Katzenfrau

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Katzenfrau

Zurück im Lager wurden die Zwei grinsend empfangen. Nur die Stammesälteste schaute etwas grimmig und winkte Selina zu sich, sobald sie das Feuer erreicht hatten. Selina kniff ihre grünen Augen zusammen, grinste und wollte Salim noch ein Kuss aufdrücken. Bevor sie sein Mund spürte krallte sich die dürre Hand von Mahta um ihr Handgelenk und zerrte sie weg. Reflexartig wollte Selina sich aus dem Griff winden, liess es aber sofort sein als ihr Blick auf Mahta fiel. Sie liess sich ins grosse Zelt zerren und setzte sich nach der Aufforderung auf den Boden. Tuareg-Zelte waren erstaunlich geräumig, für das dass das Volk seit jeher als Nomaden lebten. Die Zelte der Ältesten hatten ausserdem meist noch ein kleines Vorzelt. Zum Empfangen von Besuch, den die Schlafplätze der Tuareg nichts angingen, war dies eine bequeme Lösung. Selina musste sich nun ein ellenlanger Vortrag anhören. Über den Zyklus der Frau, Schwangerschaften und die Gefährdung des Kindes im Bauch, wenn sie ihren Aufgaben nachgehen wollte. Selina liess sie geduldig ausreden, obwohl sie bereits alles wusste. Mahta war wohl langsam etwas vergesslich. Zum Schluss wollte Mahta wissen wie sich denn der Zyklus entwickelt hatte. Da sprang Selina fauchend auf und schnitt Mahta wütend das Wort ab. „Bei allem Respekt dem Alter, dir gegenüber. Bei aller Dankbarkeit die ich für dich empfinde, die Schuld in der ich bei dir stehe, die ich wohl nicht zu begleichen vermag… Aber es reicht jetzt! Du hast kein Recht zu bestimmen wie oder was, geschweige denn wann ich etwas tue. Ich bin frei. Gute Nacht!“ Schnaubend und leicht fauchend lief Selina lautlos aus dem Zelt. Das Feuer war fast niedergebrannt, was Selina natürlich nicht hinderte genau zu sehen wie noch eine kleine Gruppe des Stammes still da sass. Wendig schlich sie sich um das Grüppchen und ging ihrem untrüglichen Geruchsinn nach der ihr verriet dass Salim draussen stand. Leise, auf allen Vieren schlich sie sich von hinten an Salim heran. Der Wind wurde stärker, wahrscheinlich kam ein Sandsturm. Das erleichterte Selina das Anschleichen. Obwohl Salim ‚nur‘ menschliche Sinne hatte wusste sie dass er überdurchschnittliche Fähigkeiten besass. Ein Ast knackte. Den Moment nutzte sie um sich auf Salim zu werfen. Sie kullerten zusammen die Düne herab und Selina wollte ihn gerade lachend zu Boden drücken. Wieder ein Geräusch. Selina presste ihre Hand auf seinen Mund und konzentrierte sich nur auf ihr Gehör. Als sie sicher war dass er begriffen hatte was vor sich ging, liess sie ihn los, legte sich flach neben ihn. Salim blieb an Ort und Stelle liegen. Er hatte gespürt dass etwas nicht in Ordnung war. Fragend schaute er sie an. Ihre Augen verrieten nichts. Sie lag und lauschte. Dann hörte er die leisen Stimmen die der Wind zu ihnen trug. Ein Flüstern. Salim erkannte keine der Stimmen was in zusätzlich in Panik versetzte. Selina gelang es ihn zu beruhigen indem sie seine Hand nahm und ihn eindringlich anschaute. Die Stimmen wurden immer leiser, entfernten sich offenbar wieder. Selina gab ihm ein Zeichen ihr zu folgen. Als Kinder hatte sie ihm viel gezeigt wie er sich bewegen konnte ohne aufzufallen.

Langsam krochen sie die Düne hinauf. Der Sturm nahm immer weiter zu. Beide wussten dass das die grössere Gefahr darstellen konnte, solange sie ungeschützt im Sand lagen. Andererseits war das genau den Schutz den sie brauchten um unbemerkt ins Lager zu kommen. Der Wind heulte mittlerweile so stark dass auch Selina Mühe hatte etwas anderes zu hören. Vorsichtig blickt sie über den Rand der Düne, die sich nun ständig veränderte. Entsetzt keuchend schlug sie die Hand vor den Mund. Salim wollte ebenfalls sehen was geschah, Selina riss ihn aber herum und begrub sich mit ihm unter dem Sand. Sie wusste, sein Schesch würde ihn nicht lange vor den feinen Sandkörnern schützen. Sie drehte ihn langsam und grub gleichzeitig ein kleines Loch, in das er atmen konnte. Salim liess Wort- und Widerstandslos alles mit sich machen. Er vertraute Selina mehr als sonst jemandem. In seinem Kopf jedoch spielten sich die wildesten Szenen ab. Sie würde nie so reagieren wenn es nicht wirklich ernst war. Er verhielt sich weiterhin ruhig, atmete flach und versuchte seine Gedanken zu ordnen und seine Sinne zu schärfen. Er spürte wie Selina sich nach kurzer Zeit aus dem Sand löste. Es war nun finstere Nacht. Kein Stern war zu sehen wegen dem Sand, zudem war gerade Neumond. Selina wand sich vorsichtig aus dem Sand. Plötzlich war es still. Keine Stimmen. Kein Sturm. Seltsam, dachte sie. So schnell lösen sich Stürme nicht auf…

Selina, Katzen und ÄgyptenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt