Der Entschluss

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"Wie ist ihr Name?"
Fragte mich der Herr an der Rezeption.

" Grace Josephine Heinrich."
Antwortete ich.

Ich schaute mich unsicher um.
Noch vor ein paar Stunden war ich mit Charlotte spazieren gehen, und jetzt stand ich im Rathaus und bewarb mich für den Dienst bei der Wehrmacht.
Würde ich diese Entscheidung später bereuen?
Würde ich damit leben können, dass ich für das Regime und nicht gegen dieses arbeitete?
Doch die drohenden Worte meines Vaters hallten durch meinen Kopf.
Nein.
Ich musste jetzt dieses Formular ausfüllen, ansonsten müsste ich mit einem Mann heiraten, den ich nicht einmal kannte.
Der Herr riss mich aus meinen Gedanken, als er sich entschuldigte und dann aus dem Rezeptionszimmer ging.
Ich lehnte mich zurück und versuchte mich zu entspannen und meine Entscheidung zu realisieren.
Ich dachte daran, wie ich mir von dem Geld eine eigene Wohnung leisten könnte, oder einen kleinen Urlaub auf dem Land.
Hach, wie ich das Land liebte.
Im Frühling war es auf dem Land besonders schön, vorallem wenn die Blüten blühten und die Knospen heranwuchsen.
Ich lächelte, als ich mich an meinen ersten "Landsurlaub" erinnerte.
Damals bin ich 9 Jahre alt gewesen und spielte auf dem Bauernhof meiner Oma.
Meine Mutter lebte damals noch und kümmerte sich auch immer sehr gut um mich.
Meine Mutter und mein Vater führten eine richtige  Bilderbuch-Ehe.
Sie waren immer glücklich, voller Lebensfreude und halfen auf dem Bauernhof, wo immer Sie konnten.
Damals verstand ich noch nichts von Verantwortung und Arbeiten.
Ich konnte und durfte unbeschwert auf der Wiese spielen und meine Kleider schmutzig machen, während die anderen die Arbeit erledigten.
Ich wurde traurig, als ich daran dachte, in welcher Situation ich heute nun war;
Weit entfernt von Unbeschwertheit und Spass.
Trauriger machte es mich aber, als ich weiter an meine Mutter dachte.
Ich war erst 12 als ich hilflos zusehen musste, wie sie an Cholera starb.
Wir wurden nicht einmal zu ihr gelassen, da die Ärzte fürchteten, sie könnte uns anstecken.
Zwei Monate lang stand ich jeden Tag an ihrem Grab, stellte Blumen in die Grabsvase, die ich gepflückt hatte und weinte solange, bis ich vor Müdigkeit umkippte.
Mein Vater sagt immer, ich sehe genauso wunderschön aus wie sie.
Und mit diesem Gedanken fing eine warnende "Stimme" an in meinem Kopf zu hallen.
Dieser Dienst konnte doch nicht gut ausgehen?
Wollte ich genauso enden wie meine Mutter?
Einen qualvollen Tod sterben, und seiner Familie nicht einmal lebe wohl sagen, weil man nicht zu Hause ist, sondern im Krieg?
Bevor ich noch länger darüber nachdenken konnte, ging auch schon wieder die weisse Tür des Rezeptionszimmers auf.
Ich erschrak von dem Quietschen, das mich unerwartet aus meiner Gedankenwolke fallen ließ und fiel fast von dem schwarzen Bürostuhl.
Der Herr lächelte, und entschuldigte sich für diese Unannehmlichkeit.
Er reichte mir das Formular, welches ich auszufüllen hatte, um der Wehrmacht beizutreten.
Langsam nahm ich den Füllerdeckel ab, und legte meinen Füller an das Formular an.
Nachdem ich alles ausgefüllt hatte, begann ich zögerlich zu unterzeichnen.
Ich gab dem Mann das Formular und verabschiedete mich von dem Herr, während ich aus dem Zimmer ging.

Als ich rausging, sah ich wie Charlotte schon auf mich wartete.
Und schon als ich nur zehn Meter von ihr entfernt war, fing sie an mich mit Fragen zu bombadieren.

"Und wie wars? Hast du jetzt unterschrieben? Wenn ja, wann geht es los? Wie viel Geld verdienst du? Und wie willst du dann überhaupt heiraten und Kinder kriegen wenn du arbeiten musst?"

"Oh je charlotte. Ich bin keine drei Sekunden hier und schon durchlöcherst du mich mit zu vielen Fragen.
Lass mich doch erst einmal erzählen!"

Und so erzählte ich ihr, wie ich am Anfang noch gezweifelt hatte,  dann aber unterschrieb und das Formular abgegeben hatte.
Ausserdem machte ich ihr klar, daß ich anderes vorhatte, als eine Zuchtstute zu enden.
Wir fingen an, zurück zu ihr nach hause zu laufen, da sie der Meinung war, noch etwas Tee mit mir trinken zu müssen.
Als wir schon kurz vor ihrer Haustüre standen, trafen wir auch schon ihren Gatten.

" Hallo Schatz, wie war dein Tag?"

Fragte er Charlotte, während er sie umarmte und auf die Stirn küsste.

" Ich hatte heute einen sehr nervenaufreibenden und spannenden Tag mit Grace. Sie hatte sich nämlich für den Dienst an der Wehrmacht eingeschrieben."

Als Herr Gmündfeld, ihr Gatte, dies hörte, schaute er sofort zu mir und bemusterte mich genau.
Anschließend sagte er;

" Was für eine tapfere Frau! Die Soldaten können jede Hilfe gebrauchen."

Dann schritt er zu mir und schüttelte meine Hand freundlich zur Begrüßung.

" Ich würde vorschlagen, dass sich Grace noch etwas zu uns gesellen kann, damit sie ihre heutige Erfahrung schildert."

So nahm ich die Einladung an und betrat mit ihnen ihr Haus.
Ich sass mich an den Esstisch, als sich Grace schon mit einer Kanne Tee auf mich zu bewegte.
Sie schenkte mir eine Tasse ein und ich bedankte mich.
Daraufhin setzte sich Herr Gmündfeld und Charlotte zu mir an den Tisch.

"Also Grace. Wie geht es jetzt weiter?"

Fragte mich Charlotte neugierig.

"Also: In dem Formular stand, dass ich fünf Tage die Woche für acht Stunden dort arbeiten muss.
Morgen ist mein erster Termin dort, andem sie die richtige Arbeit an der Wehrmacht für mich aussuchen werden.
Ich kann eine Arbeit an der Rezeption, an der Anmeldestelle der Kriegsgefangenen oder als Soldatin bekommen.
Weiteres wird sich, wie gesagt, aber erst morgen klären."

" Und welchen Job hättest du denn gerne?
Du weisst, dass ich ein Offizier bin,  und dir dort gute Stellen schon im Voraus besorgen könnte."

Sprach nun Herr Gmündfeld.

"Das ist sehr nett von ihnen, Herr Gmündfeld.
Aber dennoch würde ich gerne alleine meinen Weg bei der Wehrmacht bestreiten.
Sie müssen wirklich nichts für mich besorgen!
Trotzdem vielen Dank für Ihr Angebot! "

" So wie sie wollen. Wenn sie sich es aber anders überlegen sollten, können sie ja meine Gattin Charlotte darüber in Kenntnis setzen."

Mit diesem Satz stand er auf und verabschiedete sich, da er müde war und sich nun zu Bette legen wollte.
Nun waren ich und Charlotte alleine.

"So, Schätzchen. Ich bin nun auch sehr müde und würde mich gerne bettfertig machen. Es war ein sehr schöner Tag mit dir heute"

" Dann werde ich mal gehen, es ist ja auch schon spät. Den Weg nach draußen finde ich ja alleine."

Mit diesen Worten verabschiedete ich mich von Charlotte und schritt aus dem Haus.
Draußen war es allmählich kühler geworden, deshalb warf ich mir mein Jäckchen über und wartete auf ein Taxi.
Ich wollte es nicht wieder riskieren, alleine um diese Uhrzeit draußen herum zu laufen.
Als ich aus der Ferne sah, dass sich ein Taxi näherte, hob ich meine Hand, um das Taxi herbeizurufen.
Das Taxi hielt vor mir, und der Fahrer öffnete mir die Tür.
Ich bedankte mich und schilderte dem Taxifahrer, wohin er fahren solle.
Nach einer 10 minütigen Autofahrt waren wir an dem Hotel angekommen.
Ich bezahlte die Fahrt und ging ins Hotel.
Kaum hatte ich mein Hotelzimmer betreten, schmiss ich mich auch schon auf das Bett.
Dann schreckte ich kurz auf.
Mir fiel ein, dass ich meinem Vater noch nichts von meinem Einschreiben erzählt hatte.
Doch die Müdigkeit überkam mich, und ich beschloss ihn morgen einzuweihen.
Kaum hatte ich dies zu Ende gedacht, vielen mir auch schon die Augen zu.

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So, das Kapitel ist etwas lang geworden, dennoch hoffe ich, dass es euch gefallen hat!
:D

Liebe niemals deinen FeindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt