Ein paar Tage später
Theresa hatte, obwohl sie es nicht wollte, doch über das nachdenken müssen, was Stefan ihr gesagt hatte.
Was hatte sie eigentlich bisher vom Leben gehabt? Sie war fast dreißig und seit Jahren vegetierte sie förmlich hier dahin. Nicht, dass ihr dieses Leben auf der Alm nicht gefiel. Sie mochte die Tiere, die frische Luft tat ihr gut. Aber seit sie Stefan kennengelernt hatte, hatte sie das Gefühl, doch etwas versäumte.
Vor Jahren als ihre Großmutter noch gelebt hatte, waren sie manchmal weggefahren, nicht weit nach München oder Regensburg, dann und wann ins Nahe Ausland nach Österreich oder Tschechien.
Ihre Großmutter war vor fast zehn Jahren gestorben und seitdem zog sich nicht nur ihr Großvater immer mehr in sich zurück und wurde immer seltsamer, regelrecht menschenscheu, nein auch sie selbst hatte sich verändert.
Ihr Großvater mochte keine Fremden und darum hatten sich ihre so genannten Freunde auch nach und nach zurückgezogen.
Auch Stefan hatte nachgedacht. Auch über Theresa, aber vor allem über sein bisheriges Leben. Wie seltsam es war sich an nichts mehr erinnern zu können. Irgendwie machte ihm das ein wenig Angst, gleichzeitig war es aber auch sehr aufregend.
Theresa saß wie immer auf ihrem Lieblingsplatz vor dem Haus als er sich zu ihr gesellte.
„Na...", meinte Stefan.
„Na...", erwiderte Theresa.
Er setzte sich neben sie.
„Wo ist denn dein Großvater?" wollte er mehr aus Gewohnheit, denn aus wirklichem Interesse wissen.
Bei ihm war es nicht anderes als bei den meisten anderen. Theresas Großvater tat ja auch nichts, um sich beliebt zu machen.
„Am Friedhof. Heute ist der Todestag meiner Mutter. Da geht er immer hin", entgegnete Theresa absolut unemotional so als ob sie über das Wetter reden würde.
„Verstehe."
Und du wolltest nicht gehen?
Theresa lächelte. Sie war ihm dankbar und froh darüber, dass er nicht laut aussprach, was er sich vermutlich dachte.
„Ich habe noch viel Hausarbeit", meinte sie dann und stand auf.
„Theresa, warte...", begann Stefan und hielt sie sanft zurück. „Wenn du mal jemanden zum Reden brauchst, dann...jederzeit."
Theresa nickte nur und gab ihm dann unerwartet einen Kuss auf die Wange.
„Danke. Du bist sehr nett."
In Los Angeles
Dirk hatte sich von allen Dreien am besten eingelebt und war jetzt auch Mitglied in der örtlichen Baseballmannschaft. Dabei stellte er sich gar nicht schlecht an, aber er war ja immer schon sportlich gewesen. Heute hatten sie in der Schule ein Spiel gegen die Mannschaft einer anderen Schule und auch sein Vater und Karin kamen zuschauen.
Dirk wusste genau, dass Beide sich hier nicht wirklich vollfühlten und lieber heute als morgen in den Flieger Richtung München gestiegen wären. Natürlich vermisste auch er seine Freunde von früher und vor allem natürlich Lisa, Laura und Biggi, aber er konnte die ganze Situation viel leichter wegstecken, sicherlich auch weil er jünger war und für ihn das Ganze mehr wie ein Abenteuer war.
Michael und Karin saßen im Publikum und feuerten Dirk und seine Mannschaft nach Leibeskräften an. Typisch amerikanisch futterten sie dazu Chips und tranken Cola en masse.
„Ich glaube, ich habe fünfzig Kilo zugenommen", kicherte Karin in Richtung Michael.
„Frag mich mal", entgegnete der nur lächelnd gab ihr einen Kuss auf den Kopf.
Plötzlich hörte Karin neben sich eine Stimme.
„Hey, Emma...", schrie jemand von hinten.
Karin brauchte eine Weile bis sie registrierte, dass sie gemeint war.
„Na, endlich", lächelte Melissa, die mit ihrem Freund hinter ihr saß. „Ich wusste gar nicht, dass du Baseball magst."
„Wir sehen uns das Spiel von meinem Stiefsohn an", meinte Karin.
Erst jetzt bemerkte Melissa, dass Karin nicht alleine war.
„Darf ich vorstellen...das ist mein Mann...James."
„Sehr erfreut. Ich bin Melissa. Emma und ich arbeiten zusammen. Das ist Harry meine bessere Hälfte", meinte sie und schüttelte Michaels Hand.
Die Vier quatschten noch ein bisschen. Melissa lud sie dann auch zu einem Barbecue zu sich nach Hause ein. Anschließend widmeten sie sich wieder dem Spiel. Soweit war alles ruhig als dann auf einmal einer von Dirks Mitspieler mitten auf dem Spielfeld zusammenbrach.
Sofort schrien einige Leute entsetzt auf und sprangen von ihren Sitzen hoch. Unten waren mittlerweile der Mannschaftsarzt und einige Sanitäter aufs Spielfeld gekommen, um den Jungen zu versorgen.
Michael wurde ganz unruhig. Karin sah ihn an und wusste genau, was er jetzt dachte. Am liebsten wäre er hinuntergerannt und hätte geholfen. Aber sie konnten natürlich nicht riskieren, dass irgendjemand Verdacht schöpfte.
„Hoffentlich wird er wieder", meinte Melissa.
Mittlerweile war das Spiel abgebrochen worden.
Karin und Michael sahen sich an. Risiko hin oder her, Beide wollten nicht einfach so dasitzen und nichts tun. Sie waren ihr Leben lang Notärzte gewesen und konnten das nicht einfach so abstreifen.
„Wo wollt ihr denn jetzt hin?" fragte Melissa als sie merkte, dass sie aufstanden.
„Etwas zu trinken holen gehen", erklärte ihr Karin.
Je näher sie zum Spielfeld kamen, wo immer noch der Mannschaftsarzt und die Sanitäter herumstanden, desto mehr merkte Michael, wie sich ihm der Magen immer weiter zusammenzog und er dieses seltsam flaue Gefühl im Magen bekam.
Dirk bemerkte sie als erstes.
Er wollte etwas sagen, aber bevor es dazu kam und noch ehe Michael und Karin fragen konnten, ob sie vielleicht etwas helfen könnten, sahen sie, wie die Sanitäter ein schwarzes Tuch über die Leiche des toten Jungen legten.
Am Nachmittag beim Tierarzt
Theresa hatte Stefan zwar nichts von ihrer Mutter erzählen wollen, aber sie hatte ihm von dem schleimigen Arzt, Nils Bruckner, erzählt und dass der immer versuchte bei ihr zu landen und wie unangenehm ihr das war, da sie ihn so überhaupt nicht mochte.
„Fein, dann komme ich eben mit. Ich werde dem Kerl schon Manieren beibringen", hatte Stefan nur gemeint.
Nils war freilich überhaupt nicht begeistert, dass Theresa heute männliche Begleitung mitgebracht hatte.
„Ihre Wunde ist zum Glück recht gut verheilt. Sag deinem Großvater er soll das nächste Mal vorsichtiger sein", sagte Nils zu Theresa. „Komm nächsten Dienstag noch einmal mit Bella zu einer Untersuchung. Das sollte es dann eigentlich gewesen sein."
Theresa nickte nur und wollte eigentlich nur weg, aber Stefan wollte diesem komischen Arzt eine Lektion erteilen. Er nahm seinen Arm und drehte ihn recht unsanft nach hinten auf dessen Rücken.
„Au!" schrie Nils sofort auf. „Bist du denn verrückt geworden?"
„Nein, aber du offenbar. Du weißt wohl nicht, was sich gehört. Solltest du meine Freundin noch einmal so formlos ansprechen, dann kenne ich noch ganz andere Methoden. Verstanden, Freundchen?"
„Klar, ja...", stammelte der nur. „Ich musste ja nicht, dass sie einen Freund hat."
„Tja, jetzt weißt du's. Pass das nächste Mal besser auf", meinte Stefan und klopfte Nils dann zur Versöhnung auf die Rücken. „Nichts für ungut."
Theresa hatte währenddessen Mühe nicht laut loszulachen und kicherte in sich hinein.
„Danke", meinte Theresa als nach sie draußen gingen.
„Bitte gerne. Vor dem Kerl hast du jetzt wohl endgültig Ruhe."
Kaum waren Theresa und Stefan wieder draußen bei der Busstation als drei andere bekannte Gesichter die Tierklinik betraten.
Biggi, Lisa und Laura.
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Medicopter 117 - Entscheidung aus Liebe
FanfictionAuf dem Friedhof: Biggi, Karin und Thomas' Mädels haben sich gerade von ihm und Michael verabschiedet. Aber ist es tatsächlich ein Abschied für immer? A-Crew: Pilot?, Mark, Peter B-Crew: Biggi, Karin, Enrico Gina arbeitet ebenfalls auf der Basis als...