Kapitel 5

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Ein fremder Junge fing mich auf. Er stellte sich vor mich und bildete so eine Schutzwand zwischen mir und den anderen Menschen. Seine Stimme fragte ruhig: "Bist du in Ordnung?" , "J-ja. Da-dankeschön." Ich hebte langsam meinen Kopf und schaute ihm ins Gesicht. Tief drang mein Blick in seine klaren Augen. Ich kannte diese Augen. Noch vor Kurzem hatte ich sie gesehen. Noch vor Kurzem hatte ich sie haargenau beobachtet. Es waren die Augen, die mich so faszinierten. Es waren die Augen von Tsubasa. "Ts-Tsubasa?" Tsubasa schaute mich überrascht an. "Du kennst meinen Namen?" "Ich bin neu in deiner Klasse und ähm... also... Ich bin Aimi Fukuno." Warum war ich nur so nervös? "Hallo Aimi. Wo steigst du denn aus?",er lächelte mich freundlich an. "Ich weiß noch nicht so recht. Ich wollte ein wenig in der Stadt rumlaufen und später was essen gehen, aber was Bestimmtes hab ich eigentlich noch nicht vor." "Das ruft nach einer Stadtführung. Wenn du willst kann ich dir ein paar tolle Orte zeigen." "Ich würde mich freuen, aber hast du nicht eigentlich noch was vor?" "Nicht wirklich, ich wollte mir ein paar neue Bücher kaufen." Danach erstickte unsere Unterhaltung und ich dachte darüber nach, ob es richtig war, was ich machte. Ich wollte meinen Stand doch nicht verlieren. Aber was war es eigentlich, was ich nicht verlieren wollte? Meine falschen Freunde? Mein vorgetäuschtes Image? Ich hatte doch gar nichts, was ich verlieren konnte. Ich würde kein Risiko eingehen, wenn ich etwas mit ihm unternehmen würde. Ich würde lediglich die Vorurteile und Gerüchte hinter mir lassen und waren das nicht Dinge, die ich hasste und abschaffen wollte? Je mehr ich darüber nachdachte, desto logischer erschien es mir einfach alles hinter mir zu lassen und zu versuchen, mich mit ihm anzufreunden. Ich widersetzte mich ihnen. Ich wollte kein Sklave mehr sein. Ich wollte einen Schritt nach vorne machen und gegen die Unterdrückung ankämpfen und meine Chance war nun endlich gekommen. Das Schicksal kämpfte mit mir gegen die Vorurteile. Ja, es war Schicksal. Und was ist stärker? Etwas, das etwas dafür tut, um voranzukommen oder etwas, dass heuchelt um alle hinten zu halten. Ich war eine Aufstößige, jemand der sich wiedersetzen konnte. Ich wollte die Regeln brechen. Ich konnte nicht anders. "Hier müssen wir aussteigen. Was möchtest du als Erstes machen? Ich kenn mich da nicht so gut aus, aber ich würde mal sagen shoppen oder so, wie alle Mädchen?" Während wir ausstiegen blieb er dicht bei mir und ich bei ihm. Wir berührten uns nicht, doch ich spürte die Wärme seines Körpers, die sich auf meinen übertrug. "Ich würde gerne mit dir... Also mit dir... Bücher kaufen gehen. Ich möchte etwas sehen, was deine.... Was.... Also.... Ich hab auch schon lange kein Buch mehr gelesen. Könntest du mir welche empfehlen?" Beinahe hätte ich mich versprochen. Beinahe wäre es mir herausgerutscht, beinahe hätte ich ihn gefragt, was es ist, was seine Augen so schnell und elegant bewegen lässt. "Ich kenne viele. Aber ich habe auch ein paar Favoriten. Und um ehrlich zu sein... Es sind gar keine richtigen Bücher. Ich lese Manga. Komm mit. Ich zeig dir einen prima Laden, natürlich nur, wenn du möchtest." "Aber selbstverständlich will ich. Ich bin neugierig, worauf die Leute hier so stehen." Nein! Ich war nicht neugierig, worauf die Leute hier stehen, sondern darauf, was er so mag.

Prejudices And LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt