Kapitel 14

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Louis POV

Ich weiß nicht genau was mich trieb, als ich Harry anbot ihn zu mir nach Hause mitzunehmen. Doch als ich ihn dort zusammengekauert am Boden liegen sah, hatte mich eine Welle von Mitleid und Schuldbewusstsein überrollt. Ich weiß, dass ich Harry nicht hätte ignorieren und schon gar nicht beleidigen sollte, doch ich konnte nichts dagegen machen. Jedes Mal wenn ich mich überwinden wollte und zu ihm gehen wollte um mich zu entschuldigen, war etwas dazwischen gekommen. Meistens war es Ben gewesen, welcher mit mir über „irgendetwas wichtiges" reden wollte. Zugegebener maßen hatte ich mich oftmals auch einfach nicht getraut zu ihm zu gehen, weil ich einfach nicht wusste wie ich mein Verhalten entschuldigen sollte.

Niall hatte heraus gefunden, dass ich geplant hatte Harry zu ignorieren als er „ganz Zufällig" auf unseren Chatverlauf gekommen war. Zu sagen, dass er wirklich wütend auf mich war, war noch zu milde ausgedrückt. Vor allem als er hörte, dass ich Angst hatte, dass Harry sich in mich verlieben würde, wenn ich zu viel mit ihm machen würde, war er total ausgeflippt. Er hatte mir gesagt, dass ich mich in seinen Augen zu einem arroganten und homophoben Arschloch entwickelt hatte und er langsam echt genug von mir hatte. Ich hatte mir seine Worte echt zu Herzen genommen und auch ich hatte gemerkt, dass ich mich in letzter Zeit ein bisschen zu sehr in mein Homophobes Verhalten hinein gesteigert hatte. Es tat mir einfach nicht gut so viel mit Ben rumzuhängen.

Doch als ich heute Harry dort so liegen sah, konnte ich nicht anders als ihm zu helfen. Ich bereute mein Verhalten in den letzten Wochen wirklich sehr und ich konnte mir auch vorstellen mich mit Harry anzufreunden und doch wusste ich nicht wie ich das alles mit der Schule, meinen Freunden und vor allem Ben vereinbaren sollte. Sie würden niemals akzeptieren, dass ich mit einem schwulen befreundet war.

Immer noch in Gedanken kehrte ich zurück in meinem Zimmer und fand Harry auf meinem Sofa sitzend vor. Er sah aus als ob er sich ziemlich unwohl fühlen würde, oder eher so als ob er nicht wüsste, ob es mir recht ist, dass er dort sitze oder nicht. Ich lächelte ihn aufmunternd an. „Kann ich mir vielleicht deinen Bauch angucken, damit ich weiß wie schlimm es ist?", fragte ich Harry. Seine Augen weiteten sich ein bisschen und ich glaubte Angst und pure Panik in ihnen zu erkennen. Harry schüttelte schnell den Kopf. Ich seufzte enttäuscht, trat ein paar Schritte näher und setzte mich neben ihm auf die Couch. „Bitte Harry, ich muss sehen, wie schlimm es ist, damit ich weiß was ich machen soll. Meine Mutter ist Krankenschwester und daher weiß ich ein wenig über Verletzungen und so." Ich sah Harry an, dass er wirklich überlegte, ob er mir seinen Bauch zweigen sollte oder nicht. „Bitte Harry", setzte ich noch flehend hinzu und schmollte ein wenig. „N-Na gut", sagte Harry schließlich ziemlich leise und immer noch zögernd. Ich war ein wenig enttäuscht, das er mir nicht vertraute, doch was hatte ich erwartet? Ich hatte mich ja noch nicht mal bei ihm Entschuldigt, geschweige denn ihm mein Verhalten erklärt und er sollte mir gleich in die Arme springen und mir sein Leben anvertrauen, wenn ich einmal nett zu ihm war? Vergiss es Louis.

Langsam streckte ich meine Hand aus um sein T-Shirt ein Stück hochzuziehen. Doch was ich dort zu sehen bekam schockte mich. Sein gesamter Bauch war grün und blau, an manchen Stellen waren die Verletzungen schon wieder ein wenig abgeheilt und an manchen Stellen waren sie ziemlich frisch. Das kann unmöglich alles von heute stammen."H-Harry, die sind niemals alle von heute, was ist passiert?", fragte ich ihn geschockt. Harry zuckte nur mit den Schultern und sah auf den Boden. Ich seufzte tief. Ich hatte nie realisiert, dass Harry in der Schule geschlagen wurde. Klar gab es immer wieder Leute, die ihm gemeine Kommentare hinterher riefen, doch ich hätte niemals gedacht, dass es so weit gehen würde. Wer das wohl war? Ich griff nach der Salbe, die ich eben aus dem Bad geholt hatte und schmierte ein wenig davon auf meinen Finger. Meine Hände nährten sich langsam Harrys Bauch. Ich war mir nicht sicher wie er reagieren würde, doch da er nichts tat um meine Hand zu stoppen, nahm ich an, dass er okay sein würde, wenn ich die Salbe auftrug. Meine Hände fingen ein wenig an zu zittern, vorsichtig strich ich über den größten blauen Fleck. Harry zuckte zusammen und auch meine Hand zuckte zurück. Ich wollte Harry auf keinen Fall wehtun. „Harry? Ist alles okay? Willst du das vielleicht lieber machen?" Unentschlossen sah Harry mich an, ich konnte sehen wie er innerlich mit sich kämpfte, doch im Endeffekt schüttelte er den Kopf. „Ist schon okay, du kannst weiter machen. Ich halte das schon durch, so schlimm ist es ja nicht." Ich lächelte den Lockenkopf aufmunternd an und fuhr fort die Salbe auf seine blauen Flecke aufzutragen.

Nachdem ich äußerst Vorsichtig die Salbe auf all seine blauen Flecke aufgetragen hatte und sie daraufhin wieder in das Bad gebracht hatte, saßen Harry und ich auf meinem Sofa und schwiegen. Es war kein angenehmes Schweig, es war eher peinlich. Harry hatte , seid ich ins Zimmer zurückgekehrt war, kein einziges Mal in die Augen gesehen. Stattdessen bevorzugte er es mein Zimmer genauer in Betracht zu nehmen. Seine Augen wanderten Nonstop in meinem Zimmer auf und ab und immer wieder blieben sie an etwas anderem hängen. „Harry?", sein Kopf flog in meine Richtung und er sah mich mit seinen großen, grünen Augen ein wenig erschrocken an. „Ja?", fragte er leise. Ich seufzte leise auf. Harry hatte immer noch Angst vor mir und ich wusste nicht was ich dagegen tun konnte. „Kann ich dich was fragen?", Harry nickte bestätigend. „Wer war das?", ich deutete auf seinen Bauch. „Wer hat dir das angetan und wie lange geht das schon? Ich weiß das diese ganzen Blutergüsse nicht allein von heute sein können" Harrys Blick senkte sich wieder auf seine Hände. „Ich denke nicht, dass ich dir das erzählen sollte Louis. Ich verstehe ich nicht warum du dich so plötzlich für mich interessierst und dich um mich sorgst." Frustriert seufzte ich auf. Ich hätte wissen müssen, dass er es mir nicht erzählen würde. Harrys Stimme war immer noch zittrig, doch ich konnte genau erkennen, dass er sich wirklich Fragte warum ich ihm geholfen hatte und ich schätze ich war ihm diese Erklärung schuldig.


Half a Heart ||L.S.||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt