> Kapitel 9 <

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Ich hatte den klaren Sternenhimmel über mir nicht erwartet, als ich meine Augen aufschlug. Ich lag flach auf dem Boden und berührte mit meiner Hand die kalte Erde unter mir. Wie gebannt blickte ich zwischen den Baumkronen hinauf in den Himmel und beobachtete die Sterne. Es schien fast als kämen sie immer näher zu mir. Als wollten sie mich berühren. Als ich meinen Arm hoch strecke und versuchte einen Stern zu fangen, veränderte sich das Bild. Die Sterne verschwanden und ließen nichts zurück außer einer schwarzen leblosen Landschaft. Ich stand auf und drehte mich mehrmals um etwas erkennen zu können. Wo war der Wald hin? Ich stand auf einer Wiese und egal wohin ich schaute, weit und breit gab es nichts. Ich kniete mich auf den Boden und vergrub mein Gesicht in den Händen. Was war nur los? Wo war ich hier gelandet? ,,Habe keine Angst!", ertönte eine hohe Stimme und ich blickte hinauf. Vor mir stand ich selbst, nur etwas älter. Doch egal wie sehr sie grinste, ihre leblosen Augen beunruhigten mich. ,,Keine Angst!", wiederholte sie und strich mir eine meiner Haarsträhnen aus dem Gesicht. ,,Mama?", fragte ich leise und als ich ihr nicken sah, kullerten mir die Tränen von der Wange. ,,Es tut mir so leid!", schrie ich und umarmte sie. Ich wusste, dass sie nicht mehr lebte, aber als ich sie berühren konnte überkamen mich alle Gefühle. Sie erwiderte die Umarmung und zwang mich dann ihr in die Augen zu schauen. ,,Du brauchst dich nicht entschuldigen!" Ich dachte an die Akte im Krankenhaus. Ich war schuld an ihrem Tot! Der Fremde hatte sie getötet, weil ich in ihrem Bauch war. Er wollte mich. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, schüttelte sie den Kopf, wobei ihre Haare sanft ihren Bewegungen folgten. ,,Wie ist es möglich das du hier bist?", fragte ich und nahm ihre Hand. Sie lächelte schwach:,, Liebes, ich gehöre hier her. Du bist es die nicht hier sein sollte!" Ich verstand kein Wort. Wo war ich denn? ,,Du wirst wieder gesund, hab keine Angst!", ,,Bin ich den krank?", fragte ich daraufhin und blickte an mir runter. Ich fühlte mich nicht krank. Ich fühlte mich ausnahmsweise mal vollkommen normal. Als wäre das alles nie passiert, als wäre ich es gewohnt Zeit mit meiner leiblichen Mutter zu verbringen. Als ich wieder hoch blickte, war meine Mutter verschwunden. Mich überkam sofort Panik. Ich wollte sie nicht nochmal verlieren. ,,Mama? Mama? Maaaaama?", schrie ich laut, doch sie war nicht mehr da. Ein lautes Krähen schallte durch den Himmel und ich schreckte zusammen. Der große majestätische Vogel sah mir mit direkt in die Augen. Plötzlich setzte er zum Tiefflug an und kam direkt auf mich zu. Ich duckte mich und drehte mich in die Richtung in die das Tier flog und erstarrte als mir ein kalter Atem ins Gesicht stach. Ich war nur wenige Zentimeter von einer riesigen Wolfsschnauze entfernt. Wieso hatte ich sie nicht gehört? Sie stand direkt hinter mir, das hätte ich doch mitkriegen sollen. Es war meine schneeweiße Wölfin. Ich glaubte in ihren Augen ein Meer zu erkennen, in dem die Wellen langsam auf und ab glitten. Ich fing abrupt an zu zittern und bewegte mich nicht mehr. Doch dann erinnerte ich mich an die Worte meiner Mutter. ,,Habe keine Angst!" Ich musste mich zusammen reißen! Ich schloss meine Augen und streckte der Wölfin meine Hand entgegen. Sie knurrte und der Geifer tropfte aus ihrem Maul. Doch das hinderte mich nicht daran sie zu berühren. Augenblicklich verstummten die Geräusche und ein leises Winseln ertönte. Als ich meine Augen öffnete saß vor mir nicht mehr dieser riesige Wolf, sondern ein kleiner Welpe. ,,Du hast den Wolf in dir gebändigt! Du bist geheilt!", ertönte wieder die Stimme meiner Mutter. ..Du bist geheilt..." Ich sah in den Himmel und ein einzelner Regentropfen landete in meinem Gesicht, dann schloss ich meine Augen...

