Der Gedankennebel lüftet sich

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Wieder setzte ich an und stellte meine erste Frage: "Hab ich eigentlich Flügel?"

Warte. WAS?!  Ich hätte mir am liebsten mit der Flachen Hand vor die Stirn geschlagen. Eine blödere und kindlichere Frage gibt es ja wohl nicht!

Mein Gesicht schien meine Gedanken zu verraten, denn Kathrin konnte sich ein Lachen kaum verkneifen. "Ja, hast du, aber noch sind sie durch einen Bann so gut wie unsichtbar und nutzlos. So als wären sie nicht da. Sie kommen erst "hervor", wenn ich das so sagen darf, wenn du dein Dasein als Engel akzeptierst und es auch wirklich willst. Außerdem musst du, sobald du deine Flügel hast, einen Schur ablegen, dass du, sollte dir eine Aufgabe zuteil kommen, dieser auch wirklich nachkommst. Sonst werden dir deine Flügel wieder abgenommen."

Ich nickte. "Was sind denn die Aufgaben eines Engels?" Kathrin verzog das Gesicht. "Ganz unterschiedlich. Es gibt so viele. Das geht von Gott alles bringen was er will, bishin zu Schutzengel sein."

Das klangt irgendwie teils gut und teils beschissen. Aber ich konnte und wollte nicht weiter darauf eingehen, denn mir schoss eine Frage durch den Kopf, die ich unbedingt und schnellstmöglichst beantwortet haben wollte.

"Woher wissen Sie... äh... Woher weißt du das alles?"

Ich hätte erwartet, dass Kathrin mir diese Information mit strengem Gesicht vorenthalten würde, doch sie lächelte mich sanft an und meinte ganz schlicht: "Ich bin selbst ein Engel."

Mir klappte die Kinnlage hinunter und ich starrte meine Lehrerin ganz offen an. Die musste leise lachen. "Komm runter. Ich mag vielleicht nicht wie der typische Engel aussehen oder so fuchtbar freundlich und quietschig sein, aber ich bin es dennoch. Naja. Im Moment nur teilweise, aber das erkläre ich dir später."

Ich räusperte mich. "Ähm... Und was ist deine Aufgabe?" Was nun geschah, war noch abartiger und fast schon verstöhrend. Meine Lehrerin stand auf, kam um den Tisch herum, stellte sich hinter mich und legte mir ihre Arme um den Hals. "Meine Aufgabe ist es auf diesen ganz bestimmten Engel aufzupassen und für ihn da zu sein, wenn er mich braucht. Man könnte sagen, ich bin deine große Engelsschwester oder Freundin. Oder dein Schutzengel. Nenn es wie du willst.", flüsterte sie mir ins Ohr und kicherte, als ich mich total verkrampfte.

"Weirdo.", rutschte es mir raus und sofort hielt ich mir den Mund zu. Ups! Ich hatte gerade praktisch meine Lehrerin UND Schutzbefohlene beleidigt. Scheiße. Was jetzt? Ich musste die Situation irgendwie retten.

Ich piekte ihr in die Seite und brummte: "Schön. Dann erdrück mich aber bitte nicht. Sonst würdest du ja deiner Aufgabe nicht nachkommen." Ich spührte förmlich, wie Kathrin an meinem Ohr grinste. "Das war ein kläglicher Versuch die Beleidung zu überspielen." Endlich ließ sie mich los und sah mit gerunzelter Stirn auf mich hinunter.

"Es musst wahrscheinlich ziemlich komisch für dich sein, wenn ich so reagiere. Besonders, weil du mich bisher nur als Lehrerin gesehen hast. Aber ich muss schon seit Ewigkeiten über dich wachen und ich kenne dich inzwischen fast besser, als du dich selbst kennst. Deswegen geh ich vielleicht etwas zu offen mit dir um. Tut mir Leid.", fügte sie hinzu und wollte sich wieder setzen, doch blitzschnell packte ich ihr Handgelenk.

"Ich glaubst echt nicht, dass ich das gleich tuh, aber ich denke es ist nötig.", brummte ich, stand auf und umarmte Kathrin. Die war erst sichtlich überrascht, erwiederte meine Umarmung aber dann.

"Danke.", murmelte ich und ließ sie dann schnell wieder los.

Irgendwie absolut komisch das alles. Mein Gehirn tat sich definitiv schwer damit diese unglaublich komische Situation zu realisieren. Erst will meine Lehrerin mit mir reden. Alleine. Dann geht es auch noch in ein Café. Dort soll ich sie dan duzen, erfahre, dass meine Lehrerin praktisch mein Schutzengel ist, werde von ihr umarmt und umarme meine Lehrerin dann auch noch freiwillig. Ich glaub ich gehört in eine Irrenanstalt eingeließert. Das war einfach zu abartig!

Der Kuss von Feuer und EisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt