20. Die Gottheiten

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Lilith stürmt auf mich zu und versucht ihre rechte Faust in mein Gesicht zu donnern. Allerdings ist sie zu langsam. Ich weiche ihr aus und versuche dabei hinter ihren Rücken zu gelangen. Doch sie wirbelt herum, bevor ich ihr mit meinem Arm die Luft abdrücken kann. Ohne zu zögern greift sie nach meinem Arm. Ich versuche ihn noch wegzureissen und ausserhalb ihrer Reichweite zu kommen. Im nächsten Moment lande ich schon auf dem Boden. Lilith sitzt auf meinem Rücken und hält meinen Arm fest.

„Gibst du auf?", fragt sie. Ich bin mir sicher, dass sie ein breites Lächeln im Gesicht hat. Ich knirsche mit den Zähnen.

„Was bleibt mir auch anderes übrig? Sonst reisst du mir noch den Arm ab", knurre ich. Ich höre sie lachen. Kurz schiesst mir ein brennender Schmerz durch die Schulter als sie meinen Arm ein kleines Stückchen nach oben schiebt. Dann verschwindet ihr Gewicht von meinem Rücken und blicke auf. Lilith steht vor mir mit einem breiten Lächeln im Gesicht.

„War das wirklich nötig?", knurre ich und setzte mich auf. Dabei lasse meine Schulter kreisen.

„Aus solchen Erfahrungen lernt man am schnellsten", sagt sie immer noch mit ihrem breiten Wolfslächeln.

„Wieso bin ich bloss auf die hirnrissige Idee gekommen mit dir zu trainieren?", murre ich. Ihr grinsen wird noch ein bisschen breiter.

„Weil wir die einzigen sind die dieses Haus nicht verlassen dürfen und uns beiden deswegen furchtbar langweilig war", sagt sie. Ich schnaube.

„Weisst du eigentlich, dass du eine riesige Nervensäge bist?", frage ich sie. Dabei kann ich allerdings nicht anders als zu grinsen.

„Das haben mir schon ein Haufen Leute gesagt. Aber irgendwie kann ich dich nicht ernst nehmen, wie du da grinsend auf dem Boden sitzt", sagt sich lachend. Ich muss ebenfalls anfangen zu lachen. Dann bekommt ihr Lachen plötzlich diesen fiesen Zug. Kein gutes Zeichen. Im nächsten Moment springt mich ein grosser dunkelbrauner Wolf an. Immer noch grinsend verwandle ich mich ebenfalls und werfe mich zur Seite. Ich kann einen leichten Luftzug spüren, als sie mich nur um wenige Zentimeter verfehlt. Sofort wirble ich herum und gehe zum Angriff über. Kaum berühren ihre Pfoten den Boden lande ich ihr schon auf ihrem Rücken und vergrabe meine Krallen in ihrem Fell. Sie gibt ein verärgertes Knurren von sich und versucht mich abzuschütteln.

Damit erreicht sie allerdings nur, dass ich ihr ausversehen die Krallen in ihren Schultern vergrabe. Sie heult kurz auf, dann wirft sie sich auf den Rücken. Ich habe das schon geahnt und springe sofort von ihrem Rücken auf den Boden. Bevor sie wieder aufstehen kann, nagle ich sie mit meinen Pfoten am Boden fest. Meine Zähne sind nur wenige Zentimeter von ihrer Kehle entfernt. Für einen Moment verharre ich in dieser Position. Sie rührt sich nicht. Dann springe ich von ihr herunter und verwandle mich in einen Mensch zurück. Schwer atmend blicke ich auf Lilith hinunter. Sie liegt immer noch auf dem Rücken auf den Boden, auch wenn sie jetzt eben so wie ich wieder in ihrer Menschengestalt ist. Sie liegt da und grinst die Decke an.

„Das hat Spass gemacht", sage ich, ebenfalls grinsend.

„Ja, dass müssen wir unbedingt wiederholen", sagt Lilith und kichert, „Aber beim nächsten Mal wirst du auf dem Boden liegen."

„Das werden wir noch sehen", sage ich und kann mir ein Lachen nicht verkneifen.

„Wenn ihr euch genug auf dem Boden gewälzt habt, könnt ihr auch mitkommen. Es gibt Abendessen", sagt eine ruhige Stimme hinter uns. Ich drehe mich um. Agatha steht am Eingang des Trainingsraumes. Sie steht ernst da mit verschränkten Armen. Aber ich kann das amüsierte Funkeln in ihren Augen erkennen.

„Wir kommen", sage ich und stelle mich neben Lilith. Agatha nickt und verschwindet im Gang. Ich drehe mich zu Lilith um. Sie liegt immer noch auf dem Boden.

Schwarzer Mond - Das Flüstern der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt