XII

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"Alles Gute zum Geburtstag!" Die Stimmen meiner Eltern rissen mich aus dem Schlaf. Müde blinzelte ich in das Licht. "Alles Gute, Schatz.", sagte Mama und gab mir einen Kuss auf die Wange. Papa reichte mir ein kleines Päckchen. "Für meine Kleine." Schnell öffnete ich das Geschenk und erblickte zwei super süße Ohrringe. Als ich genauer hin sah, erkannte ich, das auf den Ohrringen dasselbe Bild drauf war, wie in dem Medaillon, das mir Mama geschenkt hatte. Gerührt sah ich auf die fröhlichen Gesichter. Es tat gut das Bild anzusehen. Wir vier sahen zusammen so glücklich aus. Ein eisiger Kloß drückte in meinem Bauch. Ich wollte unbedingt diesen Kloß loswerden und meinen Eltern erzählen, was in der Schule passieren ist. Doch meine Eltern verließen das Zimmer, also zog ich mich fertig an. Als ich die Treppe hinunter kam, sah ich wie auf dem Wohnzimmertisch schon Mamas und mein selbst gebackener Kuchen stand. Nachdem wir zusammen den Kuchen gegessen hatten, nahm ich widerwillig meine Schultasche vom Stuhl. Bevor ich aus der Tür trat, umarmte mich Mama noch einmal. "Hab dich lieb, Schatz." "Ich dich auch, Mama. " Sie schaute mir kurz noch nach. "Dann bis vier." Dann machten ich mich auf den Weg zur Schule. Scheiße, Schule! Das bedeutete Jack. Absichtlich lief ich langsamer. Als ich dann in die Schulstraße einbog, ging ich nur noch mit gesenktem Kopf. Plötzlich packte mich von rechts eine Hand und zog mich in eine der kleinen Seitengassen. "Wo willst du hin?" JACK! Erschrocken drehte ich mich um. Er grinste mich an. "Was meinst du?" Meine stimme war brüchig. "Ein paar Kumpels von mir und ich schwänzen und machen dafür ne Party. So ist die Zeit doch viel besser genutzt." Unsicher, weil ich Angst vor der Antwort hatte, fragte ich: "Und was willst... uh was soll... ich?" "Du kommst natürlich mit, Baby!" Er sah mich mit so einem drohenden Blick an, dass ich mich nicht traute ihm zu wieder sprechen. Zufrieden nickte Jack und zog mich dann mit sich. "Wo.. wohin gehen wir?", traute ich mich zu fragen. "Nach Hause. Zur Party." "Zu...dir?" "Klar.", grinste er mich an. Ich zwang mich zu einer weiteren Frage. "Und deine Eltern?" "Weg. Arbeiten." Er sah mich wieder auf diese eklige Weise an. "Wir haben sturmfrei und können machen was wir wollen." Wir liefen ungefähr eine halbe Stunde. Während ich die Pflastersteine der Straße betrachtete, versank ich in Selbstmitleid. Ich schämte mich dafür, aber die Gedanken an Lucky und was vielleicht gleich wieder mit Jack passieren würde, ließen mir aber keine andere Wahl. Abrupt hielt Jack an und ich musste aufpassen nicht in ihn hinein zu laufen. Wir standen vor einem großen Haus. Jack zog einen Schlüssel aus der Tasche und schloss die Tür auf. Als sie auf schwang drang Lärmen, Gergrölle und laute Musik an mein Ohr. Wir traten ein, als ich in ein geräumiges Wohnzimmer kam, erschrak ich, denn jetzt lagen schon überall leere Packungen, Flaschen und sonstiger Müll herum. In der Mitte des Raumes standen ungefähr sechs oder sieben Jungen. Zwei davon hatten jeweils ein Mädchen im Arm. Alle waren so groß, wie Jack. Das heißt zwei Köpfe größer als ich. Ein Blick des Einen ruhte auf mir. "Hey, Jack!" Die Jungs begrüßten sich. So unauffällig, wie möglich versuchte ich mich im Flur zu verstecken. "Und wer ist deine kleine heiße Freundin?" Jack zog mich in den Kreis und nahm mich in den Arm. "Das ist Amanda." Er beugte sich zu mir herunter und gab mir einen Kuss. Ich ließ es geschehen, denn sein Griff um meine Hüfte war so eng, dass ich kaum noch Luft bekam. Die Jungs jolten. Nachdem Jack sich wieder von mir gelöst hatte, wurde die Musik lauter gestellt und 'Stimmung' kam auf. Langsam schlich ich zu dem Sofa und versuchte so unsichtbar, wie möglich zu sein. Doch als nach fünf Minuten ein Kumpel von Jack, sein Name war Finn, das hatte ich mitbekommen, als Jack und er sich begrüßt haben, zur Toilette ging, sah er mich und setzte sich zu mir. Finn sah mich kurz an " Du bist zu ernst. Werd mal ein wenig locker." Dabei griff er nach etwas, auf dem Boden liegenden. Er reichte mir eine volle Wodka - Flasche. "Komm, trink." Finn sah mich drängend an. Zuvor hatte ich noch nie Alkohol getrunken, außer einem Orangen- Sekt der zu 1/3 aus Sekt bestand. Jetzt würde ich auch nicht damit anfangen. Doch Finns stechender Blick ruhte immernoch auf mir. "Jack!", rief er und winkte ihn zu uns. "Wassis?", lallte er. Anscheinend hatte er schon einiges getrunken. Jack ließ sich schwerfällig neben mich auf das Sofa fallen. "Deine Freundin ist ein bisschen verklemmt, was das trinken angeht.", sagte Finn. Jack, der rechts von mir saß, legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. "Komm son, Satzz." Dann umschloss er mein Handgelenk mit seinen Fingern und hob es, samt der Flasche, an meine Lippen. Der Druck gegen meine Lippen schmerzte. Die Flüssigkeit lief mir in den Mund. Der Geschmack war Würgreiz erregend, dann musste ich schlucken. Sobald das Getränk in meinem Magen ankam, wollte es zugleich wieder nach oben. Jack hörte nicht auf, mich trinken zu lassen. Verzweifelt versuchte ich mich zu wehren, aber es hatte keinen Sinn, denn auch Finn hielt mich von links fest. Mir war total übel, es fühlte sich an, als würde mein Magen sich umstülpen und dann noch diese furchtbaren Kopfschmerzen. Endlich kam nichts mehr. Ich rang nach Luft. Langsam stand ich auf. Alles um mich herum schwankte. Irgendwie stolperte ich in Richtung Treppe, ich wollte jetzt an einen ruhigen Ort, denn mein Kopf dröhnte. Doch schon nach dem ersten Schritt auf der Treppe fiel ich hin. Ich schaffte es nicht mehr aufzustehen. Ich lag einfach nur auf dem Boden. Um mich herum wurde alles schwarz. Ich merkte nur noch in Trance, wie ich mich übergab, bevor ich bewusstlos wurde.

Wie sage ich "Auf Wiedersehen"?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt