Ich schlief tief und entspannt. Meine Gedanken waren überall, nur nicht im Krankenhaus und meine Augen machten keine Anstalten sich zu öffnen. Ich spürte eine warme, zarte Hand auf meiner Stirn, jedoch war ich mir nicht sicher, ob ich träumte oder zur Hälfte in die Realität zurückgekehrt war - ein Gefühl, dass ich seit kurzem hasste.
Im Krankenhaus war viel los. Eine Menge neuer Patienten wurden in die Klinik eingeliefert und bereiteten den Ärzten und Schwestern viel Arbeit. Sie liefen hektisch umher und hatten kaum Zeit, den Fragen meiner Mutter Aufmerksamkeit zu schenken. Sie schaute die Arbeitskräfte genervt an - ein Blick, mit dem man lieber nicht in Berührung kommen sollte - bis einer der Ärzte Zeit für sie fand.
"Was ist mit meiner Tochter passiert und wieso hat mich niemand informiert?"
Vorwurfsvoll sah sie ihm in die Augen.
"Sie ... sie hatte eine sehr heftige Reaktion nach einem Gespräch mit einer unserer Aushilfskräfte."
Er schien verunsichert zu sein.
"Worum ging es in dem Gespräch?", fragte sie eiskalt und direkt.
"Um die Transplantation", gestand er, "Ich empfehle Ihnen, zumindest vorerst das Thema rundum den Unfall zu meiden. Das sowohl psychische, als auch physische Wohlbefinden ihrer Tochter könnte geschädigt werden."
Ich entdeckte eine angsteinflößende Besorgnis in den Augen meiner Mutter.
"Warum?"
"Ihr Zustand ist stabil, allerdings ist sie zu schwach, um gewisse Informationen verarbeiten zu können. Möglicherweise könnten Unterhaltungen, die dieses Thema umfassen, ihre Tochter zu sehr belasten."
Sie senkte den Kopf, schaute kurz zu mir und guckte anschließend den Arzt an.
"Folgen Sie mir bitte. Ich muss Ihnen etwas zeigen, das sich nicht hier besprechen lässt.", verriet er ihr.
"Geben Sie mir fünf Minuten!", forderte meine Mom.
Sie betrat das Zimmer und lief auf mich zu. Vorsichtig nahm sie meine linke Hand und platzierte sich auf einem Stuhl neben dem Krankenbett.
"Schatz, wie geht es dir?"
"Gut, Mom."
Sie lächelte.
"Gut oder besser?"
"Okay, besser.", gab ich stur zu.
"Ich werde mich kurz mit dem Arzt unterhalten. Hast du irgendwelche Fragen an ihn?", erkundigte sie sich.
"Ja. Warum bin ich hier und wann werde ich entlassen?"
Ihre Mundwinkel senkten sich und ihr Gesichtsausdruck wurde ernster.
"Bis gleich, Liebling."
Sie erhob sich und versuchte meine Hand loszulassen, doch ich gab nicht nach.
"Ist noch etwas?"
"Ja, Mom. Wem gehört die Niere?"
"W-Wie bitte?"
Ich wiederholte mich.
"Können wir das ein anderes Mal klären, Schatz? Der Arzt wartet und hat sicherlich noch eine Menge zu erledigen."
Ich zog meine Hand an mich und ließ sie gehen. Eigentlich war mir im Voraus bewusst, dass sie ausweichen würde, doch ich hatte auf einen kleinen Versprecher oder andere harmlose Pannen gehofft.
Warum? Warum verriet mir niemand, was passiert war? Weder der Arzt, noch meine Mutter hatten mitbekommen, dass ich von ihrem Gespräch wusste. Das Problem war, dass ich der Lösung des Rätsels "Krankenhaus, Kim und Co." kein Stück näher kam.