Kapitel 23 ~ Panik im Keller

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Nicht überarbeitet.

Zum hundertsten Mal wird an meiner Schulter gerüttelt, doch ich knurre einfach weiter der Richtung entgegen, in der ich eine Person vermute. Als nach dem milliardesten Versuch mich zu wecken, endlich meine Augen aufgehen, stelle ich emotionslos fest, dass ich die Wand beleidigt habe und der wirkliche Störenfried, meine Schwester, rechts von mir am Bett sitzt und mich piekst.
"Sag mal, bist du jetzt vollkommen tot?", fragt sie verblüfft und mustert mich wie einen Zombie.
"Sag mal, bist du lebensmüde mich an einem Samstag um diese unmenschliche Zeit zu wecken?", fauche ich sie aggressiv an, kaum die Kraft zurückhaltend, als ich ihr ein Kissen gegen den Oberarm schmettere, den sie gerade noch rechtzwitig zum Schutz ihrer heutigen Flechfrisur heben konnte.
"Es ist Freitag, du Flasche!", gibt sie zurück, woraufhin sie beleidigt mein Zimmer verlässt, die Nase gegen Himmel, die Brust herausgestreckt.
"Scheisse!", brumme ich in mein Bett. Wieso habe ich den Wecker nicht gehört? Ach, genau. Weil ich ihn gestern absichtlich nicht gestellt habe, in der Hoffnung die ersten drei Stunden ganz durch Zufall zu verschlafen. Hach ja, ich fühle mich selbst nach einer Runde Schlaf noch grässlich. Wie so ein Monster, dass dem braven Kind seinen letzten Lieblingsbonbon wegnimmt. Oder wie ein fieser Clown, der Zuckerwatte klaut und in Pfützen wirft. Vielleicht doch nicht ganz. Vielleicht sind meine Vergleiche schlecht. Vielleicht habe ich Lust auf Süsses. Vielleicht mag ich dss Wort 'viellleicht' auch etwas zu sehr...

Ich schwinge mich aus dem Bett, lande wohlbemerkt nicht auf dem kalten Fussboden der Tatsachen, trete auch nicht in meinen Kater Amory, der scheinbar die Nacht am meinem Bett verbracht hat. Ja, immerhin mein süsses Käterchen weiss, wann es mir schlecht geht und tröstet mich mehr oder minder...

Nach fünf Minuten kehre ich aus dem Badezimmer zurück, streife mir einen Pulli über und schlüpfe in eine schlichte, schwarze Hose, die lamgweiliger ist als die Vielfalt an Mustern in meinem Schrank. Und das muss was heissen, wenn mein Schrank bloss Streifen enthaltet.

Dann mache ich mich auch schon auf den Weg. Meine Eltern kommen heute Nachmittag nachhause, also muss ich Maggie noch ein letztes Mal mitnehmen, Gott sei Dank.

"Magdalena?", krächze ich noch immer verschlafen, während ich ihr Zimmer, die Küche und das Wohnzimmer nach meiner Schwester durchsuche. Wo ist sie?
"Daaaphneeee!", erklingt ihr Ruf aus dem Keller. Wieso zum Geier ist sie im Keller?
"Maggie? Alles okay?", entgegne ich zögerlich, während ich die Kellertüre wohl behütet aufstosse. "Oh Gott, ist da noch jemand anderes?", schiesst es mir durch den Kopf und ich packe die nächst beste Sache, die zu der Verteidigung meiner Schwester sowie mir dienen könnte. Ein... Schuhlöffel. Heilige Scheisse, immerhin ist es einer von diesen langen, damit man sich nicht bücken muss. Aber seien wir ähnlich, bei einer Zombieapokalypse wäre ich schlicht und eifach aufgrund meiner grottigen Waffenwahl am Arsch.
"Maggie? Maggie!", schreie ich hektisch.
"Aaaah!", kreischt sie. Ich kann mir die Panik in ihren Augen bereits vorstellen. Genau dieses übermannenden, oder sollte ich sagen überdaphnende, Gefühl lähmt mich gerade, womit es mich daran hindert, endlich die erste Stufe nach unten zu nehmen. "Daphne!", wimmert Magdalena noch immer, wahrscheinlich steht sie kurz davor in Tränen auszubrechen.
"Oh Gott, oh Gott, oh Gott. Los Daphne! Geh endlich! Mach was! Lass sie nicht zurück!", motiviere ich mich. Doch der Versuch, meine Beine zu bewegen scheitert ein weiteres Mal. Hmm, eigentlich wäre es vielleicht halb so tragisch, keine Schwester mehr zu haben, besser keine Schwester, als keine Schwestern, oder? Was hat es für einen Sinn, wenn wir beide draufgehen?
"Dahahaaaphneeeeheheheheee!" Das wars. Sie heult. Verdammt!

Ich könnte doch die Polizei anrufen!

Scheiss auf Polizei, meine kleine Schwester wird gefangen gehalten!

Zuerst kommt mir die Idee, einfach herunter zu rennen, aber dann beschliesse ich, dass ein unauffälliger, leiser Hinterhalt viel effektiver ist.
Also schleiche ich zittrig herunter, die Arme fühlen sich wie diese roten Lakritzeschnürsenkel an, meine Beine scheinen sich an einen Massagesessel anzupassen, so sehr vibrieren sie.

Lesson 1 - Wie man sich einen Freund zeichnetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt