Kapitel 6

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„Wie geht es jetzt weiter?" „Ich weiß es nicht", beantwortete Z ratlos die Frage, die ihnen wahrscheinlich allen im Kopf herum schwirrte. Schweigend saßen sie nun um das knisternde Feuer, dass Cathán vorhin in Gestalt eines Drachen entzündet hatte. Fröstelnd hielt Cam seine Hände näher an die Flammen und warf einen Blick auf die nassen Kleider, die zum trocknen über einem zweiten Feuer hingen. Allison kuschelte sich zitternd enger an ihn und Soraya schmiegte sich wärmend an ihre Gefährtin. . Jeder wärmte seinen Nebensitzer und das war auch dringend nötig.

Nachdem sie an dem kargen Strand angespült worden waren, hatten sie zitternd nach einem windstillen Ort gesucht, wo sie trocknen könnten. Naima hatte nach einiger Zeit die große Höhle gefunden, in der sie nun alle saßen. Die zuckenden Flammen warfen ungleichmäßige Schatten an die grauen Höhlenwände und die beeindruckenden Steinformationen, die von der Decke hingen, glitzerten im Schein des Feuers.

Die Flammen leuchteten grünlich, da sie Treibholz vom Strand eingesammelt und für das Feuer benutzt hatten

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Die Flammen leuchteten grünlich, da sie Treibholz vom Strand eingesammelt und für das Feuer benutzt hatten. Der Rauch waberte in Richtung Höhlendecke und hing dort wie eine graue Wolke zwischen den Tropfsteinen. Vom Höhleneingang her, hörte man das Rauschen der am Strand brechenden Wellen, doch sehen konnte man nichts, da es stockfinster draußen war.

Und mit einem Mal brach um sie die Hölle los. Cam schlug mehrere Male etwas ledriges gegen das Gesicht und er hob schützend die Arme davor. Erstickt hallten ihre Schreie durch die Höhle, gemischt mit einem penetranten Zwitschern. Wenige Sekunden später war der Spuk vorbei und Cam sah sich verwirrt um. Einige Nachzügler flatterten im Schein des Feuers aus der Höhle und er atmete auf. Es waren nur ein Schwarm Fledermäuse gewesen.

Cam warf einige Blicke in die Runde, bis sie schließlich alle in Gelächter ausbrachen. Es tat unheimlich gut, so unbeschwert zusammen zu sitzen und wenn es nur für wenige Minuten andauern würde. Er spürte, wie Allison's Brustkorb unter ihrem Lachen leicht vibrierte und er schlang einen Arm eng um sie. „Werden wir hier heute schlafen?", flüsterte Allison an ihn gewandt und ihre grünen Augen hatten einen fragenden Ausdruck angenommen.

Sanft strich er ihr über ihre Haare, die genug Salzwasser aufgenommen hatten, um immer noch in feuchten Strähnen ihr Gesicht zu umrahmen. Sie sah so wunderschön aus, mit dem vom Feuerschein erhellten Gesicht, dass er nicht einmal wagte zu blinzeln, damit er sie so lange wie möglich ansehen konnte. Verwirrt lächelte sie ihn an. „Cam? Was ist denn?" „Du bist so schön." Verlegen richtete sie ihre Augen auf die Flammen, die sich daraufhin in ihren grünen Augen spiegelten.

„Und ja, ich denke, wir werden hier wohl oder übel schlafen müssen. Aber ich habe eine Idee", beantwortete er leise ihre eigentliche Frage. Ihren fragenden Gesichtsausdruck ignorierend, stand er unbeholfen auf. Seine Beine kribbelten unangenehm, als das Blut langsam wieder bis in seine Zehen strömte. Doch dieses Kribbeln ersetzte er nun durch das, das seine Verwandlung ankündigte. Die Gestalt vor Augen, in die er sich verwandeln wollte, lächelte er in sich hinein.

Das leichte Ziehen seiner sich verschiebenden Knochen ignorierend, fiel er schwerfällig einige Sekunden später auf alle Viere. Er spürte, wie einiges an seinem, nun massigen, Körper wackelte, als er auf allen Vieren landete. Die Wärme seines dicken, zotteligen Fells genießend, legte er sich vorsichtig an seinen Platz zurück, auch wenn er nun deutlich mehr Platz benötigte.

„Perfekt", rief Ally erleichtert aus und ließ sich ohne zu zögern auf ihn fallen. Grummelnd legte er seine großen Tatzen vorsichtig auf ihren Rücken. Sie war nun fast vollständig durch sein Fell von der Kälte der Höhle geschützt und Cam schloss zufrieden seine Augen. In Gestalt eines Braunbären die Nacht zu verbringen, hätte er sich vor einigen Wochen nicht einmal in seinen Träumen vorgestellt.

Allison's POV

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Allison's POV

Sie dankte Cam für seinen Einfall, indem sie gedankenverloren sein Kinn kraulte. Er brummte zufrieden, was seinen Bauch vibrieren ließ. „Was ist mit Naima und Sienna? Sie frieren doch bestimmt auch", murmelte sie in sein dichtes Fell. Er richtete seine braunen Augen auf sie und sie konnte sehen, wie er überlegte. Z war mittlerweile auf Ash eingeschlafen, da er zuvor mehrere Male frisches Holz in die Höhle geschleppt hatte und dementsprechend müde war.

Da stand auch Cathán auf. Und noch während er sich erhob, konnte man die Veränderungen an ihm sehen. Seine ohnehin schon großen Tatzen wuchsen auf enorme Größe an. Sein Fell wurde länger und dichter und er legte deutlich an Masse zu. Grunzend ließ sich der riesige Eisbär wieder fallen und bedeutete mit einer seiner Pranken, dass Naima und Sienna zu ihm kommen sollen. Dankbar erhoben sich die beiden und kuschelten sich gegen den Bauch des Eisbären. Mika und Klara legten sich jeweils über die Beine der beiden und so schliefen sie bald, halb sitzend an Cathán geschmiegt ein.

Soraya legte sich an Catháns Kopf und bettete ihren Kopf auf seiner Schulter. Es war ein harmonisches Bild und auch Allison merkte, wie ihre Lider langsam schwerer wurden. Wie auf's Stichwort erschien diese kleine, nervende Sylphe. „Und ich?", ätzte sie beleidigt, worauf Cam nur mit einem genervten Blick reagierte. Mit einer Tatze, deutete er auf seinen Kopf. Seufzend flog das kleine Wesen auf den breiten Kopf zu und ließ sich an einem der flauschigen Ohren nieder. Sie versank bis zur Brust im Fell und lehnte sich bequem an Cam's Ohr.

Kurz darauf konnte man ihr leises, hohes Schnarchen hören. Sie waren alle wirklich erschöpft von den vergangenen Ereignissen. Das Adrenalin war aufgebraucht und ihre Körper mussten sich nun von der Überanstrengung erholen. Diese Erholung wollte sie ihrem Körper nur allzu gerne gönnen und schloss ihre brennenden Augen. „Ich liebe dich", flüsterte sie noch in sein Fell, worauf er mit einem zufriedenen Grummeln reagierte.

Cam's POV

Trotz der schockierenden Ereignisse der letzten Stunden, war Cam über den jetzigen Augenblick glücklich. Er hatte seine Freunde um sich und seine Gefährtin war sicher und hatte es warm. Noch ein mal blickte er durch die Höhle. Das Feuerholz knackte und Funken stoben gen der Decke. Wie eine rote Schneeflocke, deren Fall man zurückspulte, stieg der glimmende Punkt immer höher. Doch bevor er die Decke erreichen konnte, erlosch er urplötzlich. Noch viele rote Funken folgten ihm, doch keiner schaffte es bis an die Tropfsteine. 

Cam beobachtete noch unzählige dieser Funken, bis auch seine Atemzüge weniger wurden und er seinen schweren Lidern schließlich erlaubte, seinen müden Augen Erholung zu gönnen. Das Gewicht seiner Gefährtin ließ ihn ruhig schlafen, da er in dem Wissen war, dass sie sicher war. Traumlos glitt sein Bewusstsein wie durch einen Tunnel durch die Nacht.

Geweckt wurde er am nächsten Morgen durch laute Rufe und das fehlende Gewicht auf seinem Bauch ließ ihn hochschrecken. Verwirrt sah er sich um und zu seinem Entsetzen war die Höhle leer. Das Feuer bestand nur noch aus einem grauschwarzen Aschenhaufen und einigen angekokelten Holzresten. „Cam!", schrie Allison und ihre Rufe hallten noch durch die Höhle, als Cam schon längst hinaus gestürzt war, um heraus zu finden, was geschehen war.


The eyes of the shadows - VerstoßenWhere stories live. Discover now