01.02.2016
1 - Fremde
Lou wuschelte durch meine Haare. Sie föhnte sie hoch, zupfte an ihnen, griff nach der Tube mit dem Gel. Grazil schraubte sie den Deckel ab und drückte sich mit einem schnorbsenden Geräusch das durchsichtige, klebrige Zeug in die Handfläche. Lous und mein Blick begegneten sich im Spiegel, sie sah fröhlich aus. Wie immer. Lou liebte ihre Arbeit, sie liebte uns und ihre kleine Tochter die sich an ihr Bein klammerte. Lux floh vor Harry, der ihr eine ihrer pinken Haarspangen wieder ins Haar zurück drücken wollte.
„Mommy.", bettelte Lux und zog an Lous Oberteil. Ihr sanfter, mütterlicher Blick rutschte für einen kurzen Moment hinab auf das kleine Mädchen. Ich beobachtete sie durch den Spiegel. Ein zartes Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie sah gut aus, keine Frage. Lou war eine gute Mutter, schaffte es Familie, Beruf und Berühmtsein unter einen Hut zu bringen. Ich wünschte, ich hätte die Chance dazu mich so zu behaupten. Ich wünschte, ich hätte auch eine kleine Lux oder Jemanden, der mir nahe stand auf den ich aufpassen konnte und für den ich ein Vorbild sein konnte. Theo, beispielsweise. Nur dass ich diesen kleinen, jungen Mann viel zu selten sah...
„Du bist langsam alt genug um dich gegen Harry wehren zu können, Maus.", sie grinste verschmitzt während ihre Hände durch meine Haare fuhren. „Lass mich Nialls Haare fertig machen, sonst kommen die Vier hier zu spät auf die Bühne.", sie sah wieder mich an, widmete sich dabei weiterhin meinen Haaren. Harry im Hintergrund hob die um sich strampelnde Lux mit Leichtigkeit auf seine Arme hoch und schob ihr die Klammer zwischen die Haare. Sie protestierte lautstark, gab sich letzten Endes jedoch geschlagen. Sie sahen süß aus.
„Besser.", seine eine Hand ruhte auf ihrem Bauch. Sie vollführten einen Eskimo-Kuss indem sie die Nasen aneinander rieben und strahlten sich wie zwei Sonnen um die Wette an. Ich rollte mit den Augen und seufzte leise einmal vor mich hin.
„Das hab ich gehört, Horan.", Harry sah mich belustigt grinsend an. Es schien als würde er instinktiv wissen, was mein Problem war. Und nun ritt er darauf herum. Wie immer. Lou beugte sich nach vorne, ihr Ohr dicht an meinem.
„Achte nicht darauf, irgendwann findest auch du deine Prinzessin.", ruckartig riss ich meinen Kopf nach vorne, weg von ihr und knallte dabei fast mit der Stirn frontal gegen den Spiegel vor mir. Ich drehte mich zu ihr herum, sah sie über die Schulter hinweg an.
„Gott, ihr Heuchler. Lasst mich endlich alle in Ruhe!", Haare fertig oder nicht stand ich auf und stampfte an Harry vorbei aus dem Raum. Laut krachend flog die Tür hinter meinem Rücken ins Schloss. Ich hörte sie kichern. Meine Hände ballte ich zu Fäusten und stopfte sie unwirsch in meine Hosentaschen. Ich hasste es. Immer hatten sie jemanden der für Sie da war und in allem unterstützte. Louis hatte Eleanor gehabt, Liam hatte seine Sophia, Harry wechselte seine Bettgeschichten häufiger als ich meine Frisur änderte, Lou hatte ihren Mann und ihre zuckersüßen Kinder. Und wen hatte ich? Niemanden. Denn Keine unter diesen Millionen Gesichtern war dabei, die mein Herz höher schlagen ließ.
Keine ließ Schmetterlinge in meinem Bauch einen wilden Samba tanzen. Keine ließ meinen Puls rasen, brachte mich ins Stottern, setzte mein Herz in den Waggon einer Achterbahn der Gefühle.
Keine war die Eine.
Kopfschüttelnd ging ich vorwärts. Wo sollte ich hin? Weit weg konnte ich schlecht, das Konzert würde bald anfangen. Klasse, dann stand morgen wieder in der Presse: Niall wird die Band verlassen, Millionen Mädchen Herzen am Boden, er sah schlecht gelaunt aus, er hat keine Lust mehr auf die Band. Meine Gedanken kreisten. Ich drehte innerlich hohl. Immer dieser Quatsch.
Genau wie mit den Frauen. Wurde man mit einem anderen Star gesehen, hieß es erst einmal fett das neue Traumpaar sei auf dem Markt und Niall Horan und Selena Gomez keine Single mehr. Wie ich es hasste. Wir waren Freunde. Nur gute Freunde, mehr nicht und dann kam sowas. Wo zum Henker waren Louis und Liam wenn man sie mal wirklich dringend brauchte? Ich blieb stehen. Wenn wir schon bei ungeklärten Fragen waren; Wo war ich eigentlich hin gelaufen? Ich hatte nicht auf die Beschilderung der verwinkelten Gänge geachtet, war abgebogen wann ich hatte abbiegen wollen und mir nach Lust und Laune einen Weg zu Recht gelegt. Einen Weg, dessen Rückweg ich nicht wusste.
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Million Faces √ - Wattys2016
Fanfiction»Rastlos ließ ich meinen Blick durch die Masse vor der Bühne gleiten, während ich sang. Millionen von Gesichtern, verschiedene Facetten und doch waren alle gleich. Dann sah ich sie. Die Eine, unter Millionen. Sie stach völlig aus der Masse heraus u...