Aufbruch

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Als ich aufwache habe ich ein Ziehen im Bauch, na toll. Viel Spaß liebe Menschen meiner Umwelt, diese Woche werde ich unausstehlich sein. Ich weiß ja schon nicht wie Juli und Louis mich aushalten wenn ich nicht meine Tage habe... Ich gehe ins Bad und erledige was erledigt werden muss, Haare machen schminken, Zähneputzen. Ich packe meine Tasche und gehe in die Küche. Essen gemacht, essen eingepackt - Routine komplett. Ich gebe meiner Mutter einen Kuss und gehe mein Butterbrot kauend aus dem Haus. Ich bin heute mal im pennerlook. Mein Nagellack ist abgekratzt, mein Pulli hat ein paar Essensreste irgendwo kleben (was ja nicht immer ein Nachteil ist) und meine Jeans geht schon fast kaputt. Egal, ich bin wenigstens geschminkt. Ich erwische grade so meinen Bus und der blöde Busfahrer meckert mich noch an, weil mein Ticket aus dem letzten Monat ist. Ich winke ab und gehe weiter um mich auf einen Platz nahe der Tür zu setzten. Geschlossene Räume machen mich immer nervös, ich bin kein Mensch der sich gerne einsperren lässt sich wenn ich hier jeder Zeit rauskönnte habe ich immer das Gefühl etwas bedrängt mich. Als der Bus endlich die Schule erreicht bin ich die erste die den Bus verlässt. Diese Woche ist eine kurze Woche, Donnerstag und Freitag haben wir frei. Zum Glück. Ich bin jetzt schon angekotzt, habe jetzt schon Hunger, und bin jetzt schon müde, obwohl ich die Schule noch nichtmal betreten habe. Ich sehe Louis wie er vor der Tür steht und nach etwas Ausschau hält. Er hält Ausschau nach mir, denn als er mich sieht lächelt er und kommt auf mich zu. Warum gucken alle so scheiße aus er bei mir ist und mich fragt wie es mir geht?
"Geht so, bin heute nen bisschen müde" antworte ich ein bisschen abwesend auf seine Frage. "Ach, wer ist das nicht, das hat Schule wohl so an sich. Was hast du heute für Fächer?" "Das übliche" sage ich und lasse ihn stehen. Ich hab jetzt kein Bock. Er soll mich in Ruhe lassen. Doch, was ist das? Wieso? Was macht er da? Warum läuft er mir hinterher wie ein Hündchen? "Hör zu Louis, ich hab heute keine gute Laune kannst du mich bitte in Ruhe lassen?" Er guckt mich ein bisschen traurig an und geht ohne ein Wort. Ich sehe mich um und sage leise zu mir selbst "Danke". Ich setzte mich in die Klasse und sitze meine Zeit einfach ab. Juli lässt sich heute auch nicht bei mir blicken. Gott sei dank. Das soll jetzt echt nicht gemein klingen, aber ich bin heute einfach nicht gut drauf. Irgendwie haben sogar meine Lehrer gemerkt dass ich heute nicht für drauf bin und lassen mich in Ruhe. Meine Pausen finden wieder im Klassenraum statt und am Ende der 7. Stunde befindet sich nur noch ein, nicht bekritzeltes, Blatt auf meinem Block. Ich nehme meine Tasche und schlurfe zu meiner Bushaltestelle. So ging ein weiter Tag ins Land ohne dass etwas passiert ist. Zu Hause begrüße ich meine Mutter. " wie war dein Tag?" "Bescheiden.." Antworte ich ihrer Standardfrage und verziehe mich in mein Zimmer. Mein Handy klingelt und ich sehe dass ich einige Nachrichten auf whatsapp habe. Juli fragt wie es mir geht, Louis fragt wann wir uns sehen und Jennet aus dem Geschichtsunterricht fragt nach den Hausaufgaben. Ich sehne mich nach der Ferne ich will weg, ich will raus. Aber ich kann nicht, ich bin 19 Jahre alt und habe bis jetzt noch nicht gelebt. Ich sehe mich nach Zuneigung und kann sie gleichzeitig irgendwie nicht zulassen. Ich nehme mein Handy wieder in die Hand und schreibe Louis zurück.
"Wann hättest du denn Zeit?" Er war schon seit einer halben Stunde nicht mehr online. Ich nehme mir wieder libellensommer und lese. Ich habe schon rund 50 Seiten Gelsen als mein Handy vibriert. Ich öffne mein whatsapp und sehe das Louis mir geantwortet hat. Nach ner halben Stunde dann auch endlich mal geschafft mein Herr.
"Wann möchtest du denn;)?"
"Wann kannst du denn?" Antworte ich
"Jetzt" kommt zurück und im selben Augenblick klingelt es an der Tür. Sein ernst..
Ich bleibe einfach liegen und vertraue darauf, dass meine Mama die Tür öffnet. Nach 3 Minuten öffnet sich meine Zimmertür und ein Junge in einer schwarzen ausgewaschenen Jeans, einem schwarzen Shirt und einer ausgeblichenen Jeansjacke steht in der Zimmertür. Er zieht die Schuhe aus und schmeißt seine Jacke auf den Bode.
"Ey, du bist hier nicht zu Hause ja?!" Schnäuzte ich ihn an. Ich hasse es wenn jemand meine Ordnung stört. Sofort macht er kehrt und bückt sich um seine Jacke aufzuheben. Er hängt sie sorgfältig über den Schreibtischschublade und streicht die Schulter glatt. "Wie geht's" fragt er und steht etwas unbeholfen im Zimmer. "Komm her" sage ich ohne etwas auf seine Frage zu antworten und er kommt und legt sich zu mir unter die Decke. Wir liegen einander zugewandt im Bett und gucken uns gegenseitig in die Augen. Bestimmt 5 Minuten. Ich versuche etwas in seinen Augen zu finden, antworten oder sowas.
"Mir geht's schlecht" sage ich aus heiterem Himmel und mir läuft eine einzelne Träne aus dem Auge schräg über meine Nase bis sie im Kissen versickert. "Ich bin für dich da" er rutscht näher an mich heran und nimmt mich in den Arm. Ich lasse es zu, ich weiß gar nicht was mit mir los ist. Ich kenne ihn doch gar nicht. Trotzdem habe ich das Gefühl er ist der einzige dem ich sowas anvertrauen kann... "Ich fühle mich im Moment so schlecht, dass ich am liebsten gar nicht hier wäre." Er guckt mich an und versteht er nach 10 Sekunden was ich meine. Er rutscht ohne ein Wort noch näher an mich und hält mich einfach fest. Ohne ein Wort zu sagen und das zeigt mir dass er einer der wenigen Menschen ist die mich verstehen können. "Ich muss weg hier" "wo willst du hin? Wir können uns Auto steigen und losfahren" ja wohin? Am liebsten überall nur nicht dieses Zimmer mit diesen Erinnerungen und dieser Mutter mir immer dem selben Blick der sagt "warum hast du deine Schwester umgebracht?"
"Ich will ans Meer, ich will in die Berge, ich will in die Wüste, ich will weg." Und ohne ein Kommentar steht er auf, zieht seine Jacke und seine Schuhe an und geht.

