Chapter 19

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Ich ging die Straßen New Yorks entlang, Tony Starks Stimme im Ohr. Ich konnte wieder klarer denken, seit ich wieder im Dienst war, auch wenn ich nicht bei den anderen war. Ich war schon immer Einzelgänger gewesen, deswegen fiel mir es auch nicht allzu schwer, allein Bodenteam zu spielen.

"Siehst du nichts? Auffällig, unauffällig, irgendwas?"

"Nein Tony. Nur Menschen, Taxen und Busse. Vereinzelt Bahnen, aber sonst nichts."

Er seufzte hörbar während mein Kopf von links nach rechts schwang und wieder zurück, meine Augen musterten die gelben Taxen, die wohl für sich selbst eins der New Yorker Wahrzeichen sahen, doch mir fiel einfach nichts auf.

"Was hat Loki nur vor? Worauf wartet er? Und vor allem: Was will er?"

Ich zuckte mit den Schultern und erwiderte fast scherzhaft: "Weltherrschaft und so. Wie in den Filmen. Also jemanden ohne Superheldenfunktion wie mich schon mal nicht."

Doch Tony nahm das anders auf.

"Das würde ich so nicht sagen, er hatte dich schon einmal als Geisel. Du musst ja irgendeine Funktion für ihn haben, er hätte sich genauso gut Clint schnappen können."

Im Kopf ging ich diese Worte durch und sie Klängen plausibel für mich. Trotzdem war es so Kontrovers, weil ich mich für eins der schlechteren Teammitglieder hielt.

"Was? Tony, ich bin kein Superheld, vergessen? Du redest hier mit Sina Flynn, das normale Mädchen, das mal an Bord war. Naja, was heißt normal, die lilanen Haare sind es schon mal nicht!" antwortete ich ihm lachend und bog in eine weitere Straße ein. Die Menschen um mich herum hatten Grimassen auf den Gesichtern, alle gestresst von der Arbeit, keiner würdigte mich eines Blickes.

"Schon klar."

Er rang sich zu einem kurzen Lachen ab, doch ich hörte genau, dass es nicht echt war. Ich ritt jedoch nicht weiter darauf rum und wartete ab, ob von ihm noch was kam. Er schwieg eine ganze Weile und es wurde richtig unangenehm, ich seufzte mehrmals, hoffte, dass er darauf einging und das Schweigen brach, doch er antwortete kein einziges Mal. Das machte mich wirklich verrückt.

"Wo bist du grade?" fragte er dann endlich nach einer halben Ewigkeit. Ich war inzwischen schon drei Blocks weiter und sah vor mir schon die vielen Bildschirme, Touristen überall. Ich sah Japaner, und viele Europäer, die ich mehr an der Sprache erkannte als am Aussehen. Ich hörte Bruchstücke Deutsch, einige Franzosen, ein paar Spanier. Das übliche halt. Einer der Bildschirme zeigte gerade Werbung für James Cordons Late Late Show, als ich daran vorbei lief.

"Times Square."

"Und? Irgendwas?"

"Touristen, viel zu viele Menschen. Es ist unglaublich unübersichtlich und mit meiner Größe kann ich nicht wirklich über die Menschenmasse hinwegsehen."

Ich schaute mich um. Meine Sinne schärften sich und alle Menschen, die nichts mit Loki zu tun hatten, verschwanden aus meiner Sichtfläche. Nun hatte ich einen leeren Times Square vor mir. Verwirrt drehte ich mich ein paar Mal im Kreis, spürte die Körper, die ich anrempelte, aber nicht sehen konnte. Tonys Stimme in meinem Ohr hörte sich an, als wäre sie meilenweit weg, als wäre ich unter Wasser, so gedämpft war sie.

"Nichts." brachte ich nach einigen Sekunden raus und schluckte, als ich wieder zurück in die Realität kam und Tonys lautes Denken unterbrach.

"Bitte was?" fragte dieser verwirrt, seine Stimme unsicher.

"Hier ist nichts. Er ist nicht hier."

Meine Stimme wurde wieder fester und das komische Gefühl verließ komplett meinen Körper so schnell wie es mich eben überkommen hatte.

"Ganz sicher?"

Seine Verwirrung war immer noch groß und ich hörte, wie er etwas zu einer anderen Person murmelte.

"Tony, ich bin mehr als nur sicher. Ich... Ich hatte grade sowas komisches... Keine Ahnung wie ich das Beschreiben soll ohne komplett verrückt zu klingen."

"Sina, erzähl!"

Jetzt war Tony komplett aufgeregt und drängte mich dazu zu erzählen.

"Es war, als würden alle guten Menschen von meiner Bildfläche verschwinden, und nur die, die mit Loki zu tun haben, bleiben mir sichtbar - wenn ich mich nur genau drauf konzentriere. Ich weiß, das klingt komplett verrückt—" versuchte ich es runter zu spielen und mich etwas zu rechtfertigen, doch er unterbrach mich.

"Du bist wirklich eine von uns. Du bist ein Superheld."

Er klatschte vor Freude in die Hände - vielleicht klatschte er aber auch mit einem der anderen auf ein High-Five ein. Ich hingegen lachte auf, es war ein verzweifeltes Lachen.

"Erzähl keinen Mist. Keiner meiner Eltern war oder ist ein Superheld. Das kann einfach nicht sein."

"Dafür müssen deine Eltern keine Superhelden sein. Du wirst damit geboren oder eben nicht. Das ist wie wenn du als Mutant geboren wirst. Es ist eine Gabe, es ist in deinen Genen. Vielleicht zählst du sogar zu den Mutanten."

Jetzt war ich überwältigt. Konnte es wirklich möglich sein, dass ich ein Superheld war?

Ordinary Girl [Hawkeye ff] (wird aktuell Überarbeitet ✌)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt