Ich hatte mit Oscar noch einen Moment draußen gestanden, bis er mich an die Hand nahm: "Ich hab eine Idee, kommst du mit?" Ohne darüber nach zu denken lief ich einfach mit. Unseren Schatten, also naja, eigentlich meinen, baten wir im Gang zu warten. Er machte die Tür auf und jetzt wusste ich wo wir sind, im Büro von seinen Großeltern. "Was machen wir hier?", fragte ich, denn er hatte kaum etwas gesagt auf dem Weg hier her. Oscar setzte sich auf den Boden und lehnte sich an die Couch: "Lass uns einfach reden. Oder besser gesagt, ich frage und du redest." Ich lächelte ihn an und setzte mich ihm gegen über. "Dann leg los." Aber er sah mir nur in die Augen. "Ich würd gern wissen, wie du so gut geworden bist und ausgerechnet in Sprachen nichts auf die Reihe bekommst", meinte er und ich überlegte kurz, doch dann redete ich: "Ich habe in London meine ersten Fünf Lebensjahre verbracht, dann sind wir umgezogen wegen der Verhaftung meiner Eltern. In Deutschland war einfach alles neu und ich musste mich zurecht finden, aber weil ich immer nur die komische aus London war, hab ich mich mit denen geprügelt. Dabei hat mir niemand helfen wollen, nur mein Sportlehrer, der hat mich gelehrt richtig zu zuschlagen. Er hat viel Zeit mit mir verbracht, mir mit der Sprachbarriere geholfen und mir erklärt wie die Zahlen funktionieren. Ich hab mich mit den Neuheiten an Computern beschäftigt und mit Acht hab ich dann Toby kennen gelernt, er war der erste, der mich ernst genommen hat. Er hat mir einen Job gegeben und ich hab mit Neun mein erstes Auto bekommen, mein Käferchen Emma. Ich habe mich seit dem immer mehr angestrengt, bin in Boxclubs gegangen, habe mich in Kampfsportstudios angemeldet und gelernt. Ich wollte so viel wie möglich Beherrschung über mich selbst haben und so viel wie möglich um mich herum kontrollieren. Sprachen waren mir egal. Mir hat eh niemand zugehört oder mich überhaupt beachtet. Irgendwann habe ich gelernt, dass es ein Segen ist nicht beachtet zu werden. So habe ich immer mehr Geld verdient und ich hätte mir alles leisten können, aber ich wollte nicht. Ich habe ein paar Organisationen geholfen und ich habe es einfach auf dem Konto gelassen. Denn ich war zufrieden wie es war, hart, ungerecht, aber trotzdem schön. Verstehst du?"
Er nickte und dann fragte er weiter: "Wie ist dein zu Hause gewesen? Ich meine, hattest du viele Freund?" "Freunde hatte ich nicht, nur Hayden aber ich weiß jetzt, dass ein gekaufter Freund kein richtiger Freund sein kann, weil man Freundschaft nicht erkaufen kann. Genauso wenig wie eine Mutter. Ann konnte nicht ersetzen was ich vorher hatte, weil sie nicht wie eine Mutter war. Mein zu erstes zu Hause war von Körperlichem schmerz beherrscht und das war normal für mich, Schmerzen zu haben. Ich habe zwar durch Ann gelernt, dass Schmerzen nicht die Liebe ausdrücken, aber es war nicht dasselbe. Deine Mom hat mich so lieb, wie noch kein Mensch vorher, sie macht sich sorgen, nimmt mich einfach in den Arm und sagt mir, dass sie mich lieb hat. So etwas habe ich nie zu hören bekommen, Oma ist zwar gut zu mir gewesen, aber sie hat es eben nicht viel besser gemacht als meine Mutter vorher. Liebe hatte eben nicht viel Platz in meinem Leben, aber ich weiß was Liebe bedeutet und mit Menschen macht. Deswegen kann ich die annehmen, die mir deine Mutter gibt und auch dein Dad." "Du hast mich nicht erwähnt, das nehm ich jetzt ganz persönlich", sagte er gespielt beleidigt. Ich machte weiter ohne dem groß Beachtung zu schenken: "Das Haus war groß genug für uns vier, aber ohne die anderen beiden sehr einsam. Ich wollte eine Schaukel anbauen an dem großen Baum im Garten, so eine hatte ich mir immer gewünscht. Letztes Jahr haben wir probiert Eis zu machen, aber es ging total schief, deswegen hatte sie gesagt, dass wir es diesen Sommer solange machen, bis es funktioniert. Auch wenn sie lieber zugeschlagen hat, als mir Streicheleinheiten zu verpassen, hat sie sich doch an ein normales Leben versucht anzupassen. Auch wenn sie mich wie eine Tochter behandelt hat, war da immer ein gewisser Abstand zwischen uns. Wir kennen unsere Macken und auch einige unserer Schwachstellen. Ich komm zum Beispiel sehr häufig sehr schwer aus dem Bett, da hilft einfach ein kalter Waschlappen. Sie hat mich fast täglich damit geweckt. Aber ich weiß auch, wie gern sie im Garten arbeitet und neue Blumen pflanzt, deswegen habe ich Pflanzen mitgebracht wenn ich Mist gebaut hab. Dann hat sie mich nicht geschlagen, sondern Unkraut zupfen lassen. Es war ihre eigene Art mich zu foltern, aber ich habe meine Lehren daraus gezogen. Wie war es bei dir? Nach dem deine Tante gestorben war?" Er hatte mit der Frage gerechnet und antworte mir. "Ich bin danach zu meinen Eltern gezogen, hier in die Schule. Langezeit habe ich bei ihnen oder meinen Großeltern geschlafen, weil ich lange Zeit Albträume hatte. Ich hatte Angst in Autos einzusteigen und all so in Kram und dann hat mein Vater angefangen mit mir zu trainieren. Meine Mutter hat mir das Schwimmen beigebracht und meine Großeltern haben sich während des Unterrichts um mich gekümmert. Alle hier kennen mich von klein auf und verbringen immer wieder Zeit mit mir. Als ich dann ein Jahr hier war, setzte ich mich immer wieder in den Sprachunterricht, damals hat den noch ein anderer Lehrer gemacht. Computer haben mich nicht interessiert, im Gegensatz zu sprachen, sie haben mir die Möglichkeit der Kommunikation gegeben in den verschiedensten Staaten und Kontinenten. Wir sind immer in den Ferien weggeflogen, sie haben mir die Welt gezeigt und ich fühlte mich wohl. Es ist immer schön gewesen und dann kommst du her und stellst meine Welt auf den Kopf." "Im negativen Sinn?" "Im Gegenteil, ich habe schon Ewigkeiten nichts mehr mit Mädchen gemacht, durch dich weiß ich, dass es ein Fehler war. Ihr drei seid einfach krass cool und macht einen super Job. Du bist selbstlos, das hat mir so schwer Angst gemacht, dass ich innerlich gestorben bin, als der Schuss gefallen war. Ich hatte Angst, richtig echte Angst um dich." "Keine Sorge, ein Schuss bringt mich nicht um, er bringt nur eine neue Narbe. Ich hab gefühlte tausend Leben, ich scheine wirklich viele Schutzengel zu haben", erklärte ich und lächelte. Er war echt süß. "Um mich macht sich niemand sorgen, weil mein Tod nichts bringt. Sie brauchen mich lebend, tote können keine Kinderzeugen oder jemanden beerben. Es hat niemanden interessiert, also warum ändert sich alles ausgerechnet jetzt? Es lief gut und ich durfte endlich mal ins Ausland. Ich hab neue Menschen getroffen, hab mich geöffnet und dann dass, ich werde einfach mitgenommen, irgendwohin, wo ich niemanden kenne. Wo niemand weiß wie ich funktioniere. Ich bin kalt, berechnend und das war nie ein Problem, bis ich hier ankam. Jeder eifert mir nach, als wäre ich das Maß aller Dinge. Alle feiern mich wie eine Heldin, dabei hab ich so viel Angst davor Gefühle zu zulassen, dass ich lieber Abstand nehme. Ich treibe die Menschen lieber von mir weg, denn Menschen denen ich mich öffne, denen geschieht nichts Gutes. Sie werden verhaftet, gefoltert und sterben." Meine Hand nahm er in seine und er sagte beruhigend: "Ich werde immer hier sein, ich warte und ich bleibe. Niemand kann mich aufhalten, denn du bist mir wichtig und ich werde nicht sterben, denn ich habe auch einen Schutzengel und der macht seine Arbeit ganz gut. Ich habe kaum Narben oder sonst irgendwelche schweren Verletzungen. Ich weiß jetzt viel mehr über dich und dass beruhigt mich auch irgendwie, denn ich weiß jetzt, dass ich mir keine großen Sorgen machen muss. Denn du bist Überlebenskünstlerin, auch wenn du mir nicht alles sagst, wes ich, das du sehr viel durch gemacht haben musst, denn niemand kämpfte so wie du, als hänge das eigene Leben davon ab. Also verrate mir, wovon träumst du am liebsten?" Ich überlegte und dachte nach, doch dann fiel mir etwas ein, das ich mir immer gewünscht hatte. Ich lächelte und erinnerte mich an diese Filme: "Kennst du diese Filme, wo es ein Upgrade gibt und dann eine lächerlich unwahrscheinliche Liebesstory daraus wird?" "Klar, davon gibt es tausende", sagte er ebenfalls lächelnd. Ich nickte und fuhr fort: "Ja und ich hab mir auch immer ein solches Upgrade gewünscht, es wäre eine Abwechslung zu meinem bisherigen Leben und ist genauso unwahrscheinlich, wie dass meine Narben sich in Luft auflösen." "Welche Narben?" "Die auf meinem Herzen." "Vielleicht hilft ein Eis ein wenig?", fragte Oscar und zog mich auf die Beine.
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Die Legende der Agentin
ActionIch dachte immer mein Leben ist ganz okay. Keine Familie ist perfekt und meine Oma und ich sind ein gutes Team. Unser Ding ist Töten oder zumindest sollte es das sein. Ich liebe sie auf eine seltsame Art und Weise. Zumindest war ich mir dessen siche...