9. Ich möchte alleine aber nicht allein gelassen sein

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Im Prinzip ist mein ganzes Leben ein reiner Fehler.

Von allen belogen und verlassen worden. Ich hasse mich selbst dafür, dass ich mich von so vielen Menschen täuschen lassen habe.

Wie konnte ich nur so lange einen Jungen lieben, der Schuld an dem Tod meines Bruders ist?

Was wenn Josh damals nicht gegangen wäre, wäre er dann jetzt vielleicht mein Freund? Was wenn Brian nicht gestorben wäre, wäre ich dann beliebt? Was wenn ich einfach abhauen würde?

Von dem ganzen Scheiß, der mich hier belastet.

Einfach in ein neues Leben springen, einen Neustart machen.

Abhauen.

Das wird mein neues Lieblingswort werden.

Die Idee nistet sich in meinem Kopf an und ich habe das Gefühl, dass sie dort auch länger bleiben wird.

Ich könnte mitten in der Nacht abhauen. Mit dem Auto meiner Eltern würde ich einfach dorthin fahren, wohin mich die Straße bringt.

Am besten nach Kalifornien, dann könnte ich meine Pläne vorziehen. Aber dann würde ich die Schule abbrechen und das ist immerhin mein vorletztes Jahr.

Ich könnte auch mit meinen Eltern über ein Austauschjahr reden. Wobei es für das schon zu spät ist. In fünf Monaten beginnen die Sommerferien.

Möglicherweise kann ich mein letztes Jahr an der High School ja woanders verbringen. Dann müsste ich nur noch vier Monate hier aushalten, bis ich endlich frei bin.

„Emily. Dein Vater hat dich gerade etwas gefragt."

Warum passiert mir das ständig, dass ich in meine Gedanken versinke? Ich sehe meinen Vater fragend an.

Nachdem ein sehr anstrengender Tag an der Schule vorbei gegangen ist, den ich die meiste Zeit damit verbrachte, allen aus den Weg zu gehen und so gut es ging alleine zu sein.

Das ist was ich will. Alleine, aber nicht allein gelassen, sein.

„Wäre es in Ordnung, wenn wir für später die Mitchells einladen würden? Ihre Kinder kommen auch mit."

Seine Frage wiederholt sich immer und immer wieder in meinem Kopf.

Die Mitchells einladen

Will mir das Schicksal eins auswischen?

Das darf doch nicht wahr sein.

Ich wünsche mir alleine zu sein und bekomme genau das Gegenteil davon.

Da ich nicht unhöflich sein will, antworte ich mit einem miserablem Lächeln: „Ja natürlich."

Meine Eltern grinsen zufrieden und wenden sich wieder ihrem Kaffee und der Tageszeitung zu.

Nach einer Weile entschuldige ich mich bei meinen Eltern und gehe nach oben in mein Zimmer, um Hausaufgaben zu machen.

Als ich gerade mitten in einer mathematisch hochaufwendigen Aufgabe stecke, gibt mein Handy plötzlich ein piepsendes Geräusch von sich.

Ich lege meinen Stift auf das Heft und sehe nach von wem ich eine Nachricht bekommen habe.

Hey Kleines.

Wie geht's dir? Hast du Lust auf einen Filmeabend heute bei mir?

Lust, ja. Zeit, nein und das nur wegen Adam. Aber soll ich mir die Gelegenheit entgehen lassen mit Josh etwas zu unternehmen?

Ja klar. Wann soll ich kommen?

Jetzt stellt sich nur noch die Frage, wie ich das meinen Eltern erklären soll. Ich wende meine Aufmerksamkeit wieder an meine Hausaufgaben, die ich nach zwanzig Minuten erledigt habe.

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