Part 1

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Taddl
"Heute ist es wieder soweit, Mylord." Er drehte sich zu seiner persönlichen Dienerin um, das hübsche Mädchen mit den langen, dunkelblonden Haaren und den haselnussbraunen Augen. "Bitte was?" Er war kurz verwirrt, Lya, die besagte Dienerin, sah ihn abwartend an. "Mylord? Die Mädchen, Sie werden Euch vorgestellt." Er presste die Lippen aufeinander. "Ach, richtig, ich hatte es wohl kurz vergessen, danke dir." Die junge Dienerin nickte und knickste vor dem blonden Jungen am Ende des großen Raumes. Er lächelte ihr zu und drehte sich um, sah aus dem Fenster. Im Zimmer herrschte Stille, nur das Klacken der Tür, welche ins Schloss fiel, war zu hören.

Der junge Prinz seufzte und betrachtete den Garten hinter der Glasfront, er hatte diese ganze Prozedur eigentlich gar nicht gewollt. Nur hatte er das "Pech", der Sohn eines einflussreichen Mannes dieses Landes zu sein. Ja, er gehörte zur Königsfamilie. Und diese Stellung trug einiges an Verantwortung mit sich, genauso, wie sie Wohlstand und Macht für ihn bedeutete.

Ein leises Klopfen an der Tür, Lya trat wieder in das Zimmer. War schon so viel Zeit vergangen?
"Mylord, wir sollten mit den Vorbereitungen beginnen und Euch einkleiden." Sie wartete geduldig sein Einverständnis ab und machte sich bestrebt an die Arbeit, holte Kleidung aus dem Schrank, welche eine arme Großfamilie eine Woche lang ernähren könnte. Diesen Gedanken verwarf der Prinz jedoch schnell wieder und schritt bestimmt in die Mitte des Zimmers, sodass Lya sich ans Werk machen konnte.

Manuel
"Manuel! Frühstück ist fertig!" "Ja, ich komme ja!" Sein Rufen war lange nicht so laut, wie beabsichtigt. Aber wie sollte das auch funktionieren, er war gerade erst aufgewacht. Verschlafen wälzte der junge Mann sich aus dem knarrenden Holzbett und begab sich auf den Weg nach unten, in die Küche. Seine Mutter wartete schon ungeduldig. "Wo bleibst du denn, wir haben fast Mittag!" "Tut mir leid, ich hab verschlafen, Mutter." Sie schnaubte und stellte eine Schale mit Brot auf den Tisch, setzte sich auf einen der Stühle. Ihr Sohn setzte sich ihr gegenüber und die beiden aßen erst schweigend.

"Wann hattest du vor, dir die Haare abzuschneiden?" Manuel stockte. "Wieso denn? Sind sie nicht gut so, wie sie sind?" Er strich sich durch die brustlangen, braunen Haare, welche einen schönen Kontrast zu seinen grünen Augen bildeten. "Sie sind unpraktisch. So bekommst du schlechter Arbeit, Junge. Also, wann?" Er schwieg kurz. "Heute, Mutter." Sie lächelte. "Na bitte."

Nach weiterem kurzen Schweigen sprach sie weiter. "Heute werden wieder die Dorfmädchen eingetrieben, nicht wahr?" "Was interessiert es dich denn." Sie war bei ihm damit auf ein unangenehmes Thema getroffen. "Uns kann das Königreich nichts mehr nehmen, meine Schwester ist schon tot." "Manuel..." "Es ist doch wahr! Sie haben sie einfach sterben lassen!" "Manuel! Hör auf, das darfst du nicht sagen! Und das weißt du auch!" Wütend schlug sie beim Sprechen auf den Tisch, Ruhe kehrte ein. Einige Zeit blieb er stumm. "Tut mir leid, Mutter." "Ich weiß. Glaube mir, irgendwann vergisst du den Schmerz." Es herrschte Totenstille.

"Komm ja nicht zu spät heim!" "Mach ich nicht, Mutter, mir werden doch bloß die Haare abgeschnitten!" Seine Mutter lächelte ihm hinterher und schloss die hölzerne Haustür, nachdem sie ihm einen Kuss auf die Wange gedrückt hatte.

Er war nicht lange unterwegs, da sah er schon einige Kutschen über die unbefestigten Wege rollen. Kutschen der Königsfamilie, sie holten die heiratsfähigen Mädchen ab.

Umso überraschter war der junge Mann, als eine Kutsche neben ihm anhielt. Irritiert sah er zum Fahrer auf dem Kutschbock. "Was ist denn? Sucht Ihr jemanden?" "Steig ein, es geht für dich zum Schloss." Sein Gesichtsausdruck zeigte ehrliche Verwirrung. Ein weiterer Mann kam hinter der Kutsche hervor und hielt Manuel die Hand hin. "Darf ich bitten, Mylady?" Zeitgleich öffnete er die Tür zu der kleinen Kabine. "Oh, nein, nein, Verzeihung, das ist ein Missverständnis-" Er wurde jäh von dem Choiffeur unterbrochen, indem dieser ihn energisch in die Kabine drängte und die Tür hinter ihm schloss, diese dann verriegelte.

"Hey! Lasst mich raus, ich bin nicht-" Er unterbrach sich selbst, als er das sanfte Schaukeln der Kutsche wahrnahm. Wie versteinert saß er da. Er würde ins Schloss gefahren werden. Um den Prinzen kennen zu lernen. Weil er für ein Mädchen gehalten worden war. "Oh mein Gott."

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