9. Wo ist Kath?

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Tam

Ich sah, wie Bella stolperte, taumelte und rücklinks gegen Kaths Rücken, der direkt hinter ihr stand, prallte. Ich sah, wie Kaths Gesicht mich erschrocken ansah, als sie kopfüber die Klippe herunterstürzte. Ich sah, wie Bella ebenfalls gefährlich nahe an dem Klippenrand auf den Rücken fiel. Ihr Kopf ragte noch über den Rand hinweg, doch der Rest ihres Körpers lag noch sicher vor mir. Ich sah, wie sie sich mit entsetztem Gesicht umdrehte und Kath nachblickte. Alles spielte sich ab, wie in Zeitlupe. Ich hörte Kaths Schrei und er ging direkt in mein Herz. Ich hörte noch jemanden schreien, nein brüllen, laut und von Trauer gefüllt. Ich brauchte kurz, um zu bemerken, dass ich es gewesen sein musste, die geschrien hat. Die Schreie von Kath und mir hallten von den Hügeln wieder. Ich sah, wie ich mich neben Bella legte, ich fühlte, wie mir die warmen Tränen übers Gesicht rannen und Kath hinterher fielen. Und dann hörte man noch etwas anderes widerhallen: Kaths Aufprall. Meine aller, allerbeste Freundin, die ich fast seit meiner Geburt kannte, hatte ich verloren... für immer.

Ich weiß nicht mehr, wie lange ich noch so dalag. Ich weiß nur noch, dass ich die ganze Nacht im Zelt wachgelegen hatte und geweint hatte und wenn ich doch einmal kurz geschlafen hatte, dann träumte ich von Kaths Sturz von der Klippe. Als ich am nächsten Morgen von Bella geweckt wurde, erschreckte sie sich bei meinem Anblick.

„Ach du liebe Güte!"

„Was?", fragte ich.

„Guck dich mal im Spiegel an!", erwiderte sie und gab mir einen Handspiegel. Ich zog die Luft ein.

„Oh." Ich war blasser als der Tod und hatte rosarote Augenringe, die mir fast bis zur Nasenspitze reichten. Meine Augen waren rot verheult und mein dezentes Wimperntuschen Make-Up war zerlaufen und verschmiert. Ich schluckte. Ich hatte Bauchschmerzen und war unglaublich müde. Plötzlich betrat Sam das Zelt. Ich tat so, als ob ich schlafen würde und drehte mich auf den Bauch, um mein Gesicht zu verstecken.

„Ich soll euch von Frau Millit sagen, dass ihr mal zu ihr gehen sollt.", sagte sie in einem genervten Ton. Bella nickte nur und als Sam wieder weg war, sah ich sie entsetzt an:

„Was soll ich denn jetzt machen? Guck mich doch mal bitte an. Wenn sie mich sieht, denkt sie doch, hier käme der Sensenmann, um sie zu holen!" Bella beruhigte mich und half mir dann, indem sie mich schminkte, sodass ich fast gar nicht mehr blass aussah und meine Augenränder übermalt waren. Jetzt sah ich schon fast wieder aus wie ich, aber irgendwie konnte ich mich nicht darüber freuen. Als wir uns mit Frau Millit trafen, fragte sie uns, ob wir wüssten, wo Kath sei. Scheinbar hatte sie sich doch ziemlich große Sorgen gemacht, nachdem Bella ihr gestern erzählt hatte, dass wir nicht wussten, wo sie sei. Ich wusste nicht, ob mir in dem Moment eine bessere Ausrede eingefallen wäre, aber jetzt war auf jeden Fall eine gute Ausrede nötig. Bella und ich sahen uns betreten an.

„Tja, also...", fing Bella an. Oh, sag jetzt nichts Falsches!, dachte ich.

„Ja, sie war... äh... krank", unterbrach ich sie.

„Krank? Ja, genau, krank!", erwiderte sie. Dieses Mal spielte sie gut mit.

„Ja, ihr war ganz übel und dann hat sie sich auch noch ein paar Mal übergeben müssen, als wir gestern Abend mit ihr am See waren, um frische Luft zu schnappen", fuhr sie fort. Frau Millit sah uns etwas angewidert an.

„Jaaa! Und dann... tja, dann ist sie auch noch in Ohnmacht gefallen, jaa! Ähh, sie ist fast ins Wasser gefallen, aber zum Glück habe ich sie noch auffangen können", log ich. Frau Millit machte jetzt ein Gesicht wie ein Pferd. Bella boxte mir auf den Rücken und machte ein Gesicht, das mir bedeuten sollte, nicht zu übertreiben und einfach mal still zu sein. Wir starrten Frau Millit erwartungsvoll an.

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