6. Eine große Entdeckung

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Kath

Das sieht ja genau....Aber das geht doch nicht! Oder doch?

Fassungslos starrte ich auf das Foto. Mir fiel wieder ein, was Herr Sundius gesagt hatte.

Vor zwölf Jahren...Flugzeugunfall...eine zweijährige Tochter...spurlos verschwunden...Katherine von Liberich. Aber das hieße ja, dass meine Eltern gar nicht meine richtigen Eltern sind! Und die sind tot! Und ich heiße eigentlich Katherine von Liberich!

„Das ist doch dein Kuscheltier", sagte Tam und schaute mich von der Seite an.

Ich nickte und starrte weiter auf das Foto.

„Kath, alles okay?", fragte mich Tam.

Ich riss meinen Blick vom Foto los. An Tams Gesichtsausdruck erkannte ich, dass sie wusste, was los war. Ich antwortete nicht.

„Das bist du, oder?", fragte sie und deutete auf das Foto, auf dem ich mit Klein Hü abgebildet war.

Wieder nickte ich.

„Ich hab das in Mera auf deinem Nachttisch stehen sehen."

Wir musterten die anderen Fotos die dort hingen. Auf den meisten sah man Gustavus von Liberich und andere frühere Bewohner dieses Schlosses. Aber dann entdeckte ich zwei Bilder, die unterhalb von meinem Bild hingen. Das eine zeigte eine schlanke Frau, die glatte braune Haare hatte. Auf dem anderen sah man einen ebenfalls braunhaarigen Mann. Beide waren so circa dreißig. Tam hatte die Bilder ebenfalls entdeckt. Sie zeigte auf das Bild mit der Frau.

„Das ist deine Mutter, stimmt's?", fragte sie.

„Ja, ich glaube schon", antwortete ich.

„Dann ist der Mann dein Vater", sagte sie.

Ehe ich etwas erwidern konnte, kam Melli angerannt.

„Kommt! Wir sind schon zwei Räume weiter! Wenn Frau Millit das merkt, bekommen wir richtig Ärger!", rief sie.

Wir rannten schnell zu den anderen.

Nachdem wir noch ein paar andere Räume besichtigt hatten, gingen wir in den Speisesaal um dort zu Essen. Mary setzte sich an den Kopf des Tisches, wo die zwei prunkvollsten Stühle standen. Sam setzte sich neben sie und ließ ihren Blick über den Tisch schweifen, als wäre sie Gustavus von Liberich höchstpersönlich.

Zicke! , dachte ich.

Ich sah, dass Bella sich neben Mary an die Längsseite des Tisches setzte und mit ihr quatschte, als wären sie beste Freundinnen.

Ich dachte die würden sich hassen.

Ich saß zwischen Tam und Meli. Wir packten unsere Lunch-Pakete aus. Aber die Tatsache, dass ich gar nicht ich bin, sondern Katherine von Liberich, hatte mir den Appetit verdorben. Ich stopfte mir aber trotzdem einen Apfel in dem Mund und zwang mich ganz normal zu wirken. Aber das war echt schwer. Wenn man feststellt, dass man adoptiert wurde und dass die Eltern gar nicht die richtigen Eltern von einem sind, ist es ziemlich schwer, so zu bleiben, wie man bis jetzt immer gewesen ist.

Wieso hat mir nie jemand gesagt, dass ich nicht Katherine Cromwell bin? Wieso haben sie mich angelogen? Warum habe ich mich nie darüber gewundert, dass Mama orange Haare hat, Papa blonde und ich braune? Und dass sie grüne Augen haben und ich nicht?

Ich spürte, dass ich sauer wurde. Es war ja auch echt unfair.

Sie hätten es mir sagen müssen!

Jetzt hatte ich erst Recht keinen Hunger mehr und stopfte das Lunch-Paket in die Tüte zurück. Dann starrte ich wütend vor mich hin. Tam sah mich besorgt von der Seite an. Aber das war mir egal. Ich wollte nicht Katherine von Liberich sein, ich wollte ich bleiben.

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