Er geht. Warum geht er? Ich bleibe liegen und lasse mir seinen verbleibenden Duft durch die Nase schweifen. Ich bleibe einfach liegen und versuche mir keine Gedanken mehr zu machen.

Zwischenzeitlich kommt meine Mutter in mein Zimmer und fragt ob ich etwas essen möchte doch ich sage dass ich kein Hunger habe, ich schaue sie nichtmal an. Meinen Blick stetig auf den Fernseher gerichtet der gar nicht an ist. Die geht ohne ein weiteres Wort und das macht mich glücklich, ich will jetzt nicht reden.
Nach dem ich drei Stunden ohne mich zu bewegen im Bett gelegen habe, stehe ich auf und gehe ins Bad, da meine Blase drückt, ich wasche meine Hände und sehe meinem Spiegelbild die Müdigkeit an. Es ist 21 Uhr, nicht spät aber ich hab eh nichts zu tun also putze ich die Zähne.

Als ich mein Zimmer wieder betrete sitzt Louis auf meinem Bett und guckt mich an. "Lust auf ein Abenteuer?" Er hat eine große Landkarte in der Hand und Augen die vor Neugierde glänzen. Als Antwort lächle ich. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und möchte einen Brief an meine Mutter verfassen. Ich setzte 15 Minuten mit dem Stift in der Hand da, unfähig etwas zu schreiben bis auf "liebe Mama," dann endlich schreibe ich "hetzte lebe ich, in liebe Sky" drunter. Ja es ist kurz aber er sagt was ich fühle. Ich nehme eine große Tasche und stopfe wahllos Sachen rein.
"Louis, du bist ein fremder für mich, aber vielleicht ist das jetzt genau das richtige" meine Mutter sitzt im Arbeitszimmer denke ich, weil ich sie nirgendwo in der offenen Wohnung sehe. Sie bemerkt nicht als ich durch die Tür in eine neue Welt schreit.

Die Landkarte liegt noch auf dem Schreibtisch.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 12, 2016 ⏰

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