Es war mitten in der Nacht als ich schweißgebadet aufwachte und mich blinzelnd umsah. Wo war ich? Meine Glieder schmerzten als hätte ich sie Wochen lang nicht bewegt. Ich spürte einen leichten Schmerz an meinem Bauch und blickte hinunter. Ich hatte einen Verband um und ich zog ihn auf die Seite. Als ich die Kompresse abziehen wollte, zuckte ich zusammen. Es brannte fürchterlich. Mit einem Ruck war auch diese entfernt und ich fuhr über die unebene Stelle wo die Kruste sich befand. Die Wunde sah aus wie eine Mondsichel und würde sicherlich eine Narbe geben. Ich schwang mich aus dem Bett. Doch sofort gaben meine Beine unter mir nach und ich landete unbeholfen auf dem Boden. Meine Wunde machte sofort auf sich bemerkbar und ich verzog schmerzvoll das Gesicht. Ich schluckte den Schrei, welcher fast über meine Lippen gegangen war, runter und zog mich an dem Bettgestell zurück aufs Bett. Wieso hatte ich keine Kraft mehr? Ich fühlte mich müde und schlapp und wollte am liebsten einfach weiter schlafen. Aber das ging nicht. Irgendetwas hinderte mich daran, einfach wieder eingemummelt ins Bett zu liegen und wieder in meine kleine Traumwelt zu entgleiten. Ich wusste, dass ich mich in Nic's Zimmer befand, das hatte ich an dem Geruch und seinen modernen Möbeln erkannt, doch er war nirgendswo zu sehen. Ich atmete ein und aus und erhob mich ein zweites Mal. Einen weiteren Versuch war es wert. Das Zimmer roch so als wäre es eine halbe Ewigkeit nicht mehr gelüftet worden. Ich brauchte frische Luft! Ich zog mich an den Möbeln zu dem großen Fenster und öffnete es. Als der kalte Wind um mein Gesicht strich, schloss ich meine Augen. Was für ein entspannendes Gefühl! Ich wusste das Nic der letzte wäre, der etwas dagegen hätte wenn ich mir etwas von seinen Klamotten leihen würde, also taumelte ich zu dem großen Schrank mit den weißen Glastüren und öffnete ihn. Zu meinem Glück hatte er einen Ordnungsfimmel und alles schön sortiert. Ich schnappte mir eine schwarze Jogginghose und ein graues T-shirt. Danach lief ich zur Türe und öffnete sie leise. Mein Gefühl sagte mir, das alle schliefen. Und ich hatte nicht vor sie zu wecken. Ich wollte einfach nur noch nach Hause. Ich lief so leise es ging barfuß durch den Flur und tapste dann die Treppen hinunter. Es war stockfinster und ich tastete mich an der Wand entlang. Mein Hals war so trocken, das ich meinen Kopf unter den Wasserhahn schwang und erst einmal ein paar Schlucke trank. Ich hätte mir auch ein Glas nehmen können, aber das wäre mir in diesem Moment zu lange gegangen. Plötzlich hörte ich ein leises Schnarchen und spähte ins Wohnzimmer. Nic! Er lag Oberkörperfrei auf der Couch. Ein dünner Teppich lag über seiner Hüfte und er hatte einen Arm hinter seinen Kopf. Der Arme. Ich lag oben in seinem Bett und er musste im Gegenzug auf der Couch schlafen. Wieso hatten sie mich nicht dorthin gelegt, dann hätte Nic in seinem gewohnten Bett schlafen können! Ich drückte leise die Türklinke runter und schlich mich aus dem Haus. Ich wollte in meine eigenen vier Wände! Ich sah mich nach dem vertrauten mattschwarz meines Audis um, doch konnte ihn nirgends entdecken. Wo war mein Auto? Wie war ich hergekommen? Ich setzte mich enttäuscht auf den Boden und dachte nach. Was war passiert? Egal wie sehr ich versuchte mich zu erinnern, ich kam einfach nicht drauf. Ich entschloss mich wieder zurück in die Villa zu gehen. Doch als die Tür sich nicht rührte, hätte ich mir selbst auf die Stirn schlagen können. Ich Idiot hatte keinen Schlüssel und es war abgeschlossen! Das Alles konnte doch nur besser werden. Ich hatte nun die Wahl zwischen dem klingeln und alle aus dem Bett rütteln oder zu warten bis es hell werden und jemand aufwachen würde. Ich entschied mich für das Zweite und lehnte mich an die Wand.

&gt; Bloodline &lt; a werwolf storyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt