Eine Bierprobe mit Folgen

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Steve PoV:
Nachdem sie bereits am Vorabend gepackt hatten, konnten sie am Sonntagmorgen ein bisschen länger schlafen. Für mittags waren Brauereibesichtigungen mit Bierproben geplant, auf die Steven sich schon freute. Dennoch ging sein Wecker dieses Mal erst um neun Uhr. "Aufstehen, Rick", sagte er fröhlich und stupste seinen Freund an. Dieser knurrte nur. "Riiick, ich nehm' dir wieder die Decke weg!", drohte Steven. Nach ihrem Gespräch waren sie endlich wieder so unbeschwert wie früher. "Untersteh' dich!", rief Rick, saß aber sofort kerzengerade im Bett. "Geht doch", lachte Steven und ging ins Bad, um zu duschen. Rick rief noch irgendeine unverständliche Beleidigung hinter ihm her.

Nach dem Frühstück holte der Guide sie ab, um mit ihnen zu den Brauereien zu fahren, wo die Bierproben stattfinden sollten. Nachdem sie gestern die Kameras im Hotel gelassen hatten, wollte Steven heute auf jeden Fall mal wieder etwas filmen. Direkt vor der ersten Brauerei legten sie los: "Wir werden jetzt Brauereien besichtigen und dann wird Steven sehr viel Bier trinken müssen, weil ich kein Bier trinken kann, das heißt er muss doppelt so viel trinken. Und es ist noch nicht so spät, dass man eigentlich wirklich Bier trinken würde um die Zeit." Rick hatte Recht, es war gerade einmal zwölf Uhr, sie hatten nur gefrühstückt und es sollte sofort losgehen. Nach der Besichtigung probierte Steven die ersten Biersorten. Sie schmeckten überwiegend gut, allerdings verschwamm langsam seine Sicht durch den Alkohol.

In der zweiten Brauerei fragte Rick ihn, wie es ihm ginge und er antwortete wahrheitsgemäß. Dann ging es weiter. Steve stellte die Kamera auf und begann, zu trinken.

Rick PoV:
Wenn Steven in dem Tempo weitertrank, war er spätestens in drei Stunden betrunken. Und heute Abend sollte der Rückflug gehen. Rick sah sich seinen besten Freund schon ins Flugzeug tragen. Dennoch animierte er ihn aus irgendeinem Grund immer weiter dazu, zu trinken. Warum, konnte er selbst nicht erklären. 

Irgendwann sagte Steven: "Ich weiß gar nich', ob man das überhaupt austrinken soll, weil, hier drüben seh' ich ganz viele Leute, die da immer nur dran nippen die ganze Zeit..." Seine Stimme klang schon recht schwerfällig. Rick schob sich in's Bild und erklärte nur "Du trinkst das aus! Du trinkst das aus!" und grinste. Er hatte einen Heidenspaß, Steven dabei zuzusehen, wie er sich betrank. Auf der anderen Seite sorgte er sich natürlich schon wieder um seinen Freund, aber das änderte nichts daran, dass er ihn weiter zum Trinken animierte.

Eine kurze Zeit später sah Steven auf die Uhr, die er dann in die Kamera hielt. Er erklärte den Zuschauern mit schwerer Zunge, dass es erst 14:30Uhr war. Dann hatte sich Ricks Vermutung über den Zustand des Freundes bestätigt - noch eine halbe Stunde und er wäre betrunken. Dann sagte Steven etwas, das Rick aufhorchen ließ: "Also, ich bin grad' 'n bisschen betrunken. Ihr könnt also jetzt die Möglichkeit nutzen und mich alles fragen, was ihr mich schon immer mal fragen wolltet. Und ich beantworte es - jetzt!" Er wartete. Natürlich konnte kein Zuschauer auch nur eine Frage stellen. Doch Rick hatte gefühlt tausend Fragen im Kopf: Magst du mich? Wie sehr? Wohin führt das hier? Was bedeuten diese verwirrenden Gefühle? Was passiert mit uns? Was passiert mit unserer Freundschaft? So schnell konnte Rick keine auswählen. Er wusste aber, dass Steven nicht weniger betrunken sein würde, wenn sie draußen waren und die Kamera aus war. Dann würde er vielleicht nochmal darauf zurückkommen. Inzwischen sagte Steven nämlich: "Dann halt nich'."

Steve PoV:
Steven merkte, wie er immer betrunkener wurde. Der Kamera sagte er folgendes: "Das krasse is' auch, der schenkt mir ein Bier nach dem anderen ein, bevor ich überhaupt ein Bier leer getrunken habe. Ich mach also quasi voll die Druckbetankung. Das is' sehr, sehr anstrengend!" Innerlich hoffte er nur inständig, dass er nicht wieder irgendwelche Dummheiten machen würde, wenn er mit der Verkostung fertig war. 

Nach der Verkostung gingen die beiden Freunde nach draußen und Steven merkte den Alkohol nochmal deutlich. Er schwankte, sodass Rick ihn bei den Schultern fasste, damit er nicht auf die Fresse flog. "Alter, so viel hast du doch gar nicht gesoffen!", meinte sein Freund fassungslos. "Ja, aber ich hab' ja au' nich' groß gegessen vorher. Nur Frühstück", nuschelte Steven zurück. "Na komm, wir gehen zum Auto und fahren erstmal was essen", schlug Rick vor und fasste Steven, wie schon am Mittwoch, um die Mitte. So bugsierte er ihn zum Auto. Steve lehnte sich an die Tür. "Danke, Kumpel", sagte er. "Für dich doch immer", antwortete Rick und zog ihn von der Autotür weg, um sie zu öffnen. Diesen Ruck hatte Steven nicht kommen sehen. Schon stolperte er und fiel in Ricks Arme. "Hey, so stürmisch heute?", raunte Rick verführerisch. Dann lachte er. Steven musste auch grinsen und richtete sich wieder auf. "Nein, nur betrunken", antwortete er wahrheitsgemäß. Rick hatte inzwischen die Tür geöffnet und schob Steven zum Sitz. Noch während Steven ins Auto stieg, räusperte Rick sich. Steve sah seinen Freund an. "Ich hab' da mal 'ne Frage", begann dieser. Steven zog eine Augenbraue hoch. "Du hast doch vorhin gesagt, man kann dich alles fragen - gilt das immer noch?" Steven grinste. "Klar, betrunken genug bin ich. Und du darfst mich sowieso immer alles fragen!", antwortete er fröhlich. 

Rick PoV:
Rick nickte. Dann ging er um's Auto herum und stieg neben Steve ein. "Okay, also." Im Kopf ging Rick alle Fragen durch, die er so hatte und suchte die Wichtigste heraus. "Am Mittwoch, also in der Nacht, hast du gesagt, dass du mich 'sehr magst'. Wie sehr ist das?" Rick traute sich nicht, seinen Freund anzusehen. Plötzlich spürte er wieder Stevens heißen Atem an seiner Wange. Ruckartig drehte er den Kopf zu ihm und schon lagen Stevens Lippen auf seinen. Vor Schreck rissen beide die Augen auf und fuhren auseinander.

"Ähm, äh, sorry, äh, so war das nicht, also, äh, ich wollte, ich, äh, wollte nicht, also, du weißt schon", stammelte Steven. "Ist schon gut, ich habe ja den Kopf gedreht", murmelte Rick und sah beschämt aus dem Fenster. Steven hatte ihn wieder auf die Wange küssen wollen. Mehr nicht. Das war okay. Damit konnte er leben. Er atmete tief durch. Trotzdem stahl sich eine kleine Träne aus seinem Augenwinkel, die er unwirsch wegwischte.
"Hey", flüsterte Steve und legte eine Hand auf seine Schulter. "Rick. Sorry. Das war so nicht gemeint." Seine andere Hand lag plötzlich auf Ricks Oberschenkel. Beide Stellen kribbelten. Langsam drehte er den Kopf und sah, das Steve direkt neben ihm saß. Er dreht sich wieder nach vorne und murmelte, mehr zu seinen ineinander verschlungenen Händen als zu Steven. "Nein, ich hab' ja den Kopf gedreht. Ich dachte nur, ach, ich weiß auch nicht, was ich dachte. Irgendwie war das nicht die Antwort, die ich erwartet hatte. Oder doch. Ach, keine Ahnung." Hilflos zuckte er die Schultern. Steven strich beruhigend mit der linken Hand über sein Haar.
Wieder kullerte Rick eine Träne über die Wange, zum Glück an der von Steven abgewandten Seite. Er wischte sie schnell mit dem Ärmel seines grünen Pullis weg. Dann musste er doch schniefen. "Rick, hey, beruhige dich", flüsterte Steven ganz nah bei ihm. Sein linker Arm lag nun wieder über seinen Schultern und der rechte knuffte ihn liebevoll in die Seite. Rick sah ihn an. "Das mit dem Beruhigen ist leicht gesagt!", murrte er. "Ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist und erwarte von dir, dass du meine Wünsche, die ich dir nicht mal nennen könnte, erfüllst. Ich bin ein schlechter bester Freund!" Steven schüttelte vehement den Kopf. "So ein Bullshit. Du bist der besteste best Freund, den man sich wünschen kann!", rief er übermütig und brachte Rick damit zum lachen. "Siehst du, so gefällst du mir schon besser. Und jetzt, sieh mich an!" Langsam hob Rick den Kopf und dreht ihn zu Steven. Sie waren einander so nah, dass sich beinahe ihre Nasenspitzen berührten. "Du wolltest doch wissen, wie sehr ich dich mag", flüsterte Steve. Rick nickte. "So sehr", sagte Steven und kam ihm noch ein Stück näher. So überbrückte er die letzten Zentimeter zwischen ihnen und gab Rick einen sanften, weichen Kuss auf die Lippen.

Rick sah ihn mit großen Augen an. "Dein Ernst?", fragte er. Steven nickte. "Mein vollster. Und nicht nur, weil ich voll bin." Beide mussten lachen. "Alles klar, ich frag dich nochmal, wenn du wieder nüchtern bist!", lachte Rick und schob Steven ein Stück weg. "Und jetzt schnall dich an, ja? Wir müssen zum Flughafen!" Wie auf Kommando kam der Guide aus der Brauerei, stieg ein und fuhr die beiden zum Flughafen von Kapstadt.

2 Boys 1 Kap - zwei Frösche in SüdafrikaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt