Kapitel 2

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Cam unterdrückte seine nächste Frage und ließ sich ergeben mit ziehen. In dem Zelt der Krieger wurde er auf den schwarzen Stuhl gesetzt, auf dem Loris verbrannt war und kalte, schwere Ketten wurden an seinen Knöcheln und Handgelenken angebracht.

Die Fragen in seinem Kopf vervielfachten sich im Sekundentakt, doch er besann sich eines besseren und anstatt sie auszusprechen, hielt er seinen Mund geschlossen. Währenddessen wurde das Zelt abgedunkelt, bis alles nur noch schemenhaft zu erkennen war. Der Zelteingang öffnete sich und die hellen einfallenden Lichtstrahlen blendeten Cam, sodass er die eintretende Person nicht erkennen konnte.

Blinzelnd verfolgte er den Schatten mit seinen Augen und der Zelteingang wurde wieder geschlossen. 'Cathán? Was ist hier los? Wo bist du?', rief er seinen Gefährten, doch er spürte, wie seine Rufe seinen Gefährten nicht erreichten. Kalte Angst kroch ihm den Nacken hinauf und er fürchtete um seinen Schattenhund.

Die Gestalt trat hinter seinen Stuhl und legte ihre schweren Pranken auf Cam's Schultern. Fest schlossen sich starke Finger um seine Schultern und drückten zu. Mit jeder Sekunde wurde der Griff fester und schmerzhafter. Atem strich an seinem Ohr entlang. „Schöpfer der Dämonen also. Wusstest du davon?", drang eine tiefe Stimme an sein Ohr.

Cam schüttelte den Kopf und eine große Faust traf seinen Magen. Hustend beugte er sich vornüber und Tränen schossen ihm in die Augen. „Antworte, wenn ich dich etwas frage!", es war Rayn's Stimme, die laut durch das Zelt hallte. „Nein", keuchte Cam und spie ätzende Magensäure auf den Boden. „Du willst mir sagen, dass du siebzehn Jahre mit Tahsin zusammen gelebt hast und nie auch nur einen winzigen Verdacht hattest, dass dein 'Vater' nicht das ist, was er vorgibt zu sein?", höhnte Rayn.

„Ich wusste es wirklich nicht! Er war immer normal", beteuerte Cam und sein Kopf wurde unsanft an den Haaren zurück gerissen. „Dein Vater ist Abschaum! Durch seine Kreaturen sind hunderte von uns gestorben und noch mehr Menschen haben durch die Dämonen gelitten. Und du bist nur eine weitere abartige Kreation von ihm." Eine stumme Träne stahl sich aus Cam's Augenwinkel und bahnte sich ihren Weg an seiner Wange hinunter.

„Hör auf zu weinen! Du brauchst kein Mitleid von uns erwarten. Wir haben dich in unseren Reihen aufgenommen und du stellst dich als Feind heraus. Hast du spioniert? Wolltest du uns von innen heraus zerstören?", zischte der furchteinflößende Krieger und sein heißer Atem schlug Cam ins Gesicht.

Heftig schüttelte er den Kopf. „Bitte! Ich wusste es nicht! Ich habe es selbst erst gerade erfahren! Ich habe nie spioniert, ich schwöre es", sagte Cameron so gefasst es nur ging. Der Krieger kniff seine Augen zusammen und funkelte Cam an. Dann glätteten sich seine Gesichtszüge und ein Hauch von Bedauern schlich sich in den Blick des Kriegers. „Ich glaube dir. Trotzdem bist du der Nachkomme unseres Feindes. Wir können dich nicht am leben lassen. Wenn Jatu dich in die Finger kriegt und deinen Vater dazu bringt dich zu töten, wird er mächtiger, als wir es uns vorstellen können."

„Nein, bitte! Ich will nicht sterben", flehte Cam den Krieger an, der mit ernster Mine vor ihm stand. Schweigend hob der Mann seinen Arm, in der Hand ein langes Schwert. "Es ist das Beste für alle", sagte Rayn leise und es hörte sich an wie eine Entschuldigung. Mit geweiteten Augen sah Cam dem niedersausenden Schwert entgegen und sein Herz klopfte so stark in seiner Brust, dass es fast zu zerspringen drohte.

„Halt!" Eine gebieterische Stimme brachte Rayn dazu, inne zu halten, das Schwert nur wenige Zentimeter von Cam's Hals entfernt. Ruckartig drehte sich der Krieger zum Zelteingang um und ritzte Cam dabei mit der Schneide leicht in den Hals. Er spürte, wie ein dicker Tropfen Blut an seinem Hals entlang lief, doch das war ihm lieber, als ein rollender Kopf.

Angestrengt versuchte Cam einen Blick an dem großen Krieger vorbei zu werfen und erhaschte einen Blick auf Amun der, begleitet von einigen Schattenreitern und Hunden, in das Zelt eintrat. Rayn verbeugte sich tief und als er sich wieder aufrichtete, begann er zu reden. „Wir müssen ihn umbringen! Seine Existenz bringt das ganze Rudel in Gefahr! Ich kann nicht einen verschonen und dabei tausende in Gefahr bringen. Es ist meine Pflicht als Krieger mein Rudel und die Menschen zu beschützen."

Cam verstand das Motiv des Kriegers, doch er wollte trotzdem nicht sterben. „Und was, wenn wir Jatu vernichten?", schlug er schnell vor und zuckte unter den strengen Blicken des Kriegers zusammen, der sich zu ihm herumgedreht hatte. „Ich stimme dem Vorschlag des Jungen zu", sagte Amun in diesem Moment und Cam atmete erleichtert auf. Ganz im Gegensatz zu Rayn. Der Krieger versteifte sich und sein Blick wurde hart.

„Bei allem Respekt, Amun, es geht um das gesamte Rudel!", warf Rayn ein, doch Amun warf ihm nur einen kurzen Blick zu. „Wir brauchen ihn", sagte er schlichtweg und dann ging alles ganz schnell. Amun gab einer blonden Schattenreiterin und einem schwarzhaarigen Schattenreiter ein Zeichen und der Mann verschwand von der einen auf die andere Sekunde.

Die Frau jedoch, fing an eisblau zu leuchten. Die Strahlen, die von ihr ausgingen, streckten sich auf die Krieger aus und Rayn sank stöhnend auf die Knie. „Was ist mit ihm?", rief ein anderer Krieger, doch auch dieser fiel kurz darauf auf die Knie. „Lia, möchtest du erklären, was du mit ihnen machst?", wandte sich der schwarze Rudelanführer an die blonde Schattenreiterin.

„Ich mache euch zu meinen Soldaten", sagte die Blonde schlicht und ihre ruhige Stimme stand im Gegensatz zu den gequälten Seufzern der Krieger, die ausnahmslos auf dem Boden lagen. „Aber dazu muss ich eure Seelen aus euren Körpern zwingen. Das kann in der Tat ein wenig weh tun." Tatsächlich fing Rayn nun an, bläulich zu schimmern. Und mit seinem nächsten Stöhnen, entwich ein blaues Licht seinem Mund.

Es zuckte und schimmerte in allen Blautönen und ein rothaariger Schattenreiter, der bis gerade unbeteiligt hinter Amun gestanden hatte, trat auf das schwebende Licht zu. Mit einer fließenden Bewegung, holte er einen goldenen Kasten hervor. Schnappend öffnete er die vielen Schnallen an den Seiten der Kiste. Dann nahm er den Deckel ab und in dem Kasten befanden sich einige Glaskugeln.

Eine der Kugeln nahm er in die Hand und langsam näherte er sich der Seele des Hauptmanns. In dem Moment, in dem die Seele die Kugel berührte, fing diese an, bläulich zu schimmern und schloss sich um das kleine Licht, das bis gerade eben eine ganze Person ausgemacht hatte. Rayn lag nun erschlafft auf dem erdigen Boden und rührte sich nicht mehr.

Bis seine Augen auf gingen und das Weiße in ihnen verschwand. Stattdessen waren seine Augen komplett eisblau und langsam erhob er sich. Seine Haut wurde leicht durchsichtig und nahm eine blaue Farbe an. In dieser Situation sollte man zwar keine Witze machen, aber für Cam sah Rayn aus wie ein Schlumpf. Ein tödlicher Schlumpf.

The eyes of the shadows - VerstoßenWhere stories live. Discover now