Selina erwacht. Als Katze läuft sie selbstverständlich durch den ganzen Palast ohne dass ein Mensch sie aufhält. Sie geht zum Zimmer des jungen Prinzen. Er ist dunkler als sein Vater, der Pharao. Das Gerücht ging umher, er sei nicht das leibliche Kind des Königspaar. Die Geschwister waren alle hellhäutiger, entsprachen eher dem edlen Blut vom König. Aber Selina mochte ihn am liebsten. Katzen waren allgemein vergöttert, doch Kinder hatten ihre eigenen Regeln. Sie probierten alles mit allem. Neugierig fanden sie heraus was die Katzen mochten und was nicht. Das hatte natürlich auch öfters die Folge dass Kratzspuren bei den Kindern, abgeschnittene Haare bei den Katzen zu finden waren. Salim hingegen hatte noch nie einer Katze etwas getan. Er schmuste lieber mit ihnen. Verfolgte aufmerksam ihr Handeln und schaute fasziniert zu wenn sie sich ‚putzten‘. Die Verrenkungen die sie zustande brachten waren ihm ein Rätsel. So sehr er sich mühte, er schaffte es nicht sich so zu bewegen. Selina sprang auf sein Bett und der kleine Prinz legte sich sofort zu ihr. Sie genoss seine kleinen Hände, die sie kraulten und sanft streichelten. Er begann zu erzählen.. Das tat er immer wenn Selina kam. Sie wusste seit seiner ‚Ankunft‘ alles über ihn. Der Junge plapperte munter drauflos. Ein scharfer Ruf von draussen liess die Zwei zusammenzucken. Ali, der Leibwächter platzte ins Zimmer und fuhr ihn an zu gehorchen. „Pack sofort alles ein was dir lieb ist! Wir müssen verschwinden! Sofort!“ Ali’s Blick fiel auf Selina die aufrecht auf dem Bett sass. Er wollte gerade den Kopf schütteln da hatte Salim die Katze bereits auf den Armen. Das war alles was er mitnehmen wollte. Ali schaute ihn eindringlich an. „Du bist sicher dass du nur dieses Vieh mitnimmst? Wir können nicht zurück!“ Selina fauchte Ali an. Frechheit, sie ‚Vieh‘ zu nennen! Salim aber hielt sie noch fester und nickte eingeschüchtert. „Also gut. Komm, Kleiner. Aber du passt selber auf sie auf, verstanden?!“ Wieder nickte er. Es krachte. Vor der Tür war ein Durcheinander von schreienden Menschen. Der ganze Palast war in Aufruhr. Ali packte den Jungen mitsamt Katze und rannte los. Selina war nervös. Sie wurde nicht gern getragen. Sie spürte den Kleinen, er zitterte vor Angst. Sie wusste dass sie wohl das einzige war weshalb er nicht wie am Spiess losschrie. Ali rannte durch die Kellergewölbe, durch den Geheimgang nach draussen. Er rannte weiter, lief bis zur absoluten Erschöpfung zum kleinen Dorf vor der Stadt. Hinter ihnen tobte der Krieg. Schreckliche Bilder von Gemetzeln werden Salim und Selina noch jahrelang verfolgen.
Im Dorf eilte eine ältere Frau auf sie zu und kümmerte sich sofort um den Jungen. Ali berichtet ihr was geschehen war. Nachdem sie sogar an Selina gedacht hatte, Essen und Trinken mit ihnen teilte, zog sie Ali beiseite. „Ihr müsst weiter! Hier ist es nicht sicher für den Jungen und das Mädchen. Geh mit ihnen zu den Tuareg im Norden. Sie werden sich ihrer annehmen.“ Ali drehte sich um. Salim strich gerade über das glänzende Fell Selina’s. „Mädchen?“ wiederholt er ungläubig. „Geht jetzt. Die Tuareg werden dir helfen zu sehen. Viel Glück.“ Sie packte noch etwas Nahrung ein und verabschiedete sich. Ali lief also weiter. Er liess aber nun den Jungen alleine laufen, Selina war sowieso wohler so. Nach einem Tagesmarsch trafen sie endlich auf den Stamm der Keheli. Scheinbar waren sie erwartet worden. Die Ältesten nahmen Selina und Salim sofort in ein Zelt, bevor Ali überhaupt reagieren konnte waren sie verschwunden. Er war eh zu müde. Nach der ausführlichen Berichterstattung seinerseits und der reichhaltigen Verpflegung der Keheli wollte er Salim sehen. Der Junge sprang ihm sofort in die Arme als er ihn erblickte. Fragend sah Ali ihn an; „Wo ist denn dein Tier?“ „Sie ist bald kein Tier mehr“ flüsterte Salim. „Sie machen jetzt das Mädchen haben sie mir gesagt. Aber wir dürfen nicht rein.“ Ali schaute ihn an. Der Junge hatte wohl zuviel Sonne erwischt. Den beiden wurde ein Lager zugeteilt wo sie auch sofort einschliefen.
