Das Geheimnis - Teil 1

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Die Hausaufgabe. An der hatte ich gestern Abend stundenlang gesessen und ich fürchte, dass sie Mrs. Rains Anforderungen nicht zur Genüge sein wird, aber das kann ich jetzt nicht mehr ändern.

Ich kramte in meiner Tasche nach meinem Aufsatz, legte ihn auf Mrs. Rains Pult und setzte mich dann. Demian tat es mir gleich.

"Gut. Ich sehe ihr ward alle schlau genug einen Aufsatz zu schreiben. Mal sehen wie viele von euch am Montag noch hier sind. Und jetzt will ich, dass einer von euch nach vorne kommt und versucht der Klasse etwas über Familie beizubringen. Ich will sehen wie gut ihr improvisieren könnt. Wie wäre es denn mit Ihnen Mr. Moonlight?"

Alle Mädchen drehten sich zu Demian um. Erst da wurde mir bewusst, dass Moonlight sein Nachname sein musste. "Ich fliege aus dem Kurs, wenn ich mich weigere, oder?", fragte er Mrs. Rain. Mit diabolischem Grinsen nickte sie.

Mit finsterem Gesicht stand er auf und stellte sich vor die Klasse. Kurz schwieg er, dann begann er:
"Ich werde euch heute etwas über die Familie beibringen, liebe Kinder, auch wenn ich mich fühle als wäre ich im Kindergarten oder in der Theater-AG, aber gut. Wir wollen ja nicht die Autorität der Lehrerin infragtestellen. Das mag sie nämlich garnicht, liebe Kinder."

Mrs. Rain öffnete schon den Mund, um Demian zurechtzuweisen, doch der fuhr schon fort: "Also um auf unser heutiges Thema zurückzukommen: Familie... also darauf könnt ihr scheißen. Familie ist nicht mehr als das was ihr eure Geschwister und Eltern nennt. Einige Familien glauben tatsächlich das eine Familie Geborgenheit, Liebe und Schutz spendet." Er lachte hart auf.

Alle hörten ihm aufmerksam zu., selbst Mrs. Rain. "Aber, liebe Kinder: Die Welt ist anders. So viele Kinder werden von ihren Eltern geschlagen, vergewaltigt, verkauft und vieles mehr. Na? Wo ist die Liebe? Die Geborgenheit, der Schutz? Eben. Nicht. Vorhanden!! Ihr alle wisst, dass meine Familie recht wohlhabend ist und mein Vater ist in ganz Amerika als "der fürsorgliche Politiker" bekannt. Nun. Das ist er nicht. So wird er bei den Kampagnen nur dargestellt! Wahrscheinlich komme ich heute nach Hause und werde von drei seiner Bodyguards verprügelt, für das was ich euch heute erzähle, aber das bin ich schon gewöhnt. Ich werde oft verprügelt. Das ist Familie!", rief er aus, drehte uns den Rücken zu und zog sein T-Shirt hoch.

Sein Rücken war übersäht mit Narben. Dicke, wulstige, rote Narben. Einige noch frisch, als wären sie ihm vor wenigen Wochen zugefügt worden. Andere sahen schon aus, als hätte er sie seit Jahren. Die ganze Klasse, Mädchen und Jungen keuchten auf und auch Mrs. Rain war sprachlos. Doch nach wenigen Augenblicken, in dennen sie geschockt auf Demian Rücken gestarrt hatte, fing sie sich wieder und ging zu Demian.

Sie zog ihm sein T-Shirt herunter und meinte gewohnt kalt: Setzen Sie sich wieder Mr. Moonlight. Ich denke das reicht für dieses Mal." Doch in ihren Augen blieb ein mitfühlendes Funkeln zurück.

Ich hingegen betrachtete Demian nur nachdenklich. Ich glaubte ihm nicht. Irgendetwas an seinen Narben hinderte mich daran. Sie waren unnatürlich. Übernatürlich konnte man fast sagen. Er sah zu mir herüber und als er meine durchdringenen Blick sah, runzelte er die Stirn.

Er wusste, dass ich ihm nicht glaubte. Doch aus irgendeinem Grund empörte er sich nicht. Verwirrt wendete ich mich ab und versuchte mich auf den Unterricht zu konzentrieren, der nun mit weniger erbitterter Würze geführt würde.

Mrs. Rain sprach noch ein wenig übers improvisieren, dann klingelte es. Als ich gerade hinaus gehen wollte, rief sie mich und Demian nocheinmal zurück.
"Ich erwarte von Ihnen beiden, dass Sie nächstes Mal pünktlich da sind!" Wir nickten und dann wandte sie sich an Demian. "Sie sollten Ihren Vater anzeigen.", doch Demian schüttelte nur den Kopf. "Er hat die Polizisten auf seiner Seite. Die sind alle korrupt." Mrs. Rain nickte. "Dann viel Glück!" Demian nickte ihr zu, dann verließ er den Raum.

Ich sah ihm nachdenklich nach. Doch Mrs. Rain blickte mich nachdenklich an. "Sie glauben Ihm nicht, nicht wahr?" Ich schüttelte nur den Kopf. Mrs. Rain sah mich weiterhin nachdenklich an, dann nickte sie. "Sie tun gut daran." Verwirrt sah ich sie an, doch sie meinte nur ich solle jetzt auch in meine Klasse gehen.

Der nächste Kurs war Englisch. Mr. Farenz war ruhig und unterrichtete wie immer auf seine langweilige Art und Weise. Nach der Stunde ging ich schnell zum Bus. Seija konnte kaum Schritt mit mir halten. "Was rennst du denn so schnell?"

Gerade als ich ihr sagen wollte, dass ich vor Demian flüchtete, packte der mich am Arm. "Können wir reden?" Verdammt! 

"Warum?" Ich funkelte ihn an. Aus irgendeinem Grund war das Letzte was ich wollte, mit ihm alleine sein. "Bitte?" Er sah mich schon fast flehend an. Seija stützte vor, nachdem sie Demian betrachtet hatte. "Klar. Du musst sie dann nur nach Hause bringen, wenn sie den Bus verpasst."

Demian sah Seija dankbar an und schenkte ihr ein aufrichtiges Lächeln, das so viel anders war als als was er den Barbies geschenkt hatte und sah mich dann wieder an. "Mach ich."

Er packte meine Hand und zog mich hinter sich her. Wütend sah ich Seija an. "Du wirst es nicht bereuen. Ich hab da so ein Gefühl.", sagte sie noch, dann war sie aus meinem Blickfeld verschwunden. Ihr Blick war ernst und irgendwie nachdenklich gewesen. So untypisch für sie.

Demian zog mich bis zu einem Motorrad, dass ganz offensichtlich ihm gehörte. Er reichte mir seinen Helm, setzte auf und meinte: "Steig auf." Mit einem mulmigem Gefühl tat ich wie geheißen. Wir fuhren los.

Der Kuss von Feuer und EisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt