Part 2

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Taddl
Lya hatte ihre Arbeit beendet - erfolgreich. Wie immer. Mit einem strahlenden Lächeln hatte das Mädchen alles erledigt und mit einem strahlenden Lächeln verabschiedete sie ihn nun, wünschte ihm viel Vergnügen beim Begutachten der Mädchen - er sollte sie "ausfiltern". Das hieß soviel wie... er hatte die Aufgabe, diejenigen Mädchen, welche er von vornherein nicht kennen lernen wollte, hinaus werfen zu lassen. Aus irgendeinem Grund missfiel ihm das sehr. Während er die langen Gänge zur Eingangshalle durchquerte, dachte er darüber nach, ob die Dienerschaft und vielleicht auch seine Eltern ihn wohl für oberflächlich hielten. Es musste ja so sein, sonst hätte er nicht solche Aufgaben, oder?

Manuel
Er hatte es aufgegeben, zu versuchen, aus dieser misslichen Lage zu entkommen, es war zwecklos. Die Kutsche schaukelte bei der Fahrt etwas, er unterdrückte die aufkeimende Übelkeit und zupfte - statt sich zu übergeben - an dem weiten Leinenhemd herum, welches er trug. So könnte es wenigstens ansatzweise so aussehen, als hätte er weibliche Kurven. Das diente dem ersten Schein, den König über seine fehlende Weiblichkeit informieren würde er früher oder später doch müssen, am besten bei der ersten Gelegenheit.
Die Kutsche hielt und die Tür wurde aufgerissen, er hinaus gehoben - ja, er war recht zierlich. Schließlich wurde er den Rest des Weges hinauf zum Schloss geführt - und es war gewaltig! Ein riesiges Gebäude mit unzähligen Fenstern, das große Eingangstor lag vergoldet vor dem jungen Mann. 'Wahnsinn!' In diesem Moment war das tatsächlich alles, was er dachte, oder auch denken konnte; so etwas Gewaltiges hatte er noch nie gesehen.
Die goldene Pforte öffnete sich und er wurde herein gelassen - mit einigen Mädchen, welche er allerdings völlig ausblendete, sie waren die anderen Eingetriebenen.

Polierter Marmor erstreckte sich zu ihren Füßen, reiner, weißer Marmor, von feinen, schwarzen Adern durchzogen. Ein riesiger, roter Teppich mit verschiedenen weißen und schwarzen Ornamenten war inmitten der Halle ausgelegt. Auch die Decke war so verziert, mit dem Unterschied, dass diese himmelblau und mit golden und silbernen Ornamenten geschmückt war. Zwei große  Wendeltreppen führten in höhere Stockwerke, auch die Geländer waren golden verziert. Allen Neuankömmlingen verschlug der prachtvolle Anblick den Atem, es herrschte Totenstille im Saal. Sowohl aus Bewunderung, als auch aus purem Hass. Das hier war der Lebensstandard der Adligen, während unten im Tal reihenweise Menschen verhungerten. Und es widerte sie ohne Ausnahme an.

Taddl
Schließlich kam der junge Prinz in der Eingangshalle an, blieb kurz oben am Geländer stehen und sah auf die lange Reihe Mädchen hinab, welche ihn alle mehr oder weniger kennen lernen wollten. Er seufzte kaum hörbar und schritt die marmornen Treppen hinab und trat vor die Mädchen. Gespannt sahen diese ihn an, schienen etwas zu erwarten. Er jedoch blieb stumm und sah stur geradeaus, dem dort stehenden Mädchen ins Gesicht. Er wartete ebenfalls auf etwas. Seine Eltern. Und so sah er das Mädchen an, welches vor ihm stand. Es hatte lange, braune Haare und moosgrüne Augen. Sie war ohne Zweifel sehr hübsch, doch irgendetwas irritierte ihn an ihr, er selbst wusste nicht, was genau es war. Die Brünette wand sich unbehaglich unter seinem stechenden Blick und rang die Hände.
Schritte waren zu hören und die Mädchen sahen praktisch zeitgleich nach oben zur Treppe, wo nun wohl das Königspaar erschien. Taddl behielt seine Haltung bei, konnte nun unbeobachtet das Mädchen betrachten. Was störte ihn so an ihr? Er selbst konnte es sich nicht erklären. Sie würde er auf jeden Fall hier behalten. Das könnte endlich mal etwas interessantes in seinem Leben sein.

Seine Eltern gingen gemeinsam die Treppen hinunter und traten neben ihren Sohn. Die Stimmung war jedoch anders, als Taddl es vorher erwartet hätte. Irgendetwas stimmte nicht. Schon bald wurde klar, dass diese Aura von der Königin ausging, sie gab den Wachen ein Handzeichen, sodass zwei von ihnen auf die Reihe Mädchen zusteuerten und gezielt eines davon heraus zogen. Unmerklich spannte der Prinz sich an, das rothaarige Mädchen wurde aus dem Raum gezerrt, wagte es jedoch nicht, einen Laut von sich zu geben. Taddl versuchte, sich nichts von seiner Wut anmerken zu lassen. Seine Mutter war immer noch der festen Überzeugung, dass Rothaarige Kinder des Teufels waren. Er selbst fand diese Annahme eher schwachsinnig. Aber was konnte er schon ausrichten?
Er spürte die Hand seines Vaters auf der Schulter. "Möchtest du weitere Mädchen nicht hier haben?"

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