Am Morgen, die Sonne begann gerade aufzugehen, wurde Salim von einem glockenhellen Lachen geweckt. Müde rieb er sich die Augen und kroch langsam aus dem Zelt. Ali schnarchte, ein untrügliches Zeichen dass er immer noch tief und fest schlief. Draussen brannte bereits ein Feuer und ein paar Tuareg standen im Kreis zusammen. Salim schob sich zwischen ihnen durch um zu sehen was in der Mitte war. Ein Mädchen sass dort und kicherte während ihr ein Ältester gerade zeigte wie sie essen konnte mit ihren Händen. Sie bemerkte den Neuankömmling sofort, drehte den Kopf und Salim blickte in die schönsten grünen Augen der Erde. Da war er sicher. Mit offenem Mund starrte er das Mädchen an. Ihr Haar war seidig, tiefschwarz und fiel über ihre zierlichen Schultern. Wie in Trance machte er einen Schritt und streckte sein Arm aus um sie zu berühren. Das Mädchen kicherte, liess aber zu dass er ihr über das Haar strich. „Selina..“ flüsterte er. Sie sprang auf, geschmeidig wie eine Katze, und schlang ihre Arme um ihn. „Salim, endlich kann auch ich dich halten. Aber du kannst dein Mund wieder schliessen.. oder hast du Hunger?“ Er reagierte erst wieder als er den Mund mit Brei voll hatte den Selina ihm amüsiert in den Mund gesteckt hatte. Salim verschluckte sich, hustete, schluckte aber den Brei dennoch hinunter und strahlte über das ganze Gesicht. Selina hüpfte derweil im Lager herum und erfreute sich an den vielen Dingen, die sie im Körper der Katze nie hatte tun können. Ihre Sinne waren genauso scharf, deshalb hörte sie Ali bevor er ganz aus dem Zelt schritt. Sie sprang ihn an und plapperte drauflos. Ali hielt sie nach dem ersten Schrecken ein wenig weg und staunte. „Siehst du? Jetzt bin ich kein ‚Vieh‘ mehr..!“ Er setzte sie wieder auf den Boden und merkte wie ihn mittlerweile der ganze Stamm ansah. Er wollte sich gerade erklären, doch ein spitzer Schrei lenkte die Keheli ab. Aufgeregt liefen sie zur Quelle wo ein kleiner Teich sich gebildet hatte. Als die Lage klar war setzten sie sich lachend und verfolgten was am Ufer passierte. Salim versuchte Selina ins Wasser zu zerren, als Katze kannte sie das nicht. Sie kreischte und lachte, das Wasser spritzte jedesmal wenn Salim abrutschte und hinfiel. Amüsiert über das eigenartige Schauspiel setzte auch Ali sich hin. Salim kam schliesslich keuchend aus dem Wasser und setzte sich zu Ali. „Na, wohl nicht so einfach das ‚Kätzchen‘ zu baden?“ Salim’s Augen blitzten ihn an. Sein Ehrgeiz war geweckt. Schnurstracks lief er zu Selina versuchte aber diesmal nicht sie zu zwingen. Er nahm vorsichtig ihre Hand und machte einen kleinen Schritt ins Wasser. Er ging in die Knie und Selina tat es ihm gleich. Ihre Hände bewegten sich langsam Richtung Wasserspiegel. „Keine Angst, es passiert dir nichts. Und du trocknest auch wieder, glaub mir.“ Selina war das Wasser nicht geheuer. Aber sie vertraute Salim, er würde nie etwas tun was ihr schadete. Ihre Hände tauchten ins kühle Nass. Selina quietschte. Sie sah in die dunkelbraunen Augen von Salim und sagte in Gedanken ‚ich vertraue dir‘. Salim stand auf und machte weitere Schritte ins Wasser. Er winkte Selina zu und das Unglaubliche geschah. Selina sah ihm fest in die Augen und Schritt langsam zu ihm. Als sie bis zur Hüfte im Wasser waren begann Salim zu schwimmen. Sie wusste nicht wie das ging und wartete lieber bis er wieder bei ihr war. Ihre Hände glitten durch das neu entdeckte Element. Salim tauchte plötzlich vor ihr auf und griff ihre Hand. Zurück am Ufer klatschten die belustigten Zuschauer und gratulierten ihm zu diesem Erfolg. Mahta, die Älteste, trocknete die zwei ab und erklärte Salim dabei, dass noch nie ein Katzenmädchen am ersten Tag ins Wasser gegangen war. Er lächelte Mahta an und erwiderte; „Mein Mädchen ist eben besonders!“
Wieder erwacht Selina. Ihr Leben war bis jetzt damit verbunden gewesen, zu flüchten, Angst vor der Entdeckung, wer sie wirklich war. Die Tuareg schützten sie. Aber ihre Macht war nicht grenzenlos. Salim und sie wechselten immer wieder die Stämme. Sie wuchsen zu jungen Erwachsenen heran, lernten und waren unzertrennlich. Als Selina zum ersten Mal ihre monatlichen Blutungen bekam wollten die Ältesten sie trennen. Ohne Erfolg wie sich ein Tag später herausstellte. Die Beiden kehrten zurück nachdem sie drei Tage verschwunden waren und stellten sich vor die Ältesten. Sie drohten mit weiteren ‚Ausbrüchen‘ ohne Rückkehr wenn sie getrennt würden. Seufzend und resigniert gaben die Alten nach. Gegen den Willen einer Katze war kein Kraut gewachsen, das wussten sie.
Zwei Jahre später entdeckten Selina und Salim zum ersten Mal ihre Gefühle. Sie waren wie so oft in einer der wenigen Quellen am schwimmen. Selina hatte schnell gelernt wie das ging und freute sich seit Jahren immer wieder auf den Sprung ins Wasser. Salim hatte sich schon lange in die junge hübsche Frau verliebt, zu der Selina geworden war. Er spürte, dass sie nicht sicher war was in ihr vorging. Ihre Zuneigung war da. Oft schmiegten sie sich aneinander und sahen zu den Sternen. Der Teich war nicht tief, so dass sie ohne Probleme stehen konnten. Er machte ein paar kräftige Züge und schlang von hinten seine Arme um sie. Sie wehrte sich nicht. Sie hatten genug geblödelt für heute dachte sie. Selina drehte sich flink um doch Salim liess nicht los. Nase an Nase standen sie im Wasser, spürten ihre Körper in der Umarmung. Er zog sie noch näher und küsste sie. Zu seiner Freude küsste sie ihn sofort zurück und schloss ihre Arme fester um ihn. In ihnen zündete sich das Feuer der Leidenschaft, die jahrelange Zuneigung und das Zusammenspiel liess sich nicht mehr zurückhalten. Salim trug seine Angebetete aus dem Wasser legte sie sanft in das kleine Stück Wiese am Ufer. Sie strich über seinen kräftigen Körper und gab sich der Leidenschaft hin.
Es würde noch mehrere Träume geben im Leben der neuen Katzenfrau. Doch nun war sie bereit ‚ihr‘ Volk zu retten und zu helfen wo es auch immer nötig war. Selina war nun mit Leib und Seele dabei, der Aufgabe die ihr aufgetragen wurde zu erfüllen. Das junge Mädchen in Europa, die Geschwister die sie hatte, ihre Eltern, waren nun ‚gelöscht‘… Auch die Familie in Europa, würde sich nicht daran erinnern wer Selina gewesen war. Ausser ihr Vater, Frederik.
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Selina, Katzen und Ägypten
FantasySelina war immer gerne bei ihrer "Katzen-Oma" Lisbeth. Dort erfährt sie kurz vor ihrem 16. Geburtstag etwas dass ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen wird.... Die Katzen werden ihr wohl immer bleiben, genau wie bei Lisbeth.