9 ~ H o f f e n

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28.03.2016

9 – Hoffen

„Umso mehr Dinge sich verändern umso mehr gleichen sie sich. Es soll sich nicht alles gleichen. Du sollst nicht allen anderen gleichen. Denn auch wenn ich dich nicht wahrhaftig kenne, so hab ich den Eindruck, dass du die einzigartigste Person bist, der ich jemals begegnen durfte. Aber dennoch: manchmal, manchmal ist verändern oder Veränderung etwas Gutes. Und manchmal ist Veränderung alles.

Ich möchte mich wirklich mit dir treffen, nicht weil ich dich verändern will, sondern weil mehr dahinter steckt. Und du sagst mir nichts. Vielleicht hast du Angst? Aber weißt du was? Es ist gut wenn man Angst hat, denn das bedeutet, dass man noch was verlieren kann. Und das bestätigt mir, dass hinter all dem frechen Auftreten deinerseits doch mehr steckt als du sagen willst. Reden hilft immer.
Schick mir eine Adresse und ich hole dich morgen um 5 Uhr abends ab.
Niall."

Der Text war lang. Vermutlich war er zu lang und klang zu verzweifelt, doch das war mir gleichgültig. Ich ließ mein Handy neben mir fallen und rutschte das Bett hoch. Irgendwie strampelte ich mir dabei die Schuhe und Hose vom Leib und ließ mich dann in die Kissen fallen. Keine Minute später schlief ich schon. Ich wurde am nächsten Morgen durch das Klingen meines Handys geweckt, welches mir eine eingehende Nachricht ankündigte. In freudiger Erwartung riss ich die Augen auf und durchwühlte mein Bett nach dem kleinen Teil. Ich hörte erst auf, als es mit einem Poltern aus der Decke heraus auf den Boden fiel.

Quer über das Bett gelegt, angelte ich nach meinem am Boden liegendem iPhone. So schnell es ging entsperrte ich es um es dann enttäuscht in meinen Armen sinken zu lassen, nachdem ich auf WhatsApp geklickt hatte. Denn es war keine Nachricht die ich erhofft hatte zu bekommen. Es war ledigich eine Nachricht von meinem Bruder Greg, der mir ein Foto meines Neffen gesendet hatte. Eigentlich ganz süß, aber die positive Stimmung die sich im Schlaf bei mir regeneriert hatte, war verpufft.

Meine Arme durchgestreckt berührte das Smartphone mit meinen Händen zusammen den Boden. In der Position tippte ich eine kurze Antwort an Greg zurück und klickte dann die Nachrichtenapp weg, sperrte mein Handy. Ich beschloss duschen zu gehen um einen kühlen Kopf zu bewahren. Grummelnd stand ich vom Bett auf und schloss mein Handy ans Ladekabel neben dem Nachttisch an, bevor ich im Bad verschwand. Ich zog meine restliche Kleidung aus, stellte die Dusche an und genoss anschließend das warme Wasser, das auf meinen Körper niederprasselte. Diese Dusche war göttlich. Der Wasserfall Duschkopf war definitiv wohltuender als die verkalkten Wasserhähne gleichen Duschköpfe die in dem Duschraum gestern aus der Wand rausgekommen waren. Als ich fertig war, abgetrocknet und umgezogen im leeren Zimmer stand, ging es mir besser.

Das Wasser hatte all die negative Energie abgewaschen und einen normalen, allseits dafür bekannten, glücklichen Niall zurückgelassen. Und es war nicht einmal gelogen. Es ging mir wirklich gut. Ich fühlte mich wie umgepolt und neu geladen. Einmal auf die Zehenspitzen gestellt streckte und reckte ich mich. Meine Kopfschmerzen waren wie verpufft. Ich nickte einmal zufrieden. Das Zimmer sah sogar ganz gut aus. Wir waren erst gestern Mittag gelandet und nachdem wir kurz unsere Zimmer gezeigt bekommen hatten, waren wir auch schon zur Halle gefahren worden. Zur Halle, in welcher wir den ganzen Nachmittag und Abend verbracht hatten. Da war keine große Zeit geblieben sich das Zimmer näher anzusehen.

Ich wandte meinen Kopf zur Seite und sah aus dem Fenster. Der Ausblick war jetzt nicht der, den man sich unbedingt wünschen würde. Zumindest nicht das, was ich aus diesem Winkel hier sah. Langsam und entschlossen darauf einen besseren Ausblick zu bekommen, trat ich näher an das Fenster heran und ließ meine Finger durch den dicken schweren Stoff des aufgeschobenen Vorhanges fahren. Ich sah hinunter auf die Straße. Die Fenster schienen aus breitem Glas zu sein, da man kein Geräusch von außerhalb vernehmen konnte. Unten auf dem Bürgersteig standen Mädchen, die aussahen wie Fans. Eine sah in dem Moment hoch, als ich mich weiter an die Glasscheibe lehnte. Meine Stirn berührte das kalte Glas, als sie den Arm nach mir ausstreckte und den Mund aufriss. Anscheinend schrie sie, zumindest sah es stark danach aus. Nur hörte ich keinen Mucks.

Million Faces √ - Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt