Holt Ben einfach aus. Ich schließe schon meine Augen und kann seine Hand auf meiner Wange spüren. Doch der erwartete Schmerz kommt nicht. Vorsichtig öffne ich meine Augen und bekomme nur Daves Rücken zu Gesicht. „Du kleines Miststück! Wirfst dich gleich dem nächst besten an den Hals! Du bist so eine schlampe!" Es fällt mir wie Schuppen von den Augen. Diese Stimme! Wie konnte ich sie vorher nicht erkennen? Ich schäme mich zutiefst und der Schmerz, den ich jetzt verspüre, ist stärker als jede Ohrfeige. Wie konnte ich mich nur so in ihm täuschen? Ich kann es nicht glauben, dass ich so blind war. Das muss doch alles ein schlechter Traum sein! Während ich in meinen Gedanken versunken bin, hat Ben angefangen auf Dave einzuprügeln.
Daves POV
Gerade habe ich einen Schlag von Ben gegen den Kiefer kassiert. Ein stechender Schmerz explodiert an dieser Stelle. Woher ich Bens Name weiß? Nun ja, sagen wir mal so: Alte Freunde vergisst man nicht. Er war schon immer stärker wie ich, vielleicht liegt es auch daran, dass er eineinhalb Köpfe größer ist wie ich. Doch nun konnte ich auch einen harten Treffer auf seinem Auge landen. Er hält kurz inne. Diese Chance nutze ich: „Ich würde mal sagen das passt wörtlich wie die Faust aufs Auge." Ich greife mir Bens arm, der mich immer noch leicht verdattert anschaut, und drehe ihn ihm auf den Rücken: „Ich würde sagen du gehst jetzt und lässt mich und Mira in Ruhe!" Wütend schnaubt er, doch als ich seinen Arm noch ein Stückchen nach oben drücke, lenkt er schließlich ein: „ Ist ja schon gut!" Und mit diesen Worten verschwindet er wirklich. Ich schaue mich nach Mira um und sehe sie geschockt an. Ihr ist sämtliche Farbe aus dem Gesicht gewichen. Ich gehe auf sie zu und lege ihr vorsichtig einen Arm um die Schultern. Ich kenne sie zwar erst seit gestern, doch ich weiß, dass sie körperliche Nähe nicht gerne zulässt, das heute Nacht war wohl eine Ausnahme. Doch sie unternimmt nichts um meinen Arm loszuwerden, also führe ich sie auf die Haustür des kleinen, gemütlichen Häuschens zu. Langsam holt sie ihren Schlüssel heraus und lässt uns und Haus.
Miras POV
„Geh schonmal in die Küche und nimm die einen Eisbeutel für dein Kinn, ich... muss kurz auf Toilette." Dave nickt und geht fragend auf einen Durchgang zu. Ich nicke nur und eile selbst immer noch wie in Trance ins Badezimmer. Ich schließe ab und suche leise nach Dads Rasierer. Kurz darauf zieren einige rote Striche meinen Arm. Ich weiß selbst nicht, warum ich es immer wieder tue. Aber irgendwie fühle ich mich dadurch lebendig und doch auch so tot, weil ich mir selbst so was antue. Schluchzend breche ich im Badezimmer zusammen. Ich kann einfach nicht mehr. Auf einmal höre ich Schritte vor der Tür: „Mira, alles in Ordnung?" Ich kann nicht antworten sondern schluchze einfach immer weiter. „Mira, wenn du nicht sofort was sagst, trete ich die Tür ein!", klingt wieder Daves energische Stimme durch die Tür. Ich gebe ein gepresstes „Alles Ok, brauch noch kurz" von mir und fasse einen Entschluss. Ich atme tief durch und versuche mich selbst zu beruhigen. Dann hole ich mein Handy heraus und drücke Mamas Kurzwahltaste. Nach kurzem klingeln geht sie ran und ich beginne einen Monolog runter zu rattern. „ Mama, bitte kommt wieder her! Ich will hier nicht weg, bitte! Ich will nicht in die USA oder nach Hamburg, bitte, ich will einfach nur hierbleiben. Bitte kauft das Haus nicht..." „Hey, mein Schätzchen, alle gut, aber Hamburg ist das beste für dich, du brauchst Abstand zu Ben..." Sie will weiterreden, doch diesmal unterbreche ich sie. „ Genau das ist es ja! Ben ist ein Arsch! Ich will ihn nie wieder sehen, bitte kommt wieder her!" Meine Mutter seufzt. „ Ok, Schätzchen, wir sind übermorgen gegen Abend wieder zu Hause, ich glaube wir sollten mal ordentlich miteinander reden." Damit hätte ich nicht gerechnet, dadurch entsteht eine kurze Stille. „Ok", meine ich schließlich nur noch und lege auf. Ich schaue mich suchend im Bad um und finde tatsächlich einen frisch gewaschenen schwarzen Hoddie von mir. Schnell wechsle ich mein Oberteil und wische mir die Tränen weg, dann öffne ich die Tür. Dave steht davor und sieht mich besorgt an. „Alles Ok", sage ich daher. „Wenn du schon sagst, dass alles Ok ist, ohne, dass ich überhaupt frage, stimmt es nicht." Ich beise mir auf die Lippe. Verdammt, was soll ich jetzt sagen? Ich schaue einfach nur verlegen auf den Boden. „Ich weiß nicht was los ist, Mira, aber ich sehe, dass es dich zerstört. Rede mit jemandem. Nicht unbedingt mit mir, ich würde mir am deiner Stelle auch nicht vertrauen, aber..." Ich unterbreche ihn: „Natürlich vertraue ich dir, aber es geht einfach nicht." Wieder breche ich in Schluchzern auf dem Boden zusammen. Dave kniet sich neben mich, nimmt mich in die Arme und streicht mir beruhigend über den Rücken. Ich weiß nicht wieso, aber ich fühle mich einfach sicher in Daves Armen und habe auch nicht so große Probleme körperliche Nähe zuzulassen. Ich wollte schon immer keine körperliche Nähe, und nach dem Vorfall erst recht nicht mehr. Bis ich mich einfach nur neben Ben legen konnte, dauerte es 5 Monate. Und selbst dann war es mir noch unangenehm. Doch nach heute habe ich das Gefühl, dass ich keinem mehr vertrauen kann. Ich habe den falschen Menschen vertraut, den falschen Menschen mein Herz geschenkt. Und in diesem Moment fasse ich den Entschluss, dass ich niemals wieder jemanden diese Macht über mich geben möchte. Auch nicht Dave, obwohl ich immer noch das Gefühl habe, dass ich ihm vertrauen kann. „Es wäre besser wenn du jetzt gehst", bringe ich mit kratziger Stimme hervor. Durch meinen Tränenschleier kann ich seine Reaktion nicht wirklich nicht wirklich sehen. Doch wahrscheinlich verwirre ich ihn.„Ich lass dich jetzt ganz sicher nicht alleine hier." „Meine Eltern kommen gleich nach Hause." „Mira, ich weiß nicht, was plötzlich los ist aber 1. habe ich gehört, dass deine Eltern erst übermorgen kommen und 2. wirst du mich nicht mehr so einfach los." Seine Worte rauschen einfach nur durch mich durch, ich bin nicht mehr fähig zu denken. Ich fühle mich nicht mehr selbst, es ist als würde ich mich selbst in dieser Situation beobachten. Und ich weiß, dass Dave recht hat, es zerstört mich. Das alles, vor allem die neue Erkenntnis, dass Ben mich die ganze Zeit nur belogen hat. Aber vor allem zerstöre ich mich. ICH zerstöre MICH, ich ganz allein, denn seit der Sache bin damals habe ich einen Selbsthass auf mich, ich ekele mich vor mir selbst. Und in diesem Moment mehr denn je. Ich schüttele Daves Hand von meinem Rücken und bringe etwas Abstand zwischen uns. Ich kann einfach nicht verstehen wieso er bei mir bleiben will. Wie kann er diesen hässlichen Menschen mögen? Und damit meine ich nicht nur das Äußere, sondern auch meinen Charakter. Keine Frage, ich bin nicht schön anzusehen, zu mindest in kurzärmeligen Oberteilen, doch auch meine Seele ist hässlich. Ich war nicht immer so, doch als ehrlicher Mensch wird man so, durch die anderen. Ich springe auf und will in mein Zimmer rennen und mich einschließen, doch das Aufspringen war wohl nicht so gut. Mir wird schwindelig und die ganze Welt scheint sich zu drehen. Zwei starke Arme schlingen sich von hinten um meinen Körper und plötzlich ist alles schwarz.
Ich blinzle langsam und öffne dann vorsichtig die Augen. Ich liege auf unserer Couch im Wohnzimmer und schaue in das erneut besorgte Gesicht von Dave. „Ich bin wohl etwas zu schnell aufgestanden", murmle ich mehr zu mir selbst. „Kann man so sagen, wo wolltest du so schnell hin?" Ich bin schlecht beim Ausreden finden, also bleibe ich bei der Wahrheit: „Mich in meinem Zimmer einschließen." Plötzlich steht Dave auf, kommt auf mich zu und umarmt mich nur. Ich will ihn von mir wegschieben, denn mein Entschluss steht immer noch fest. Doch wie vermutet lässt Dave das nicht zu. „Also entweder ich bleibe hier bis deine Eltern zurückkommen, oder du kommst wieder mit zu mir", nuschelt er in meine Haare. Diesmal kann sich mein Herz durchsetzen.
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Yaehy, von mir kommt auch mal wieder was.
Ich weiß es ist schon ne Weile her, aber ich musste mir erst über einiges klar werden. Ich möchte mich an dieser Stelle bei CoAnonymous bedanken, denn ohne dich wären meine Texte wahrscheinlich schon längst nicht mehr hier auf Wattpad. Mehr möchte ich dazu auch gar nicht sagen.
Ich weiß nicht wann der nächste Teil kommen wird...
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Wer bin ich? #Wattys2016
Fiksi RemajaMiras Welt bricht zusammen, warum sind ihre Eltern so gegen die Pläne, die sie und ihr Freund haben? Sie versteht das alles einfach nicht... Und was sie dann erfährt, hätte sie niemals erwartet...