Ein paar Sonnenstrahlen, die durch die Gardinen huschten, kitzelten meine Nase. Benommen öffnete ich die Augen, um sicher zu stellen, dass alles so war wie vorher.
Dieser Traum, er fühlte sich so real an. Warum wollte mir jemand eine Niere spenden, der mich überhaupt nicht kannte? Warum träumte ich von Menschen, die ich noch nie zuvor in meinem Leben gesehen hatte? Nicht eine einzige meiner unzähligen Theorien ergaben einen Sinn.
Ich versuchte mich aufzurichten, da ich das lange Liegen leid war, doch es gelang mir nicht. Noch in der selben Bewegung verspürte ich einen furchtbaren Schmerz im unteren Teil meines Körpers und sackte zurück in das federweiche Kopfkissen hinter mir. Vielleicht waren es ganz normale Unterleibsschmerzen, allerdings kamen sie mir für diese einfache Erklärung zu stark vor.
Eine schlanke, blonde Schwester, die eine kleine, rechteckige Schachtel mit sich trug betrat das Zimmer. Dunkle Augenringe, die ihr ohne hin schon schmales Gesicht noch dünner wirken ließen, konnten ihre Müdigkeit nicht verbergen.
"Schluck bitte diese Tablette!", forderte sie mich auf.
Fragend sah ich sie an, da ich nicht wusste wozu und wie ich das Medikament herunterbekommen sollte. Ohne auch nur ein Wort zu verlieren lief sie zu einem silbernen Wagen, auf dem sich ein Krug voller Wasser und weiße Plastikbecher befanden, goss mir ein wenig davon ein und reichte ihn mir samt der Tablette.
"Aus welchem Grund sollte ich das schlucken?", fragte ich die junge Frau.
"Du bist frisch operiert und brauchst etwas gegen die Schmerzen."
Ich ließ einen kurzen Seufzer los und nahm das verabreichte Medikament zu mir. Die Tablette hinterließ einen bitteren Nachgeschmack, den ich versuchte mit dem restlichen Wasser wegzuspülen. Kaum hatte ich ausgetrunken, strebte die Schwester bereits den Ausgang an, doch ich hielt sie, wegen einer letzten, wichtigen Frage auf.
"Warum bin ich hier?"
"W-was?", stotterte sie.
Ich wiederholte mich, aber bekam nur einen gereizten Gesichtsausdruck, als vorzeitige Antwort zu spüren. Erwartungsvoll starrte ich zurück, solange bis sie sich entschloss mit mir zu reden.
"Ich würde dir sehr gerne weiterhelfen, aber ich habe mit deiner Vorgeschichte nichts am Hut. Ich kann dir lediglich sagen, dass du eine Transplantation hinter dir hast und eine Menge Erholung brauchst.", gab sie schließlich nach.
Eine Organspende? Nein, das konnte nicht sein! Es war ein Traum, nichts anderes als meine Fantasie. Warum spielte man mir solch einen fiesen Streich? Ich versuchte die Realität mit aller Kraft zu verleugnen. Es war für mich absurd einer Person freiwillig eine Niere zu spenden, die man nicht einmal namentlich kannte. Wieso sollte jemand so etwas tun? Der Junge aus meinem Traum war kerngesund. Er war nicht im geringsten dazu verpflichtet mein Leben zu retten.
Das Piepen des Herzmonitors, das mir allmählich die Nerven raubte, wurde von Sekunde zu Sekunde schneller. Es schien eine Art Alarm auszulösen, denn es dauerte keine halbe Minute, schon befanden sich zwei Ärzte und zwei Krankenschwestern an meinem Bett. Ich sah, wie sie mir etwas spritzen und spannte meine Muskeln an. Mit aller Kraft versuchte ich dem Schmerz, den die neue Nadel in meinem rechten Arm verursachte, stand zu halten. Meine Hände zitterten, als hätte ich die Kontrolle über sie verloren. Ich konnte deutlich spüren, dass mein Herz in einem ungewöhnlich schnellen Rhythmus schlug und mir das Atmen erschwerte.
"Bitte beruhige dich! Du bist in guten Händen.", redete jemand auf mich ein.
"Ihr Zustand stabilisiert sich!", rief eine andere Stimme.
Meine Umgebung verlor an Schärfe und mein Körper an Kraft. Ich wurde schläfrig und gab dem Verlangen zu Ruhen letztendlich nach.