Jetzt stehe ich hier. Ich weine und ich schreie. So ganz genau kann ich selbst nicht verstehen, welcher Brei aus Worten aus mir brüllt. Es sind klagende Laute. Es ist Schmerz von Monaten und vermissen. Es ist wie ein Schock, der alle schrecklichen Bilder aus der Versenkung hervorreißt. So vieles was ich vergessen hatte. Wie denn nur vergessen konnte? Genau hier ist mein Baby gestorben. Genau hier. Und sie wusste nicht, dass sie Meines war. Ich wusste es nicht einmal selbst in dem Moment als es geschah. Erst jetzt! Ich klettere etwas in die Büsche wo wir gefunden wurden. Immer noch laufen Tränen an meinem Gesicht hinunter. Brennende und heiße Tränen. Ich wünschte sie würden mein Gesicht verätzen. Natürlich geschieht das nicht. Ich sehe mich um. Nichts erinnert an die schreckliche Tragödie, die sich hier abgespielt hat. Keine Blechteile, Leichenteile, Blut...NICHTS! Bin ich denn bekloppt. Als würden hier Leichenteile oder Blut liegen. Nach all den Monaten. Lächerlich. Ich gebiete mir, mich zusammen zu reißen. Ich will mich umdrehen und gehen. Da trifft mich etwas, wie ein Blitz.Tosender Schmerz in meinem Kopf. Ich sacke zusammen, knie auf dem Boden. Was ist das? Was zur Hölle ist das? Wahrscheinlich kann ich mich gleich direkt einweisen lassen. Ich sehe keinen Blitz, keinen Donner und doch ist es, als tobe ein Gewitter über mir. Der Schmerz ist betäubend. Es soll aufhören. Mit aller Kraft hebe ich meinen Kopf. Ich blicke ins Dunkel. Und plötzlich, ich erstarre. Ich traue meinen Augen nicht. Das Gewitter ist aufeinmal weg! Stille, überall Stille. Ich höre nichts. Ich sehe nur etwas, dass mir fast den Verstand raubt. Das ist unmöglich. So schlampig arbeitet doch keine Polizei. Das kann einfach nicht wahr sein. Eine Halluzination, weil ich verrückt werde. Gequält stehe ich auf und bewege mich in Richtung des Gegenstandes, der meine Verwunderung und meinen Schock perfekt macht. Ich hebe ihn auf und betrachte ihn. Bilder vor meinen Augen. Alina bückt sich und zieht ihre Schuhe aus. Sie stellt sie neben sich. Ich sehe es deutlich vor meinem geistigen Auge. Ich blicke auf das, was ich in der Hand halte. Es kann einfach nicht sein. Es IST Alinas Stiefel. Dann wird mir schwarz vor Augen.
Als ich wieder erwache schmecke ich Blut. Es ist als würde ich einen Euro oder ähnliches lutschen und das Gemisch aus Eisen und Speichel bringt mich zum würgen. Ich übergebe mich ins Gras. Immer und immer wieder, bis nur noch Galle kommt. Mein Hals brennt und mein Nacken schmerzt. Langsam richte ich mich auf und erst jetzt als ich wieder stehe wird mir klar, was ich gerade gesehen habe. Es war IHR Stiefel, Alinas Stiefel. Die Mühlen meiner Gedanken fangen nur langsam an zu mahlen. Als wir im Auto saßen hatte sie ihre Schuhe ausgezogen, weil sie es bequemer fand und die Stiefel neben sich gestellt.Daran erinnere ich mich jetzt wieder. Das erklärt mir trotzdem nicht, warum zur verdammten Hölle ihr Stiefel hier steht. Sowas wird doch nicht an einem Unfallort vergessen, oder? Das kann doch nicht sein, so schlampig arbeitet doch weder die Polizei, noch die Feuerwehr. Aber wieso liegt ihr Stiefel dann hier. Ein dumpf pochender Schmerz macht sich an meinem Hinterkopf breit und ich muss mich hinhocken. Was tue ich jetzt nur? Ich lasse mich erneut im Gras nieder, neben meiner Kotze. Es riecht jetzt nach einem Gemisch aus Kotze und Blut und Pflanzen. Da packt mich das Grauen, so oder so ähnlich hat es damals gerochen. Ich stand unter Schock, wie kann ich mich daran nur erinnern. Mir wird schwindelig. Ich muss etwas tun. Es muss eine Bedeutung haben, dass ich hier bin. Ich versuche mich zu konzentrieren. Es ist stockdunkel. Wo hatte ich gerade den Schuh gesehen? Ich blicke umher und dann erspähe ich ihn. Es ist ein Stück von ihr, ein Stück meiner großen Liebe und ich darf es auf keinen Fall zurück lassen. Ich hieve mich hoch und bewege mich ein wenig schwankend auf den Stiefel zu. Ungläubig starre ich ihn einige Minuten an. Ich zweifle langsam an meinem Verstand. Egal! Besser eine Fantasiewelt mit ihrem Stiefel, als die Realität ohne. Wie in Watte gepackt bücke ich mich in Richtung Stiefel. Es scheint mir, als würde die Welt um mich verschwimmen. Als verwische der Himmel und die Sterne und alles löst sich auf. Die Zeit bleibt stehen, kriecht dahin in nicht enden wollenden Sekunden, die sich wie tosende Wellen ausbreiten. Sie bilden einen Mahlstrom, der mich hinabzuziehen droht. Meine Hand erreicht ihren Stiefel, setzt an und packt fest zu.
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In deinen Schuhen-Für immer du!
RomanceAlina liebt Sam...aber eigentlich sollte es heißen Alina liebte Sam. Alina ist TOT. Und sie wird niemals zurück kehren und Sam wird sie nie wieder in den Armen halten, oder...?