Als ich im Krankenhaus aufwachte blickte mich der Arzt traurig an. "Yume, es tut mir leid es dir...", ich unterbrach ihn, "Sie müssen es mir nicht sagen. Ich...Ich weiß, dass meine Eltern tot sind." Er schaute mir traurig in die Augen und reichte mir seine Hand. "Es tut mir leid. Wenn ich etwas für dich tun kann, sag Bescheid." Ich nahm seine Hand und drückte sie kurz. "Es...ist ok. Ich komme schon irgendwie zurecht." Der Arzt nickte und verschwand aus dem Raum. Ich wartete, stand auf und ging mit meinen Krücken zur Tür, um mich zu vergewissern, dass ich alleine war. Als ich nichts hörte, sank ich vor der Tür zu Boden und weite bitterlich.
Die nächsten zwei Jahre waren die Hölle. Aus Erzählungen und den späteren Gerichtsverfahren, erfuhr ich, dass der Fahrer des anderen Autos zwar überlebte, aber weg rannte. Er wurde nicht gefunden und die Anklage gegen Unbekannt fallen gelassen. Ein Auto, welches danach an der Kreuzung vorbei fuhr hatte die Behörden kontaktiert. Als der Krankenwagen ankam waren meine Eltern bereits Tod und ich schwebte in Lebensgefahr, mich konnte man retten, meine Eltern nicht...
Das Gericht entschied, dass ich in einem Heim aufwachsen sollte, doch haute ich nach einer Woche ab und flüchtete auf die Straße. Drei Monate lang wurde nach mir gesucht: drei lange Monate musste ich aufpassen wohin ich ging, was ich tat und dann wurde ich als Tod erklärt. Ich verließ mein Versteck und lebte unter verschiedene Namen und Persönlichkeiten weiter.
Schließlich kontaktierte ich die Freunde von meinen Eltern und diese berichteten mir, dass ich weiterhin im Penthouse wohnen könnte, aber das Geld was sie mir hinterlassen hatten, wäre nach 3 Jahre aufgebraucht. Danach würde ich ohne Geld da stehen... Gut, ich brauch wohl einen Job... Ich ging wieder auf die Straßen, doch dieses mal um Geld zuverdienen. Ich sang und tanzte, spielte Theater und machte andere Kunststücke, um ein bisschen Geld zu bekommen. Es funktionierte auch und ich konnte immer Geld mitnehmen, jedoch wurde bald das Jugendamt hellhörig und ich musste erneut untertauchen. Als ich wieder frei durch die Straßen laufen konnte, streunte ich ein bisschen durch die Stadt und klaute aus Jacken- und Handtaschen Geld und andere wertvollen Gegenstände und verkaufte sie beim Pfänder. Ich konnte mich gut über Wasser halten und beschloss dies weiterhin zu machen und blieb für weitere 3 Jahre unentdeckt.
Eines Tages klaute ich einem Mann im weißen Sakko eine Taschenuhr. Der Taschendiebstahl war aber auch zu einfach: Ich konnte die Kette der goldenen Uhr schon vom weiten erkennen. Der Mann war nicht sonderlich groß, aber trotzdem war ich kleiner. Als er dann am nächsten Schaufenster etwas betrachtete, stellte ich mich zu ihm und sprach ihn an: "Einen wunderschönen guten Tag der Herr. Schönes Wetter heute, oder?" Er schaute zu mir herunter und nickte. "Ja, das Wetter ist herrlich. Was macht denn die junge Dame hier? So ganz alleine?" Ich schluckte. Ich muss in der Rolle bleiben. "Ich bin nicht allein, meine Eltern sind hier auch irgendwo, aber ich habe sie verloren..." Ich blickte traurig zu Boden und griff nach seinem Ärmel. "Können sie mir suchen helfen?" Der Herr nickte und wir schlängelten uns durch die Menschenmassen der Einkaufsstraße. Ich hielt die ganze Zeit den Ärmel fest bis ich von hinten an gerempelt wurde und hin fiel. Der Herr half mir hoch und stellte sich neben mich. "Unverschämt, einfach ein kleines Mädchen um zu rennen.", brüllte er dem Typen hinterher. Während er ihm hinterher rief und mit den Armen fuchtelte, griff ich in seine Sakkotasche und nahm die Uhr in meinen Besitz. "Ach, das bringt nichts.", sagte ich zu ihm, "aber ich habe dahinten meine Eltern gesehen." Ich zeigte auf ein willkürliches Pärchen in der Menge. "Danke, fürs suchen helfen!", sagte ich verbeugte mich kurz und winkte ihm zu, "Ich wünsche ihnen einen schönen Tag" Dann verschwand ich in den Menschenmassen und war für ihn unauffindbar...
Als ich im Aufzug ankam und den Knopf fürs Penthouse drückte, fiel mir auf, dass ich leicht weinte. Ich sank zitternd zu Boden und vergrub den Kopf zwischen den Knien. Ich hatte es ... das Gefühl von Mitgefühl...Liebe...Doch als sie gingen nahmen sie es mit... Ich schluchzte stärker und meine Tränen flossen schneller über meine Wangen. Deshalb bin ich alleine...Mir bleibt nur die Einsamkeit... Die Taschenuhr hielt ich noch immer in meiner rechten Hand. Ich drückte sie fester und spürte die Kälte des Goldes in meiner Handfläche. Ich weiß nicht warum, aber es hatte eine tröstende Wirkung auf mich. Der Fahrstuhl wurde langsamer und kam schließlich zum Halten. Ich richtete mich auf und betrat den hellen Flur. Langsam zog meine Schuhe aus und ging weiter ins Wohnzimmer. Meine Eltern sind seit zwei Jahren tot... und trotzdem spüre ich sie hier...als wären sie...lebendig... Ich legte mich auf das Sofa und zog meine Knie an meine Brust. So lag ich da für mehrere Stunden und ließ allen Gefühlen freien Lauf: meine Trauer, über den Verlust meiner Eltern, meine Wut über den Autofahrer, der sie auf dem Gewissen hat, meine Einsamkeit, meinen Frust, einfach alles...
Irgendwann erwachte ich aus der Trance und setzte mich wieder aufrecht aufs Sofa. Meine Augen wanderten durch den Raum und blieben auf der Taschenuhr hängen. Ihre goldene Oberfläche reflektierte die Sonnenstrahlen der Abendsonne und ließen den gesamten Raum wie ein goldenes Meer schimmern. Ich folgte mit meinen Augen dem Lichtspiel an den Wänden und fing langsam wieder an zu lächeln. Ich stellte mich in die Mitte des Raumes und drehte mich mit ausgestreckten Armen, als versuchte ich Teil des Lichtspiels zu werden oder dieses einzufangen. Allmählich wurde ich wieder langsamer und schaute zurück auf den Tisch mit der Uhr. Vorsichtig nahm ich sie in die Hand und betrachtete sie genauer. Auf dem Deckel und die Rückseite waren Ranken und Blumen eingraviert, jedoch stand in der Mitte des Deckels der Name "Alice". Ich klappte die Uhr auf und ihr Inneres. Das Ziffernblatt hatte ebenfalls das Ranken-Blumen-Muster und auf der linken Seite lag ein Foto von einem Elternpaar mit ihrer Tochter: dem Mädchen, das mir sehr ähnlich sah....
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Welcome To My Wonderland
FantasyJedes Abenteuer erfordert einen ersten Schritt... Nach dem Yume ihre Eltern in einem Autounfall verlor, wuchs sie als Waisenkind auf den Straßen der Stadt Monesko auf. Sie schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch, bis sie eines Tages einen mysteriöse...