Chapter 8 - Eine unerwartete Begegnung

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Erstaunlicherweise sah mich der bildhübsche Junge genau so schockiert an, wie ich ihn. Kannte er mich? Ich wusste zumindest nicht wer er war - abgesehen von Wandas Aushilfskraft. Er war wunderschön. Seine Augen faszinierten mich. Ich hatte noch nie in solch schöne, klare, grüne Augen geblickt. Sie ließen mich alles vergessen - meine Fragen - meine Zweifel - meinen Auftrag - selbst die Zeit.

Kleine Locken, die er vergeblich versucht hatte mit einem Haarband aus seinem Gesicht zu halten, fielen ihm auf die Stirn. Seine Haare hatten einen außergewöhnlich schönen und dunklen Braunton, der spielerisch mit seinen Augen harmonierte. Mich überrollte das Verlangen ihm durch die Haare zu wuscheln, doch ich hielt mich zurück. Wie konnte jemand so schön sein? Sein Gesicht war perfekt proportioniert und sein Körper gut durchtrainiert. Ein paar kleine, vereinzelte Tattoos huschten durch seine Sachen. An seiner linken Hand, knapp neben seinem Daumen schmückte ein kleines Kreuz seine Haut. Den Rest hielt er gut versteckt, bis auf zwei weitere Tattoos unter seinen Schlüsselbeinen. Ich konnte nicht genau erkennen was sie darstellen sollten, aber es schienen Vögel zu sein.

Meine Gedanken waren nur bei ihm. Ich konnte mich auf nichts anderes konzentrieren. Ich wollte weg, raus aus der warmen Bäckerei.

"I-Ic-Ich ...", stotterte ich und zeigte gleichzeitig mit meinem Zeigefinger auf die Tür.

"So, meine Lieben! Das wäre erledigt.", platze Wanda auf einmal rein.

Mir fiel ein Stein vom Herzen, als sie den Raum betrat. Noch unangenehmer konnte es immerhin nicht mehr werden.

"Ihr guckt ja als hättet ihr Außerirdische gesehen.", fuhr Wanda fort.

"Harry? Hast du Kim ihre Bestellung gegeben?"

Harry, schallte es durch meinen Kopf. Harry war sein Name.

"Noch nicht. Was hätten Sie gerne?"

Er wandte seine Augen von meinen ab.

"Ähm ... M-Meine Eltern haben sechs Brötchen bestellt."

"Oh, stimmt! Wartet! Ich habe sie schon verpackt.", fiel Wanda ein.

Sie rannte eilig zurück in den kleinen Raum. Na toll! Nun waren wir wieder zu zweit.

"Harry? Liegen die Brötchen eventuell bei dir?"

Manchmal konnte Wanda genau so chaotisch sein, wie ich.

"Ja, hier sind sie."

Ich hörte das Rascheln der Tüte, als Harry nach ihr griff. Er vermied stets den Augenkontakt - selbst beim Überreichen der Brötchen, bis sich unsere Hände berührten. Ein kribbelndes, mulmiges Gefühl durchschoss meinen Körper. Erneut gewährte er mir einen Einblick in seine fesselnden Augen. Ich versuchte mich von seinem Blick zu lösen und schaute auf seine rosigen Lippen hinab. Im Nachhinein war das nicht die beste Entscheidung, denn seine Lippen machten mich nur noch nervöser.

Ich bettelte innerlich um Erlösung und hoffte, dass irgendwer in den Laden stürmen und diesen Moment kaputt machen würde, aber es geschah nichts der Gleichen.

"Sorry, das halte ich nicht aus.", sagte er auf einmal und verließ den Tresen.

"Harry, wo willst du denn hin?", erkundigte sich Wanda erstaunt, doch eh sie die Frage zu ende stellen konnte, war Harry bereits verschwunden.

Ich stand wie versteinert an ein und der selben Stelle. Mir war nicht im geringsten bewusst, warum er so reagiert hatte. Hatte ich etwas falsches gesagt? Außer Gestotter kam nicht viel aus meinem Mund. Was war es dann?

"Kimi? Ist alles okay? Du bist ganz blass."

Ich brauchte einige Sekunden um mich zu fangen, doch ich wollte nicht unhöflich sein und antwortete Wanda.

"Alles Bestens."

"Kennt ihr euch?", fragte Wanda.

"I-Ich und Harry?"

Meine Frage schien sie zu amüsieren.

"Nicht das ich wüsste.", versicherte ich ihr.

Noch immer war ich geschockt und noch immer flogen meine Gedanken umgeordnet umher. Ich war froh, dass ich wenigstens für Wanda ein paar Antworten zusammenreimen konnte.

"Liebes, ab nach Hause mit dir. Ruh dich noch ein wenig aus, bevor die ... ähm."

Ihr kleiner Versprecher signalisierte mir, dass sie mir irgendetwas verschwieg.

"Wanda?"

Skeptisch hob ich eine Augenbraue.

"Genieß deinen Geburtstag. Ich schaue nachher kurz bei euch vorbei. Bis später!", versuchte sie vom Thema abzulenken.

"Okay, äh ... bis nachher."

Ich verließ den kleinen Laden und winkte Wanda zum Abschied.

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