    

Nachdem ich mich wieder beruhigt und alles einigermaßen verkraftet hatte durfte ich wieder in unser normales Häuschen einziehen. Océane hatte sich echt Sorgen gemacht und war erleichtert das es mir gut ging.
Wir saßen gerade vor dem Fernseher als es leise an der Tür klopfte. ,,Ich geh schon," seufzte ich und öffnete die Tür. Irritiert sah ich mich um. Niemand stand vor der Tür, aber kurze Zeit später musste ich grinsen. Früher als ich noch jünger war hatte ich mit meinen Freunden auch immer Klingelstreiche gemacht. Schmunzelnd sah ich um die Ecke und rief: ,,Ich weiß das ihr Klingelstreiche spielt." Gerade wollte ich die Tür wieder zumachen, als auf dem Boden etwas gurrte. Dort saß doch tatsächlich eine kleine weiße Taube und blickte mich mit großen, niedlichen schwarzen Augen an. ,,Was bist du denn für eine Süße. Bist du etwa verletzt?" murmelte ich fürsorglich und nahm sie hoch. Als hätte sie verstanden schüttelte sie sich und streckte stolz ein Bein vor. ,,Ach so," lachte ich als ich sah, das an ihrem Bein ein eingerolltes Stück Papier hing. Vorsichtig nahm ich es ab und kraulte sie nochmal, bevor ich sie in die Luft warf und rein ging.

,,Man hat das lange gedauert. Wer war's denn?" fragte Océane. ,,Ich hab eine Taubennachricht bekommen," antwortete ich und setzte mich neben sie. Gespannt blickten wir auf das Papier und ich las vor was drauf stand:

Sehr geehrte Felina,
der Rat hat beschlossen, eine Versammlung abzuhalten um über ihre Weiterbildung zu entscheiden. Wir bitten sie pünktlich am Samstag um 3 Uhr im Ratsgebäude zu erscheinen. Ihre Mentorin wird sie begleiten. Alles weitere werden wir ihnen vor Ort erklären.
Viele Grüße: Ms. Halligen, Leiterin der Akademie

,,Hast du mir vielleicht etwas zu erzählen," fragte Océane vorsichtig. Stimmt, Ich hatte Océane das mit dem zweiten Element noch gar nicht erzählt!
,,Ist ne lange Geschichte," stammelte ich, aber schließlich erzählte ich es ihr.

,,Man ist das ne krasse Sache," staunte sie mit großen Augen, ,,dann bist du tatsächlich eine Verwandte von dem großen Elementbändiger? Weißt du wie mächtig du damit bist? Wenn du das erstmal in Griff bekommst bist du die mächtigste Person auf der ganzen Welt!" Wütend nickte ich. ,,Aber ich hab mir das ganze doch nicht ausgesucht. Verdammt, das ist mein Leben und ich will das ich normal wie jeder Andere leben kann,"schrie ich verzweifelt und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. ,,Ich will nichts Besonderes sein!" Océane schreckte zurück und sogar Sandy blickte besorgt aus dem Bad. Ich aber schmiss mich ins Bett und heulte ins Kopfkissen hinein, bis ich einschlief.

Bis Samstag zur Besprechung hatte ich leider keinen Unterricht. Meistens saß ich draußen auf dem Steg und ließ die Füße ins Wasser hängen, wie auch heute. Der Samstag, an dem ich später diese Besprechung hatte. Gedankenverloren schaute ich anderen weit hinten am Trainingsplatz beim Üben zu. Was machen meine Eltern wohl jetzt? Geht es ihnen gut oder machen sie sich Sorgen um mich? Werde ich sie in den Sommerferien besuchen dürfen? Schnell schüttelte ich alle Fragen aus meinem Kopf. Ich werde sie eh nicht beantworten können. Noch nicht! Seufzend erhob ich mich und schüttelte die Füße bis sie relativ trocken waren. Es war schon 2 Uhr, also hatte ich noch eine Stunde Zeit um das Ratsgebäude zu suchen, denn ich wusste noch nicht mal wo es liegt. Also schlenderte ich langsam den Steg entlang auf der Suche nach irgendwelchen Schildern, als mich eine Stimme von hinten ansprach: ,,Hey Felina, ich hab schon auf dich gewartet." Es war tatsächlich Cherry, ,,Ich soll dich zur Sitzung begleiten," sagte sie ernst. Ich hatte Cherry seit der Sache mit dem Feuer nicht mehr gesehen und senkte den Kopf. ,,Ich glaub ich muss mich noch entschuldigen. Du weißt schon wofür," murmelte ich. ,,Ach da kannst du doch nichts für. Du hast eine Gabe, und dafür muss man sich nicht entschuldigen!" Erleichtert sah ich sie an und sie lächelte zurück.

Cherry zeigte mir den Weg indem sie vorausging und ich hinterher trottete. Wir liefen ca. eine halbe Stunde und ich wusste nicht das das Gelände so riesig war. Wir kamen an allen Häusern vorbei: am Wald der Erdbändiger, am Berg der Luftbändiger und an der Lichtung der Feuerbändiger. Völlig aus der Puste kamen wir schließlich am Gerichtsgebäude an. ,,So, jetzt müssen wir warten bis jemand uns rein ruft," seufzte Cherry und ich lehnte mich an einen Baumstamm. Als das große Tor sich öffnete und das Innere freigab gingen wir herein.

In der Mitte standen zwei Stühle und drumherum überall Bänke für Zuschauer, die jetzt aber leer waren. Auf einer Anhöhung saßen die Ratsmitglieder, vorneweg Ms. Halligen. Schüchtern setzte ich mich auf den einen und Cherry auf den anderen Stuhl.
Als Ms. Halligen aufstand, zog ich instinktiv den Kopf ein, aber sie lächelte mir nur aufmunternd zu. ,,Herzlich Wilkommen zu dieser Besprechung," rief sie feierlich, ,,wir wollen heute über die Weiterbildung von Felina entscheiden! Wie ihr wisst beherscht sie zwei Elemente und ist verwandt mit dem Elementbändiger! Wir wollen erstmal ein paar Vorschläge sammeln, wie man beide Elemente fördern könnte. Ich habe viel nachgedacht und zu der Idee gekommen das zwei von uns sie in dem jeweiligen Element unterrichten können. Ich würde sie in Feuer unterrichten und einer von euch in Wasser!" Cherry neben mir wurde ganz angespannt und rief dann: ,,Soll das heißen ich bin nicht mehr ihre Mentorin?" ,,Es war nur eine Idee. Wenn die Anderen Mitglieder dagegen sind bleibst du vieleicht ihre Mentorin!" Cherry schnaubte. Jetzt drehte sich Ms. Halligen zu den Ratsmitgliedern. Ein älterer Mann stand auf: ,,Können wir nicht einfach eins ihrer Elemente unterdrücken das sie nur noch ein einziges besitzt?" Ms. Halligen guckte wütend zu dem Mann und rief verärgert: ,,Das ist ein langwieriger Prozess und außerdem wird er ihr viele Schmerzen bereiten. Es ist eine Gabe die man nicht einfach verschenken darf. Ich bin dagegen!" Erschrocken zuckte ich zusammen. Ein Element unterdrücken? Schmerzen? Nein, das wollte ich nicht! Angespannt beobachtete ich den Mann ob er noch etwas sagte, aber er ließ sich nur auf seinen Sitz zurückfallen. ,,Gut, dann ist das geklärt. Wer stimmt für meine Idee?" sprach Ms. Halligen weiter. Cherry kniff die Augen zusammen als die ersten Mitglieder die Hand hoben. Sie wollte wohl unbedingt meine Mentorin bleiben. Nach und nach meldeten sich immer mehr Hände, bis keine einzige mehr unten war. Was jetzt passierte hätte ich nicht erwartet. Cherry sprang auf und lief aus dem Saal, wobei sie noch bedrohlich zischte: ,,Das werdet ihr bereuen." War es wirklich so schlimm für sie? Einige sahen ihr mitfühlend hinterher. ,,Gut, Cyrian, hast du Lust Felina im Wasserbändigen zu unterrichten?" fragte Ms. Halligen schnell. Ein junger Mann, ich glaube es war der jüngste aus der Runde, erhob sich und sagte mit kräftiger Stimme: ,,Sehr gerne, Ms."

ElementbändigerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt