Shugun erzählt...
Ich fiel auf trockenen, sandigen Boden. Verbittert rappelte ich mich auf. An diese Schuhe musste ich mich wohl noch gewöhnen. Neugierig blickte ich mich um. Ich stand auf einem staubigem Platz von Lehmhütten geradezu umzingelt. Sie klammerten sich aneinander, als hätten sie Angst sonst zusammenzuklappen, was ich auch jeden Moment fürchtete. Sie hatten keine Türen, nur Öffnungen, die mich an tiefliegende, schwarze Augen erinnerten. Ich hatte das Gefühl aus jedem dieser Löcher beobachtet zu werden und das rief bei mir trotz der Mittagshitze eine Gänsehaut hervor. Es war nirgends ein Mensch zu sehen. Siedend heiß viel mir ein, dass ich gar nicht wusste, wo ich hin musste. Ein schiefes Holzschild neben dem Tor wies mich darauf hin, dass ich auf dem Marktplatz stand, was mir jedoch nicht viel weiter half. Ich selbst hatte das Gebot festgesetzt, dass alle Straßen der Stadt beschriftet werden sollten. Doch als ich mich hier umblickte fand ich kein weiteres Schild. Was sollte mir das hier auch bringen? Erwartete ich etwa, dass auf einem zu lesen stand: »Hier geht es zu Deborah«? Unschlüssig schritt ich über den Platz. Vielleicht nicht ganz so elegant wie sonst, da meine Schuhe noch nicht eingegangen waren. In der Mitte blieb ich vor einem Brunnen stehen. Ein modriger Gestank stieg mit in die Nase. Was auch immer das für ein Wasser war, ich würde es nicht trinken wollen.
„Du kriegst mich nicht! Du kriegst mich nicht!", hörte ich hinter mir eine hohe Kinderstimme schreien. Ich drehte mich um und sah einen kleinen Jungen auf mich zulaufen. Er wurde von einem größeren Jungen, der in etwa 16 Jahre alt war verfolgt. Als dieser mich sah blieb er abrupt stehen. „Dito, halt an!", rief er. Der aber schüttelte den Kopf und versteckte sich lachend hinter meinem Rücken. Schließlich kam ihm sein Verfolger nach und blieb vor mir stehen, um mich kritisch zu mustern. Er hatte ein unscheinbares Gesicht und sah mit seinem schwarzen Haar und der dunklen Haut aus, wie jeder in Cadumerun. Die Kleider der beiden waren so hässlich wie meine, aber sie trugen keine Schuhe. „Kennt ihr vielleicht eine Deborah?", fragte ich hoffnungsvoll. Im selben Moment wurde mir klar, dass es sinnlos sein würde. Cosabran war nicht klein. Bestimmt kannte er sie gar nicht. Doch zu meinem großen Erstaunen nickte er und blickte mich weiter misstrauisch an. Da kam der kleine Junge hinter mir wieder zum Vorschein und antwortete fröhlich:„Natürlich! Jeder hier kennt sie. Sie erzählt immer fabelhafte Geschichten."Seine Augen leuchteten. „Ihrem Papa gehört das Gasthaus »Zum goldenen Kelch«. Ich kann dich hinführen wenn du willst?"Ich lächelte ihn erleichtert an:„Ja gern, wenn es..." Ich blickte den anderen Jungen an. „Ja, wenn er dafür entlohnt wird." Dabei blickte er auf den Boden und mir wurde erst spät klar, dass er meine Schuhe betrachtete. Die waren hier anscheinend etwas besonderes. „Ja", sagte ich ohne zu überlegen. Der Junge sah mich noch einmal wertend an, bevor ich anscheinend als harmlos eingestuft wurde. „Komm dann nicht zu spät zum Abendessen, Bruderherz!" belehrte er den kleinen Dito und ging davon. Während ich ihm noch nachsah, griff eine kleine Kinderhand nach meiner. „Du hast mich gerettet!", freute sich Dito,„ich habe nämlich die ganzen Himbeeren aufgegessen und er war ganz wütend auf mich!" Sein Lächeln war ganz anders als das von Cosimo und doch erinnerte er mich an ihn. „Dann mal los!", forderte ich ihn freundlich auf. Und Dito zog mich mit.
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Das Lebenselixier
FantasíaCadumerun: Ein Land wie aus 1001 Nacht. Oder doch nicht? Um ihren totkranken Bruder zu retten, ziehen Shugun und Radun in das Mystas Gebirge, um das sagenumwobene Lebenselixier zu finden. Was sie nicht wissen: Sie gelangen damit in das Nest der Rebe...