PART 4 AKA INVITATIONS

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Lycia wusste nicht, ob sie sich so Kade Irons vorgestellt hatte. Ja, da war dieses Lächeln, dass ihm bereits zweimal zum Titel des „Hottest Man Alive" verholfen hatte und ihm half alles und jeden zu bekommen. Ja da waren diese hellen Augen, die jedes Mal, wenn sich ihre Blicke trafen, bis an die Gründe ihrer Seele zu schauen schienen, ohne wirklich etwas zu sehen. Aber dann war da noch diese Unstetigkeit in seinen Gliedern und der nachdenkliche Blick, den er wie von selbst auflegte, wenn er glaubte, dass ihn niemand beachtete.

Was selten der Fall war.

Seit seiner Ankunft war er von Menschen umgeben gewesen. Er hatte mit Richard gesprochen, mit Darin Salvatore, mit den Kameraleuten und, so schien es ihr zumindest, mit jedem Assistenten, der am Set war.

Nur nicht mit ihr.

Nicht einmal, als Alice ihn vorgestellt hatte. Nicht einmal da hatte er sie begrüßt, hatte sie nur nachdenklich angeschaut.

Und er hatte alles Recht dazu. Immerhin hatte sie am Boden gelegen, als er sie das erste Mal gesehen hatte.

Weinend. Vollkommen aufgelöst.

Wegen einem Mann, der nie ihrer sein würde.

Wegen einem Mann, den sie noch immer liebte.

Wegen einem Mann, der ihre Welt zerstört hatte und das Loch, dass er in ihrer Stahlmauer hinterlassen hatte, war noch so groß.

Erst bei diesem Gedanken wurde sie sich bewusst, dass das Auto, indem sie und Kade zum Hotel gefahren waren, zum Stillstand gekommen und er um den Wagen herumgegangen war, um ihr die Tür aufzuhalten. Er sah sie abwartend an, seine Hand ausgestreckt und sie wusste nicht, wie lange er sie angesehen hatte, während sie einfach nur vor sich hingestarrt hatte.

Schließlich griff Lycia nach seiner Hand und wollte sie sofort zurückziehen, als sie seine Haut berührte und eine Gänsehaut ihren Arm hochfuhr. Dabei hatte er sie nur berührt und sie reagierte so intensiv auf ihn.

Erst als Lycia aufrecht neben Kade stand, ließ er ihre Hand los und auch da zögerte er, öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, ehe er innehielt und den Mund wieder schloss, ihn anstelle von Worten zu einem eindeutigen Lächeln verzog.

Kade Irons Lächeln.

Ich kann dir die Welt zeigen und viel mehr.

Ich weiß viel mehr, als du dir jemals erträumen könntest.

Ich kann es dir zeigen.

Du musst es nur sagen.

Sag ja.

Wie konnte ein einzelner Mensch in ein Lächeln nur so viele Worte, Sätze, Emotionen legen?

Da im Hotel trotzdem andere Gäste waren, zog Lycia sich eine Kappe tief in die Stirn und Kade hatte sich seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Sie benutzten zwar den Aufzug, aber dennoch versuchten sie so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu erregen.

Mit einem Klingeln öffnete sich die Fahrstuhltür und Lycia ging direkt auf die Tür zu ihrer Suite zu, gefolgt von Kade, der direkt ihr gegenüber stehen blieb, eine Schlüsselkarte hervorzog und damit seine Tür öffnete.

Suite 765.

„Da wären wir also," sagte er nur und Lycia nickte, noch immer vollkommen verblüfft davon, dass er das Zimmer direkt ihr gegenüber hatte, sie sich bis heute aber noch nicht über den Weg gelaufen waren.

„Danke für alles. Wir sehen uns dann morgen," antwortete sie, lächelte, ehe sie mit der Schlüsselkarte aufsperrte und so ging.

Zu allererst war da nur ein langer, schmaler Gang, der sich bald in eine Küche mit dem Wohnzimmer erschloss, welches in warme Cremefarben getaucht war, mit einer hellen Ledercouch und weißen Vorhängen. Die Küche war voll ausgestattet und sie wusste, dass genug Essen im Kühlschrank war. Obwohl es ein anstrengender Tag war, nahm sie nur ein Glas Wasser und eine Banane und ließ sich auf die Couch fallen, ihr gegenüber der Fernseher, den sie einschaltete und durch die Programme schaltete. Nichts interessierte sie speziell, weswegen sie einfach irgendetwas ließ und dann zu ihrem Telefon griff.

Auf ihrem Privattelefon waren nur die nötigsten Nummern eingespeichert und sie hatte deswegen nur zwei Nachrichten von Alice.

Tut mir leid, dass ich dir das heute nicht persönlich sagen konnte. Ich hatte es selber nicht gewusst. Du weißt, dass ich dich niemals blind in so etwas gehen lassen würde, nicht wahr? Nicht nach allem, was war...

Alle sind begeistert von dir. Darin hat dich, Kade und Warren nach Beendung des Films zu einem Essen eingeladen.

Sie schluckte den Knoten in ihrem Hals hinunter und atmete tief durch, ehe sie zurückschrieb und alle Gedanken beiseite schob, die sie zu erdrücken schienen, während die Müdigkeit immer mehr von ihren Gliedern Besitz ergriff.

Ich würde dir nie wegen so etwas böse sein, das weißt du. Das Essen wird sicher... spannend.

-

Lycia wurde durch ein Klopfen an der Tür geweckt und sah verschlafen auf die Uhr, die an der Wand leise vor sich hin tickte. Sie hatte fast zwei Stunden geschlafen und ein Blick in den Spiegel auf dem Weg zur Tür zeigte ihr auch, dass ihre Haare danach aussahen. Schnell strich sie sie mit einer Bewegung glatt, oder versuchte es zumindest, ehe sie mit einem Seufzen aufgab, sich die Haare zu einem hohen Zopf zusammenband und durch den Spion sah.

Kurz glaubte sie ihn zu sehen, doch er war noch viel zu früh und Lycia war froh, dass Warren Zeter erst in zwei Wochen hier ankommen würde. Das würde die Sache hoffentlich einfacher machen.

Ihm in die Augen schauen, mit ihm zu sprechen, wieder mit ihm zu arbeiten... sie konnte sich nicht vorstellen das alles wieder von vorne zu beginnen, das alles wieder von vorne durchzumachen.

Doch es war nicht Warren, der vor der Tür stand, sondern Kade.

Sie öffnete die Tür und er lächelte sie an, nicht dieses halbe Lächeln, sondern wirklich ein echtes, nicht weniger verführerisches, aber echtes Lächeln. Nahmen andere ihn auch so war? So atemberaubend schön? Oder wirkte er nur auf sie so?

„Hey," sagte er und musterte sie. Sie sah nicht anders aus, als vor zwei Stunden und auch er trug noch die gleichen Jeans und dasselbe schwarze Shirt, allerdings schien es so, als wäre er Duschen gewesen, denn seine Haare waren in der Spitze noch feucht und unwillkürlich fragte sie sich, wie sie sich wohl anfühlten. Waren sie genauso weich und samtig, wie sie aussahen? Rochen sie genauso gut, wie der Rest von ihm? Sie hatte seinen Duft im Wagen auf dem Weg hierher ins Hotel das erste Mal wahrgenommen. Er roch herb, aber im Moment überlagerte der Geruch seines Shampoos alles. 

Schließlich riss sie sich von ihren Gedanken los und erwiderte sein Lächeln herzhaft.

„Ahm, der Rest der Crew geht was trinken und ich soll dich fragen, ob du mitkommst. Keine Angst, ich wurde auch nur durch einen Assistenten gefragt. Richard hat das ganze organisiert und spendiert uns die Drinks, soweit ich das erfahren habe. Für den guten Start."

Ihr Lächeln verrutschte ein bisschen, aber sie fing sich schnell wieder. Sie konnte nicht runter gehen, mit Alice und Mira so zu tun, als ob alles ok wäre, obwohl dem nicht so war. Nicht, wenn Richard da war. „Nein, tut mir leid, ich komme nicht," sagte sie deswegen und strich sich durch die Haare. Kades Augen folgten jeder ihrer Bewegungen und er hielt sein Lächeln. Sah er, wie sie kämpfte? Sah er, wie sie versuchte alles auszuschalten? Sich in seiner Gegenwart festzuhalten?

„Ich auch nicht," sagte er nur und holte eine Flasche Rotwein hinter seinem Rücken hervor. „Aber ich dachte, wenn wir beide nicht gehen, dann könnten wir uns zumindest einen gemütlichen Abend machen, nicht wahr?"

Lycia war dabei nein zu sagen, die Tür wieder zu schließen und Kade Irons mit dem verdammt schönsten Lächeln der Welt auszusperren, doch sie machte den Fehler und sah in seine Augen, erwiderte seinen Blick.

Für einige Sekunden war sie davon gefangen, ehe sie, anstelle einer Antwort, einfach nur die Tür weiter öffnete und ihn hereinbat.

This Is ActingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt