We're on a boat, again!

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Rick PoV:
Er hatte die ganze Fahrt über geschlafen, zum Glück, denn jetzt war Rick endlich wieder fit. Er freute sich auf den Ausflug mit den Haien, das würde ihn wenigstens von den Merkwürdigkeiten der gestrigen Nacht und des Morgens ablenken. 

Kurz, bevor der Ausflug losgehen sollte, holte Steven die Kamera heraus und erzählte den Zuschauern, was sie vorhatten. Er sah immer noch wirklich verkatert aus. "Einen wunderschönen guten Morgen, wir sind gerade zweieinhalb Stunden durch die Pampa gefahren. Es hat sehr viel Spaß gemacht, hahaha." - "Ich hab' die ganze Zeit geschlafen, weil ich völlig feddich war", warf Rick ein. Jetzt musste Steven wirklich lachen. "Ach, wovon denn? Von gestern Abend oder..." Sie stotterten herum. 'Jetzt bloß nicht das Gesicht verlieren!' mahnte Rick sich in Gedanken selbst. "Und, ähm, scheiße Mann, wir werden jetzt mit Haien schwimmen", sprach Steven weiter. "Jap." - "Ooooh shit!" Bei sich dachte Rick, dass Steven jetzt nicht mehr so mutig wirkte. Dabei hatte er den Hai-Ausflug doch vorgeschlagen! Wahrscheinlich lag das nur an seinem Kater.

Auf dem Boot war es sehr voll und sehr beengt. Rick dachte sich schon, dass das nicht gut gehen konnte. Als er allerdings aus der Umkleide kam, fand er Steven in einem bedauernswerten Zustand vor. "Mir ist so schlecht", jammerte er. Rick lachte ihn ein bisschen aus. Aber nur kurz, denn langsam machte er sich wirklich Sorgen um seinen besten Freund. Trotzdem holte er die Kamera 'raus.
"Ich hab' schon den Anzug an, Steven schafft das aber grad nich', weil ihm is' schlecht", sagte Rick und schwenkte auf Steven, der sich mit beiden Händen festhielt und wiederholt "Mir is' so schlecht", sagte. Jetzt musste er den Freund aber mal in Schutz nehmen: "Aber es wackelt auch extrem, es is' so 'n Akt, sich in der kleinen Kabine umzuziehen und allgemein in diese Dinger 'rein zu kommen, wenn's die ganze Zeit so uäääh." Bei den letzten Worten hatte eine große Welle das Boot ergriffen und Rick schwankte gefährlich. Wieder jammerte Steve. Rick sah ihn an, um die Nase war er kreidebleich, das sah man sogar durch die dunkle Sonnenbrille. "Soll ich dich beim Kotzen filmen?", fragte Rick und Steve antwortete "Ja, bitte." Dann drehte er sich zur Reling um und beugte sich gefährlich weit darüber. Sofort schaltete Rick die Kamera aus und wandte sich seinem Kumpel zu.
"Alter, geht's dir echt so scheiße?", fragte er, doch eine Antwort erübrigte sich. Schon übergab Steven sich geräuschvoll über Bord des Bootes. Rick legte ihm eine Hand auf den Rücken, die gestrige Nacht und den Morgen völlig vergessend. Er strich behutsam über Stevens Rücken und suchte gleichzeitig mit der anderen Hand in Stevens Rucksack nach einem Taschentuch. "Schhhht, ganz ruhig", sagte Rick. Dann hatte er gefunden, wonach er gesucht hatte. Steven beruhigte sich allmählich und nahm dankbar das Taschentuch entgegen. Er wischte sich den Mund und den Bart ab.

Steve PoV:
Wie peinlich!!! Jetzt hatte er doch tatsächlich vor Rick gekotzt. Steven wäre am liebsten im Boden versunken. Doch der Freund war da geblieben, hatte ihm beruhigend über den Rücken gestrichen und ihm sogar ein Taschentuch gegeben. Nachdem er sich abgewischt hatte, blickte er Rick dankbar an. "Danke, Mann. Und tut mir leid, dass du das sehen musstest. Hast du's wenigstens auf Kamera?", fragte er, noch immer nicht ganz fit. "Für was für ein Arschloch hältst du mich eigentlich?!", fuhr Rick ihn an. Wütend drehte er sich weg.

Wütend? Warum war Rick denn jetzt sauer, das war doch nur ein Scherz gewesen. "Ich geh mich mal, äh, umziehen", murmelte Steven und ging nach unten, in die Umkleide. Rick hatte Recht gehabt, dort war es noch schlimmer. Kaum hatte Steven den Neoprenanzug an, übergab er sich auf der Toilette des Bootes noch einmal. Als er glaubte, sich beruhigt zu haben, wischte er sich den Mund ab und ging wieder nach oben. Rick sah ihn an. "Alles okay?" Steven nickte nur. "Sorry wegen eben. Ich wollte nicht so reagieren", sagte Rick, doch Steven tat das mit einer Handbewegung ab. "Schon okay", war alles, was er 'rausbrachte. Dann war auch schon der große Moment gekommen, sie stiegen in den Käfig, zu den Haien. In diesem Moment war Steve froh, eine Unterwasserkamera mitgenommen zu haben. Diese Erfahrung war nämlich echt spannend und cool!

Kaum wieder auf dem Boot, gingen sie sich nacheinander wieder umziehen. Während Steven unter Deck war, übergab er sich noch ein drittes Mal. Er hoffte inständig, dass jetzt sein ganzer Mageninhalt draußen war und er endlich Ruhe hatte.

Rick PoV:
Er hatte die Begegnung mit den Haien echt cool gefunden. Und als einziger Passagier des Schiffes hatte er sich nicht übergeben müssen. Doch trotzdem fühlte er sich nicht gut. Weil er Steven vorhin so angefahren hatte? Weil er Steven hatte leiden sehen? Rick wusste es nicht.

An Land machten sie die Kamera wieder an. "So, das war's, wir sind fertig. Wir sind wieder angekommen", lachte Steve leicht kaputt. "Das war im wahrsten Sinne zum Kotzen, weil wirklich das gesamte Boot hat sich übergeben, außer ich und die Crew. Das wär' sehr merkwürdig. Alle anderen waren nur am Kotzen!", lästerte Rick. Steven lachte und erwiderte: "Bei mir waren's nur drei Mal. Es ging noch." - "Drei Mal?", fragte Rick ungläubig. Wie das denn? Er hatte doch nur ein Mal mitbekommen, dass Steven kotzen musste! Steven sah ihn entschuldigend an. "Drei Mal", antwortete Steven noch einmal. Rick fühlte sich schuldig. Er hätte besser auf seinen Freund aufpassen müssen!
Zum Ende der Aufnahme schlug Rick daher vor, noch etwas zu essen, bevor sie zurück ins Hotel führen. Steven schien das eine gute Idee zu finden. So machten sie sich auf den Weg zurück nach Kapstadt, zu einem kleinen Restaurant, in dem sie schonmal gewesen waren.
Auf dem Weg zum Auto entschuldigte Rick sich bei Steven. "Alter, sorry, ich hab die anderen beiden Male gar nicht mitbekommen!", rief er. "Schon gut. Ich war unter Deck, auf der Toilette. Da unten hat's ja noch mehr geschwankt als oben", erklärte Steven. "Mann, scheiße, echt, ich hätte besser aufpassen sollen", sagte Rick. "Ach Quatsch! Was hättest du schon machen können? Mir die Haare halten?", fragte Steven lachend. Rick lachte mit. Da hatte er wohl Recht. Gegen Seekrankheit konnte man nun mal nicht viel machen.

Steve PoV:
'Oh Gott, ich hoffe, er will nicht beim Essen über alles reden!' dachte Steve während der Rückfahrt. Er war noch nicht bereit dazu. Er wusste, das Gespräch würde unweigerlich kommen, aber doch bitte nicht, wenn ihm noch so flau im Magen war und er noch so fertig war. Er wollte am liebsten warten. Für immer. Aber er wusste, das würde Rick nicht zulassen. Und mit Rick darüber zu diskutieren lohnte sich einfach nicht. Rick gewann Diskussionen immer. Vor allem mit Steven. Er wusste, er hätte keine Chance. 

Im Restaurant angekommen, bestellten sie, dann sah Rick Steven fest an. "Wir müssen reden", sagte er. Der Blick aus den graublauen Augen ließ keinen Widerspruch zu. Steven stöhnte. Er hatte es gewusst. "Nicht jetzt, bitte", antwortete er, ohne Rick anzusehen. Er wusste, würde er einmal in die graublauen Augen sehen, war es mit der Selbstbeherrschung vorbei. "Wann dann?", fragte Rick. "Und sieh mich bitte an", fügte er weniger mürrisch hinzu. Steven sah auf. Die graublauen Augen. "Nachher. Oder Morgen. Mir ist schlecht und ich bin müde. Okay?", fragte Steven und legte so viel Elend in seine Stimme, wie möglich war. Rick seufzte auf. "Na gut. Aber glaub' bloß nicht, dass ich es vergesse. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben!" - "Das hatte ich befürchtet."

Rick PoV:
Steven wollte am liebsten überhaupt nicht darüber sprechen. Das irritierte Rick. Wollte er es vergessen? Es gar ungeschehen machen? Unwillkürlich fuhr Rick sich mit den Fingern an die Wange. Wollte er selbst es vergessen? Nein, er glaubte nicht. Sicher war er allerdings auch nicht. Warum war das alles so verwirrend?! Sechs Jahre lang war ihre Freundschaft einfach gewesen. Logisch. Loyal. Und von heute auf Morgen (oder viel mehr von gestern auf heute) war auf einmal alles anders! Rick seufzte. Er würde Steven wenn nötig zwingen, mit ihm zu reden. Er hatte keine Lust darauf, dass das für immer zwischen ihnen stand.

Das Essen beendeten die beiden Freunde schweigend. Dann fuhren sie zurück ins Hotel, wo Steven sich sofort im Bett verkroch und nicht mehr ansprechbar war. 'Na warte', dachte Rick sich. 'Ich kriege mein Gespräch schon noch!' Dann legte er sich auch hin und war augenblicklich eingeschlafen.

2 Boys 1 Kap - zwei Frösche in SüdafrikaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt