7. Lola

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-Lola Espinosa Peréz

Ich mache mir große Sorgen. Marta hat verzweifelt herumgeschrien, bis sie sich ihre Schuhe geschnappt hat und nach draußen gerannt ist. Ja, ich habe durch den Türspalt gelinst, auch wenn ich es nicht darf. Papa sah unglaublich entsetzt aus, hat ihr zuerst hinterher geschrien und ist dann, nachdem er sich angezogen hatte, hinter ihr her gerannt. Niemand hat sich zu mir umgedreht und ich war ganz still. Meine nackten Zehen haben sich in den weichen Teppichboden gekrallt, wie meine Finger um den heißen Kakao. Ich war schon groß, konnte schon allein bleiben. Macht euch bitte keine Sorgen um mich.

Ich habe sorgfältig die Haustür geschlossen, mich an den Küchentisch gesetzt und gemalt. Ein Einhorn, das stolz durch den Wald galoppiert, mit einer Mähne in klarem Blau, die bis zum Boden reichte. Auf dessen Rücken saß Marta, man konnte sie gut an den langen orangen Locken erkennen. Marta hasst es wenn man ihre Haare als „rot" bezeichnet, denn der Farbton ihres Haares ist eindeutig nicht so rot, wie Blut, gemalte Herzen oder Erdbeeren und Wassermelone. Nein, es ist orange.

Marta ist hübsch. Sie hat dunkelgrüne Augen, die im Sommer heller werden, und immer ganz klar sehen, als ob sie in das Innere von jedem Wesen sehen könnte. Direkt ins Herz. Außerdem hat sie unglaublich lange, orange Locken, die sie aber oft hochbindet und trägt meistens unauffällige Kleidung in natürlichen Farben. Zuhause hat sie eine dicke, braune Brille, aber in der Schule trägt sie immer Kontaktlinsen. Marta trinkt immer Tee, am liebsten türkischen Apfel und kann viel besser zeichnen als ich. Meistens versteckt sie sich hinter dicken Büchern, von denen ich nicht mal den Titel verstehe.

Mein Lieblingsbuch ist „Bryony", es geht um eine Fee, die heimlich die Menschenwelt erkundet und die es schafft, die Feen von der tödlichen Schlafkrankheit zu befreien. Marta hatte es mir schon vor einigen Jahren das erste Mal vorgelesen, aber mittlerweile lese ich es immer wieder selbst. Und Harry Potter gefällt mir auch sehr.

Am Wochenende steht Marta immer eher als Papá und ich auf und macht uns Frühstück. Manchmal gibt es sogar Rührei oder Eierkuchen! Sie ist sehr schüchtern und verträumt, aber mir gegenüber ist sie immer sehr aufgeschlossen, ich bin sogar der festen Überzeugung, dass ich ihre tiefsten Geheimnisse kenne!

Ich wartete lange auf Papá.

Später, als es schon fast dunkel wurde, kam Frau Schulze, unsere Nachbarin, die selbst zwei kleine Kinder hat, zu mir. Sie möchte mit mir reden, und ich biete ihr einen Kakao an, den sie aber ablehnt. Sie sagte, dass Papá Marta gefunden hat, dass es beiden gut geht, sie aber heute erst spät nachhause kommen würden. So richtig konnte ich ihr das allerdings nicht abkaufen. Ich sollte mit zu ihr kommen, und da sie schon früher, als ich klein war, oft auf mich aufgepasst hat, ging ich mit. Es sah sehr modern aus, in ihrem Haus, aber es war nicht so aufgeräumt wie bei uns. Es gab zum Abendessen Spaghetti Bolognese, mein Lieblingsessen und dann spielte ich noch ein bisschen mit den beiden Kleinen. Max und Franziska sind beide 4 Jahre alt, denn sie sind Zwillinge, obwohl sie sehr unterschiedlich aussehen.

Nachdem Frau Schulze mir gezeigt hat, wo ihr Schlafzimmer ist, wo ich hingehen soll, wenn es mir nicht gut geht, durfte ich ganz allein im Gästezimmer schlafen. Es fühlte sich etwas seltsam an in einem fremden Haus ohne meine Familie zu schlafen, außerdem machte ich mir langsam wirkliche Sorgen um Marta und Papá. Ich wusste nicht, was sie vorhin so schlimmes beredet hatten, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie einfach aus Spaß nicht mehr nachhause kamen.

Ich schlich auf Zehenspitzen zu dem kleinen Giebelfenster und setze mich auf die gemütliche Polsterbank davor und sah zu unserem Haus hinüber. Es wurde von einer schwachen Straßenlaterne angeleuchtet und sah irgendwie verlassen aus.

Der Rosenstrauch neben der Tür machte mir Angst. Im Sommer sind die Rosen daran so rot, dass ich mir fast sicher bin, dass eine böse Hexe sie mit Blut gießt. Kinderblut? Im Winter bewegt sie die Äste des Strauchs durch ihre Gedanken und benutzt die Dornen um kleine Spinnen aufzuspießen. Mich hat sie auch mal aufgespießt, zumindest meinen Finger. War es mein Blut, das die Rosen so rot gefärbt hat?

Of Foxes and FailureWo Geschichten leben. Entdecke jetzt