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Gespräche mit Niall


Drinnen in der Wohnung schmeiße ich den Schlüssel auf die Kommode und kicke mir die Schuhe unachtsam von den Füßen. Mit hängenden Schultern trotte ich ins Wohnzimmer und lasse mich einfach auf das Sofa fallen. In meiner Brust ist mein Herz ein schmerzender Klumpen und in meinen Augen sammeln sich Tränen.

Ich vergrabe mein Gesicht im Kissen, was natürlich nach Zayn riecht, und halte die Luft an bis ich glaube, zu ersticken. Er ist einfach abgehauen! Ich schluchze laut auf und schnappe nach Luft. Das Kissen pfeffere ich einfach weg und haue dann mit der Faust in das Sofapolster. Natürlich treffe ich eine der Federn und jaule vor Schmerz auf. Der Schmerz in meiner Hand ist aber nicht zu vergleichen mit dem in meiner Brust.

Ich setze mich auf und wische mir mehrmals über das Gesicht. Schließlich gehe ich ins Schlafzimmer und ziehe den dicken Pullover an, den Zayn auch immer getragen hat. Danach versuche ich ihn anzurufen, aber natürlich nimmt er nicht ab.

Irgendwann halte ich es alleine nicht mehr aus und ich ziehe mich warm an, nehme Schlüssel, Handy und Portemonnaie und verlasse die Wohnung. Ich gehe zur nächsten U-Bahn-Station und fahre zwei Stationen, bevor ich wieder aus der Bahn aussteige. Noch knappe fünf Minuten Fußweg und ich stehe vor Nialls Haustür.

Ich klingele und werfe mich dann an die schwere Eingangstür, als das Summen ertönt. Langsam nehme ich die drei Treppen hoch zu Nialls Wohnung. Er steht schon in der Tür, in Jogginghose und T-Shirt, das Handy am Ohr.

„Es ist Liam. Ich ruf dich später wieder an, Ed!", er legt auf und steckt das Handy in die tiefen Taschen seiner Hose, „Li, was ist los? Du siehst furchtbar aus!"

Ich gehe die letzten Treppenstufen und falle ihm dann einfach in die Arme. Wir straucheln ein bisschen, weil ich größer bin als er, aber er schlingt trotzdem sofort seine Arme um mich und hält mich fest.

„Er ist gegangen, Ni. Einfach weg!", antworte ich und da sind schon wieder Tränen in meinen Augen. Dieses Mal lasse ich sie laufen.

„Komm, wir gehen rein!", sagt er leise und löst die Umarmung, zieht mich in seine kleine Wohnung. Er nimmt mir die Jacke ab und ich ziehe mir noch meine Schuhe aus, bevor ich ihm in seine gemütliche Küche folge.

„Setz dich hin, ich mach dir einen Tee!", sagt er und nimmt schon den Wasserkocher in die Hand, „Oder willst du lieber 'nen Schnaps haben?"

Ich schüttele mit dem Kopf: „Tee ist gut."

Also kocht Niall eine Kanne Tee auf und wir schweigen. Nach ein paar Minuten gießt er mir eine Tasse Tee ein und gibt sogar noch einen kleinen Schuss klaren Schnaps, den er im Kühlschrank hat, dazu. Mir ist es egal.

„Danke!", sage ich nur und lege meine kalten Finger vorsichtig um die warme Tasse.

„Was ist passiert?", fragt Niall schließlich, nachdem ich ein paar kleine Schlucke genommen habe.

„Er ist abgehauen!", krächze ich und in meinem Hals ist ein Kloß. Vergeblich versuche ich ihn herunterzuschlucken.

„Aber warum denn?"

„Wir haben uns furchtbar gestritten und dann ist er weg!" Ich blinzele die erneut aufkommenden Tränen weg und nehme noch einen Schluck von meinem Tee.

„Ach Li!", Niall legt seine Hand auf meinen Unterarm, „Warum habt ihr euch gestritten?"

Ich schaue auf und dann sprudelt es regelrecht aus mir heraus: „Ich musste heute ins Büro und mir Fotos von so 'nem Drogendeal angucken. Waren von schlechter Qualität und man sieht die Leute nur von hinten, also gar nichts vom Gesicht und so, aber ich habe Zayn trotzdem erkannt. Aber ich habe gelogen, ich habe gesagt, kenne ich nicht. Und Zuhause habe ich ihn gefragt, wo er war. Er hat sein Geld abgeholt von dem Deal. Aber er hatte mir versprochen, damit aufzuhören und er hat mich wieder mal angelogen! Wir haben uns gestritten... er meinte, er hätte nicht um meine Hilfe gebeten und er braucht sie eh nicht, weil es sein Leben ist und er nicht abhängig sein will. Und dann ist er einfach gegangen!"

Addiction to youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt